Neues Gesetz soll Sicherheit auf Tschechiens Strassen erhöhen

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Es vergeht kaum ein Tag, an dem es auf Tschechiens Strassen nicht zu dem einen oder anderen schweren Verkehrsunfall kommen würde. In vielen Fällen haben diese Unfälle leider oft tragische Folgen. Die entsprechenden Statistiken sind eindeutig: Täglich passieren in ganz Tschechien durchschnittlich 500 Verkerhrsunfälle. Bei schlechtem Wetter oder bei einem unerwarteten Wetterumschwung steigt die Zahl sogar bis auf das Dreifache. Mehr dazu im nachfolgenden Schauplatz von und mit Robert Schuster, mit ihm ist Katrin Sliva am Mikrophon.

Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
Die tschechischen Verkehrsexperten stimmen schon seit langen darin überein, dass diese Negativbilanz eine direkte Konsequenz der allgemeinen Verrohung der Sitten auf den heimischen Strassen sei. Die häufigsten Verkehrsdelikte wie rechtswidriges Überholen, die Nichteinhaltung der Geschwindigkeit oder sogar Alkohol am Steuer, die die häufigste Ursache dieser Unfällen sind, haben - und auch darin sind sich die Experten einig - in den letzten Jahren leider oft den Charakter von Kavaliersdelikten bekommen.

Das bestätigten unter anderem auch die Ergebnisse einer großangelegten Polizeirazzia, die unter dem Decknamen Krystof während der ersten Oktoberwoche in ganz Tschechien durchgeführt wurde. In jeder der insgesamt 14 tschechischen Regionen kassierten die Polizisten dabei durchschnittlich drei Millionen Kronen (umgerechnent knapp 100 000 Euro) an Bussgeldern.

Die kritische Situation auf Tschechiens Straßen, hat nun auch die Regierung zum Handeln veranlasst. So soll innerhalb der nächsten Wochen ein ganzes Massnahmenpaket verabschiedet werden mit dem Ziel, die Autofahrer zu motivieren, die Strassenverkehrsordnung stärker als bisher einzuhalten. Zentraler Punkt dieses Pakets ist eine drastische Erhöhung der Geldstrafen für potentielle Verkehrssünder, ebenso wie eine Verstärkung der Polizeikompetenzen. Daneben soll es gemäss den Vorstellungen der Regierung künftig auch in Tschechien einen Punkte-Führerschein geben.

Die Regierung scheint also in erster Linie auf verstärkte Repression zu setzen. Können aber harte Strafen allein die Lage auf den tschechischen Strassen zu einem Besseren wenden? Das fragten wir Ji"í Konečný vom Tschechischen Autofahrerklub UAMK.

"Ich glaube, dass die Einführung des Punkteführerscheins bestimmt zu einer Erhöhung der Disziplin unter den Autofahrern führen wird. Geht es aber um die vorgesehenen Strafen, so bin ich überzeugt, dass höhere Strafen allein nicht alles lösen können. Ich denke aber im Allgemeinen, dass Vergehen - nicht nur gegen die Verkehrsordung - generell mit gleichem Mass und in ungefähr gleicher Höhe geahndet werden sollten. Wenn dann bei den Verkehrsdelikten die Geldstrafen bedeutend höher sein würden, als z.B. bei Vergehen gegen die Bauordung, könnte bei den Bürgern leicht eine falsche Optik entstehen und sich somit das Risiko erhöhen, diese zu umgehen zu versuchen. Aber wenn es natürlich um Alkohol am Steuer oder um andere vergleichbare Delikte geht, ist ein härteres Vorgehen sicherlich am Platz."

Während die Öffentlichkeit das geplante schärfere Vorgehen der Behörden allgemein begrüsst, wurden aber auch vereinzelt kritische Stimmen laut. Im Mittelpunkt der Kritik stand dabei insbesondere das s.g. "Null-Toleranz-Prinzip", d.h. dass gemäss dem Gesetzentwurf auch für relativ harmlose Verstösse gegen die Strassenverkehrsordnung - etwa fürs Falschparken - automatisch eine Geldstrafe von mindestens 1500 Kronen (umgerechnet knapp 50 Euro) vorgesehen ist. Bisher ist man als Autofahrer in solchen Fällen oft mit einer Abmahnung davon gekommen. Was hält Jiri Konecny vom Tschechischen Autofahrenklub von diesem Passus?

