Hauptthemen der Diskussion zum EU-Beitritt der Tschechischen Republik
Welche sind die Vorteile und Nachteile des EU-Beitritts sein, wer werden die Gewinner und die Verlierer sein. Das waren die Hauptthemen der langen Diskussion vor dem Beitrittsreferendum, die ganz bestimmt auch danach noch fortgesetzt wird. Besonders viel diskutiert wurde in diesem Zusammenhang über den Verlust der nationalen Souveränität, Identität .. und und und. Ihre Meinung dazu sagte uns die wissenschaftliche Mitarbeiterin der Friedrich Ebert Stiftung Prag, Frau Kristina Larischova :
"Sie haben Recht, welch großen Nährboden das Argument über den Verlust der nationalen Souveränität bei uns gefunden hat. Es handelt sich dabei um einen sehr abstrakten Begriff, der seine hauptsächliche Aktualität vor allem im 19.Jahrhundert hatte. Eine nationale Souveränität auszuüben heißt heute meines Erachtens mit den anderen gemeinsam an einem Tisch zu sitzen, wo die Entscheidungen getroffen werden. Ich würde die Souveränität heute folgendermaßen beschreiben: es ist die möglichst größte Chance die Zukunft des eigenen Landes zu beeinflussen, und diese Chance haben wir eindeutig viel mehr in der EU als ihr vollständiges Mitgli8ed als außerhalb der EU. Noch eine wichtige Tatsache ist von Vorteil für uns, und zwar dass die kleineren Staaten in den Organen der EU überproportional vertreten werden. Die EU-Mitgliedschaft wird also für uns bedeuten : agieren statt reagieren, u d das ist sehr gut!"
Sie haben kleinere Staaten erwähnt, und darüber war im Rahmen der Diskussion zum EU-Beitritt auch oft die Rede. Darin wird eben die Chance gesehen, dass sich die kleineren oder kleinen Staaten in der EU zusammenschließen können, um einem eventuellen druck der Großen stand zu halten. Wei sehen Sie diese Frage?
"Diese Frage hängt unmittelbar mit Ihrer ersten Frage zusammen. Die EU stellt für kleine und mittlere Staaten ein sehr vorteilhaftes Milieu dar. Die Entscheidungsmechanismen der Union sind auf einer Kompromissbildung gegründet. Um eigene Interessen Durchzusetzen muss man Abstimmungskoalitionen bilden. Die Analysen der bisherigen Eu, der EU der Fünfzehn, jedoch zeigen, dass die Abstimmungen nicht ausschließlich nach der Trennlinie große versus Staaten verlaufen, sondern dass ad hoc geografische oder landesspezifische Faktoren eine Rolle spielen, je nachdem, worüber man gerade entscheidet. Ich kann mir daher sehr gut vorstellen, dass wir in vielen bereich gemeinsam mit Deutschland abstimmen werden. Jedenfalls ist es eine große Herausforderung für die tschechische Regierung und ihre Repräsentation in Brüssel, weil wir lernen müssen, wie man Koalitionen bildet und wie man die Entscheidungspakete zusammenschnürt."
Im Vorfeld des Referendums wurde von Gegnern des EU-Beitritts immer wieder die Befürchtung geäußert, dass sich Tschechien als kleiner Staat nicht in der Europäischen Union behaupten kann. Darüber unterhielten wir uns mit Gerd Weisskirchen, dem außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und somit Vertreter eines der Riesenstaaten in der Europäischen Union. Er brachte zunächst seine Freude darüber zum Ausdruck, dass in dem tschechischen Referendum diejenigen einen Sieg davon getragen haben, die mit Optimismus in die Zukunft blicken:
"Das ist ein gutes Zeichen und ein gutes Zeichen für die Tschechische Republik. Nun, was die Sorge anbelangt, die man haben kann, als Kleiner Mitglied einer großen Union zu geben, so kann ich alle beruhigen: Fragt die kleinen Mitgliedsstaaten der EU und sie alle werden sagen: Gerade als kleiner Mitgliedsstaat haben wir mehr Rechte, als es von außen scheinen mag. Und so wird es auch der Tschechischen Republik gehen...."
Nun wird sich die EU ja enorm erweitern, es handelt sich ja nicht nur um den Beitritt der Tschechischen Republik. Meinen Sie, dass es dadurch auch zu einer Rollenumverteilung innerhalb der Europäischen Union kommt?
"Eben darin liegt der Reiz der EU, dass - je größer sie wird - es auch die Chance gibt, Gruppierungen zu bilden, regionale Zentren innerhalb des großen Gebildes der Europäischen Union. Und ich bin fest davon überzeugt, dass die Tschechische Republik mit Ungarn und allen, die künftig noch dazu kommen werden, ein solches regionales Zentrum bilden wird. Dadurch wird die EU lebendiger, dadurch kann sie mehr Kraft gewinnen, und das kann nur von großem Vorteil sein."