Junge Leute in Tabor und Rohrbach als "Brückenbauer"

Bechyně, photo: Archives de Radio Prague

Vor einiger Zeit hat die österreichische Tageszeitung Der Standard über ein interessantes Schülerprojekt informiert, an dem das Bundesrealgymnasium im oberösterreichischen Rohrbach und das Privatgymnasium im südböhmischen Tabor beteiligt sind. Das, was sie auch als Brücke verbindet, sind die beiden Landessprachen - Tschechisch und Deutsch. Jitka Mladkova hat sich erkundigt und mit den Projektleiterinnen - Getrude Hauer vom BRG Rohrbach und Marketa Svadlenova vom Privatgymnasium Tabor - gesprochen. Mehr dazu also in der neuen Sendereihe "Begegnungen."

Im Rohrbacher Gymnasium entstand das Pilotprojekt "Neigungsgruppe Tschechien" und Sie sind, Frau Hauer, die Initiatorin. Was hat Sie dazu geführt oder gab es für Sie persönlich sogar eine Initialzündung, die Sie zu diesem Profekt gebracht hat?

"Es gab für mich mehrere Gründe dieses Projekt zu beginnen. Ein Grund war, dass wir schon im südböhmischen Tabor eine Partnerschule haben und ich mit denen unsere Kontakte intensivieren wollte. Ein anderer Grund war, dass wir doch sehr nahe an der Grenze wohnen und eigentlich sehr wenig wissen über unser Nachbarland, weil der Kontakt immer noch sehr begrenzt ist und ebenso die Kommunikation mit den Bewohnern Tschechiens. Dies auch in unserem Gebiet."

Wie ist es Ihnen gelungen, die Schüler für dieses Projekt zu motivieren oder sogar zu begeistern?

"Das war eigentlich sehr leicht. Ich wollte zunächst die Schüler von der fünften bis zur achten Klasse fragen und habe in der sechsten begonnen. Dort haben sich bereits achtzehn Schüler gemeldet. Dann war die Gruppe schon so groß, dass ich in den anderen Klassen nicht mehr gefragt habe, nur sind noch ein paar Leute aus der siebten Klasse von selbst gekommen und haben gesagt, sie möchten unbedingt noch teilnehmen. Also das Interesse war sehr groß."

Und worauf ist Ihrer Meinung nach dieses große Interesse zurückzuführen?

"Ich glaube, dass doch das Interesse an der Kommunikation mit Tschechien durch die baldige EU-Erweiterung gewachsen ist, und auch dass die persönlichen Kontakte jetzt ein bisschen zunehmen."

In dem Artikel, den ich gelesen habe, war die Rede von einer Gruppe von 15 Schülern. Sie haben gesagt, das Interesse war viel größer. Wie kam also die Gruppe zustande? In dem Zeitungsartikel ist von sprachtalentierten Schülern die Rede. Ist vielleicht das Sprachtalent das Kriterium für die Projektbeteiligung gewesen?

"Genau, das war auch ein Kriterium! Zwar war die Gruppe zuerst größer, und dann habe ich das Projekt vorgestellt und das Projekt mit relativ viel Arbeit verbunden. Neben dem Sprachkurs müssen die Schüler Referate und Präsentationen halten über bestimmte Gebiete in Tschechien, oder über gewisse Aspekte, und andererseits müssen Sie eben die tschechische Sprache lernen, andererseits möchte ich auch, dass sie irgendein Projekt im zweiten Semester auch selber verwirklichen. Neben dem Schulstress war das dann eigentlich doch nur den begabten möglich, Es heißt, es war eine natürliche Auslese."

Hat es den anderen nicht wehgetan?

Die haben sich eigentlich von selber abgemeldet und sagten, es wäre ihnen dann zu viel."

Das Tschechisch-Lernen, wie Sie angedeutet haben, ist nicht die Hauptsäule der Kontakte und des ganzen Projektes. Welchen Anteil hat die Eigeninitiative der Schüler am Projekt?

"Sollte einen sehr hohen haben und die Schüler sind wirklich daran sehr interessiert und sie werden jetzt auch gewisse Aspekte wie Schulwesen, Filme, Tanz und Theater, Persönlichkeiten, aber auch Literatur selber erarbeiten und dann vor der Gruppe präsentieren so dass sie eine Ahnung von verschiedenen möglichen Aspekten haben. Im zweiten Semester, hätte ich gern, dass sie grenzüberschreitende Projekte verwirklichen."

Wie läuft es bei der Zusammenarbeit mit der Partnerschule in Tabor?