"Ich denke, dass dieser Kritikpunkt angebracht ist, denn jede Behörde, die eine bestimmte Sanktion vornimmt, sollte die Möglichkeit haben abzuwägen, in wieweit es sich bei dem Vergehen um einen Flüchtigkeitsfehler handelte. Man muss jeden konkreten Fall immer in dessen Komplexität beurteilen, d.h. sowohl die Person des Verkehrssünders, als auch den Ort, oder auch die Uhrzeit. Es ist schon ein Unterschied, ob man am helligten Tag irgendwo im Stadtzentrum sein Auto falsch parkt, oder aber an gleicher Stelle irgendwann um Mitternacht. Ich bin also dafür, dass in dieser Hinsicht das bisherige Modell beibehalten wird, nämlich dass die Polizisten an Ort und Stelle entscheiden, bzw. die Behörden nachwievor die Möglichkeit haben sollten nach einer Ermahnung die fällige Geldstrafe nicht zu erteilen."

Aber zurück zu den möglichen Ursachen für die dramatisch angestiegene Unfallrate auf Tschechiens Strassen. Vor allem unmittelbar nach der Wende hatte man das oft damit in den Zusammenhang gestellt, dass viele Tschechen einfach auf stärkere und schnellere ausländische PKWs umgestiegen sind, auf die sie nicht gewohnt waren. Unser Gespächspartner Jiri Konecny widerspricht jedoch dieser häufig geäusserten These, wenn er im folgenden meint:

"Ich meine, dass dieses Argument oft fälschlicherweise als eine Art Alibi herhalten muss. Natürlich gibt es eine Gruppe von Autofahrern, die ohne ausreichende Erfahrungen in einen schnelleren Wagen umsteigen und sich dann als Herren der Strasse aufführen. Schauen Sie, nach der Wende gab es dieses Phänomen, d.h., dass man sich von den Autos aus Ostblock-Produktion schnell zu trennen versuchte und auf westliche PKWs umsattelte, wenn sie auch gebraucht waren, in allen früheren kommunistischen Ländern. Aber ebensowenig ist es zulässig die Schuld für die hohe Zahl der Verkehrsunfälle nur den Autofahrern in die Schuhe schieben zu wollen. Das durchschnittliche Alter der tschechischen Autos beträgt 12 Jahre und auch in die Erhaltung der Straßen wird weitaus weniger investiert, als notwendig wäre. Das heißt, dass das Ganze in Wahrheit weitaus komplizierter ist, als es vielleicht scheinen mag."

Foto: Archiv Radio Prag
Wie bereits einleitend kurz erwähnt, soll es auch in Tschechien bei den Führerscheinen künftig ein Punktesystem, ähnlich dem deutschen Modell geben. Geringere Verstösse gegen die Verkehrsordung, wie z.B. das bereits erwähnte Falschparken, würden dabei mit einem Punkt geahndet werden, schwerwiegendere Regelverletzungen, wie etwa Trunkenheit am Steuer mit sieben Punkten. Würde ein Autofahrer die Gesamtzahl von 12 Punkten erreichen, müsste er sich von seinem Führerschein für eine gewisse Zeit verabschieden.

Der Autofahrerklub UAMK betreibt auch in ganz Tschechien eine Reihe von Fahrschulen und beteiligt sich somit unmittelbar an der Ausbildung der Autofahrer. Haben sich angesichts der kritischen Situation auf Tschechiens Strassen in den letzten Jahren die Anforderungen an die künftigen Führerscheinbesitzen verändert? Werden nun z.B. neben den Kenntnissen der Verkehrsregeln und der Fähigkeit ein Auto zu steuern auch die Persönlichtkeitsmerkmale der künftigen Autorfahrer festgestellt? Das war unsere abschließende Frage an Jiri Konecny vom tschechischen Autofahrerklub UAMK.

"Allgemein lässt sich sagen, dass in Tschechien keine zusätzlichen Kriterien für die Vergabe von Führerscheinen massgebend sind. Hier ist eigentlich die Gesetzeslage von der Entwicklung innerhalb der Europäischen Union abhängig. Bislang wird lediglich überlegt die Berufsfahrer stärker unter die Lupe zu nehmen und die Europäische Kommission hat in diesem Zusammenhang bereits eine entsprechende Verordnung erlassen. Demnach würden Berufsfahrer künftig verpflichtet sein regelmässig an Schulungen und Fortbildungskursen teilzunehmen, ebenso sich auch psychologischen Tests unterziehen. Ich denke, dass aber auch hier die Öffentlichkeit diese verschärften Regeln akzeptieren muss und das wird sicher noch eine gewisse Zeit dauern. Ein Auto ist sicherlich mit einer Waffe vergleichbar und ist vielleicht sogar noch gefährlicher. Somit wäre es sicherlich sinnvoll von einem Fahrer mehr zu verlangen, als nur, dass er sein Auto steuern kann."