"Tag gegen Antisemitismus" in Brno

Der Antisemitismus im heutigen Europa, dessen Wurzeln sowie die Möglichkeiten, ihm entgegenzuwirken - dies waren die Hauptthemen einer Konferenz, die anlässlich des "Tages gegen Antisemitismus" vorige Woche in Brno (Brünn) stattfand. Die Konferenz wurde von der Christlichen Gemeinschaft "Wort des Lebens" in Zusammenarbeit mit der tschechischen Zweigstelle der Internationalen Christlichen Botschaft Jerusalem organisiert; unter den Rednern waren z. B. der israelische Botschafter in der Tschechischen Republik Arthur Avnon und der Direktor der europäischen Sektion des Simon-Wiesenthal-Centers in Paris, Dr. Shimon Samuels. Zur Eröffnung der Konferenz erklang dieses Lied:

Im einleitenden Beitrag erinnerte der Oberbürgermeister von Brünn Petr Duchon an die Geschichte der Juden in der südmährischen Metropole. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten in Brünn und seiner Umgebung rund 13.000 Juden, heutzutage zählt die jüdische Gemeinde nur etwa 300 Mitglieder:

"Diese Ziffern sind erschreckend, jeder wird sich dabei dessen bewusst, welche Grausamkeiten hier passiert sind. Trotzdem aber können wir nicht behaupten, dass es heute keinen Antisemitismus mehr gibt. Während der Gespräche mit Menschen wird man mit Anzeichen von Antisemitismus konfrontiert, auch wenn dies nicht öffentlich geschieht. Man muss sich die Frage stellen, warum dem so ist und was man dagegen tun kann."

Mit den Beziehungen zwischen Christen und Juden in der Geschichte und auch heute befasste sich Mojmir Kallus, der Leiter der tschechischen Zweigstelle der Internationalen Christlichen Botschaft Jerusalem. Warum wird eine Konferenz über Antisemitismus gerade von Christen organisiert? Der israelische Botschafter in der Tschechischen Republik, Arthur Avnon, wies einleitend auf die Unterstützung hin, die dem jungen Staat Israel einst von der Tschechoslowakei gewährt wurde. Er ging des Weiteren auf die Anfänge der antijüdischen Haltung der Araber seit dem 7. Jahrhundert ein. Auf der Arabischen Halbinsel gehörten Pogrome zum Alltag und ganze jüdische Gemeinden wurden vernichtet. Es habe auch ruhigere Zeiten gegeben, aber die Juden seien immer Menschen zweiter Klasse geblieben, sagte Arthur Avnon:

"Deswegen war es nicht überraschend, dass der Chef der palästinensischen Kommunität in dem unter britischem Mandat stehenden Palästina während des Zweiten Weltkriegs nach Hitler-Deutschland umgezogen ist. Es wurde vereinbart, dass Palästina dem Deutschen Reich bei der Endlösung helfen wird, falls Deutschland Großbritannien besiegt und an der Macht bleibt."

Avnon stellte fest, dass offizielle arabische Vertreter - wie Minister - sich auch heute noch offen im Stil der Nazi äußern und dass der Stil leider auch bei der Erziehung der jungen Generation zur Anwendung kommt:

"Der Aberglaube, dass die Juden das Blut der Kinder trinken und es in die Matzen mischen, wird vom syrischen Verteidigungsminister Mustafa Tlas verbreitet. Aus Syrien verbreitet sich dieser antisemitische Aberglaube in andere Länder."

Nach Meinung von Libyens Staatschef Ghaddafi seien Juden wieder für die Verbreitung der AIDS in seinem Land verantwortlich, sagte Arthur Avnon, der noch weitere ähnliche Beispiele absurder antijüdischer Proklamationen nannte, die mit ihrem Vokabular an die Propaganda im Dritten Reich erinnerten. In den so massiv indoktrinierten Hassgefühlen gegenüber der jüdischen Bevölkerung sieht der Botschafter das allergrößte Problem, das sämtliche Friedensverhandlungen im Nahen Osten gefährdet.

Der israelische Botschafter dankte in Brno den Initiatoren der Petition, in denen tschechische Bürger ihre Solidarität mit Israel zum Ausdruck brachten, und die vor Kurzem dem tschechischen Abgeordnetenhaus überreicht wurde. Zur Unterstützung Israels seitens der Tschechischen Republik bemerkte der Botschafter:

"Ich meine, dass das, was gemacht wurde, hoch geschätzt wurde - die Unterstützung für Israel, die uns von der Regierung, den Menschen und den Medien in einer für das Land sehr harten Zeit entgegengebracht wurde. Im Kampf gegen den Antisemitismus spielt meiner Meinung nach die Erziehung eine wichtige Rolle. Es ist wichtig, in der Schule über den Rassismus zu sprechen sowie darüber, wo die wirklichen Wurzeln des Nahost-Konfliktes zu suchen sind."

Aktuelles über den Antisemitismus in der Welt - z. B. über die Tausenden von Webseiten mit antisemitischer Thematik - erfuhren die Konferenzteilnehmer vom Direktor der europäischen Sektion des Simon-Wiesenthal-Centers in Paris, Dr. Shimon Samuels. Er berichtete auch über seine Teilnahme an der Antirassismus-Konferenz, die von der UNO im September 2001 im südafrikanischen Durban organisiert wurde. Dr. Samuels, der damals auf der UNO-Konferenz das Simon-Wiesenthal-Zentrum vertrat, berichtete darüber, wie eine Demonstration gegen Rassismus nicht am Rathaus in Durban gestoppt wurde, sondern bis zur Synagoge weitergeführt wurde. Dort seien - so Samuels - Plakate zu sehen gewesen, auf denen Hitler gezeigt wurde, wie er sagt: "Wenn ich gewonnen hätte, gäbe es heute kein Israel und kein palästinensisches Problem":

"Die UN-Antirassismus-Konferenz, bei der es eigentlich die Möglichkeit geben sollte, die Opfer rassistischer Übergriffe zu Wort kommen zu lassen, erlaubte es keinem einzigen Opfer antisemitischer Angriffe, auf der Konferenz zu sprechen. Der jüdische Denker Rabbi Abraham Joshua Herschel hat einmal gesagt, dass Auschwitz nicht mit Brettern und Steinen gebaut wurde, sondern mit Worten. Worte können töten. In Durban waren alle Reden von Hass erfüllt, und 72 Stunden später, am 11. September, folgte auch die Hasstat."

Shimon Samuels brachte während der Nachmittagsdebatte vor dem Brünner Publikum abschließend die folgende Hoffnung zum Ausdruck:

"Wenn es viele solche Menschen wie Sie geben wird, Menschen, die der Stimme ihres Gewissens folgen, dann weiß ich, dass wir im Kampf gegen den Hass gemeinsam siegen können."