Ja, das läuft ganz gut. Im Oktober vergangenen Jahres waren Schüler aus Tabor mit zwei Lehrern schon für eine Woche da und sind von den Schülern, die sich an dem Tschechisch-Projekt beteiligen, untergebracht worden. Sie haben Ausflüge miteinander unternommen, einen Ausflug nach Salzburg und einen nach Linz. Sie haben auch die Freizeit gemeinsam verbracht. Für die Schüler war auch der Aufenthalt bei den Familien aufschlussreich. Im Frühling werden wir die Partnerschule in Tabor besuchen. Eine Lehrerin von dieser Schule bestreitet bei uns den Sprachkurs."

Das Projekt wurde, wie gesagt, im Oktober 2003, gestartet. Wie lange soll es noch laufen? Haben Sie bereits irgendwelche Zukunftspläne geschmiedet?

"Falls das Projekt in diesem Schuljahr gut läuft, wäre es mein Wunsch, dass das Projekt in irgendeiner Form, wenn nicht in dieser, weiter läuft."

Hierzulande gibt es in den Medien zu lesen bzw. zu hören, dass die Einwohner der österreichischen Grenzregionen Angst vor dem Beitritt des Nachbarlandes Tschechien haben. Es wird eine Invasion von Arbeitskräften oder Ähnliches befürchtet. Haben Sie so etwas auch bei Ihren Schülern bemerkt?

" Bei den Schülern vielleicht nicht, sehr wohl aber bei Kollegen und bei Eltern. Also die Ressentiments sind in der Bevölkerung schon zu spüren. Ich glaube, je mehr man die Bewohner des Landes kennen lernt und je mehr man auch das tschechische Leben kennen lernt, desto unbegründeter erweist sich dann diese Angst, denke ich."

Welche Beziehung haben Sie persönlich zu Tschechien?

"Ich zum Beispiel bin eine begeisterte Radfahrerin. Ich fahre oft nach Tschechien mit dem Rad, aber ich besuche oft auch verschiedene Städte, vor allem in Böhmen. Gerne fahre ich z.B. nach Krumau (Cesky Krumlov). Ich hatte auch früher Kontakte mit Tschechen, das ist jetzt nicht mehr, hoffe aber weitere Kontakte zu bekommen. Mit Marketa - der Sprachlehrerin - ist der Kontakt sehr gut."

Soweit Gertrude Hauer vom Bundesrealgymnasium im österreichischen Rohrbach. Sie hat abschließend den Namen Marketa erwähnt und meinte damit ihre Kollegin Marketa Svadlenova in der tschechischen Partnerschule - dem Privatgymnasium im südböhmischen Tabor. Auch sie habe ich um eine Einschätzung der Zusammenarbeit zwischen den beiden Schulen gebeten:

"Die gegenseitigen Kontakte werden eigentlich auch dadurch unterstützt, dass wir in der Schule über einen Pädagogen aus dem BRG Rohrbach verfügen, der bei uns Deutsch unterrichtet. Dadurch wächst auch das Interesse der Schüler, das Partnergymnasium kennen zu lernen. Es gehört beinahe schon zur Tradition, dass unsere Schüler nach einem Besuch in einer österreichischen Schule bewundernd erzählen, wie diese eingerichtet bzw. ausgestattet ist und wie schön es wäre, wenn dies und jenes auch in ihrer Schule vorhanden wäre. Vor allem sind sie aber auch überrascht, dass sie sich mit ihren österreichischen Partnern auf Deutsch verständigen, also Deutsch sprechen und auch Deutsch verstehen können."

Im Frühjahr sollen die österreichischen Freunde zu Ihnen nach Tabor zu Besuch kommen. Welches Programms bereiten Sie vor?

"Wir waren sehr froh, dass wir im Oktober eine Woche am Rohrbacher Gymnasium verbringen, den Besuch in Salzburg und Linz inklusive, und dort auch am Unterricht teilnehmen konnten. So haben wir ein ähnliches Programm vorbereitet. Natürlich steht ein Prag-Besuch auf dem Programm, für einen oder sogar zwei Tage. Dann wird natürlich auch ein Tschechisch-Kurs stattfinden. Auf speziellen Wunsch unserer Freunde werden wir auch Cesky Krumlov (Krumau) besuchen. Gerne wollen wir die österreichischen Schüler auch den Gastfamilien überlassen, damit sie die Freizeit gemeinsam mit ihren tschechischen Pendants verbringen und miteinander reden können."

Die Kommunikationssprache ist ausschließlich Deutsch, oder werden Ihre Gäste versuchen, sich auch auf Tschechisch zu verständigen?

"Weil ich den Tschechisch-Kurs am BRG Rohrbach führe, werde ich sehr froh sein, wenn die Rohrbacher Schüler ihre Tschechisch - Kenntnisse auf Probe stellen und ich will sie dabei auch unterstützen. Die Rohrbacher Schüler, was das Tschechische anbelangt, sehr tüchtig, interessiert und engagiert sind."