Folgen der neuen Mehrwertsteuer

Proteste gegen das neue Mehrwertsteuergesetz. Restaurant 'Na staré Kovárne' in Prag (Foto: CTK)

Vor zwei Wochen, wenige Tage vor dem Beitritt der Republik zur Europäischen Union, haben Tschechiens Abgeordnete ein neues Mehrwertsteuergesetz verabschiedet. Seit dem 1. Mai gelten nach einer der größten Steuerreformen des Landes zwei neue Mehrwertsteuersätze, die für Bewegung bei den tschechischen Preisen sorgen. Daniel Satra berichtet.

Stolpersteine lagen auf dem Weg zur neuen Mehrwertsteuer: Präsident Václav Klaus schickte per Veto das verabschiedete Gesetz zurück ins Abgeordnetenhaus. Für die sozialliberale Regierungskoalition um Premier Vladimir Spidla wurde nicht nur die Zeit zum EU-Beitritt knapp, sondern auch die Stimmenmehrheit. Kurzerhand musste Außenminister Cyril Svoboda, der Tage zuvor bei einem Autounfall schwer verletzt worden war, mit dem Hubschrauber für sechs Minuten zur Abstimmung eingeflogen werden. Es war geschafft. Seit dem 1. Mai kann die tschechische Regierung mit 25 Milliarden Kronen pro Jahr mehr im Staatshaushalt rechnen, das sind 780 Millionen Euro. Denn für viele der zuvor mit nur 5 Prozent besteuerten Produkte und Dienstleistungen müssen Tschechen jetzt 19 Prozent zahlen. Für Anderes hingegen 3 Prozent weniger, anstatt zuvor 22 Prozent, wie zum Beispiel für Elektrogeräte. Premier Vladimir Spidla sagte jetzt in einem Interview mit Radio Prag:

Proteste gegen das neue Mehrwertsteuergesetz. Restaurant 'Na staré Kovárne' in Prag  (Foto: CTK)
"Einige Preise steigen an, andere werden sinken. Man rechnet damit, dass die Inflationsrate wegen des EU-Beitritts bei ungefähr 2 Prozent liegen wird, das ist durchaus möglich. Aber das ist im Prinzip eine übliche Entwicklung."

Zwei Akteure hatten die Mehrwertsteuern in die Höhe getrieben: Zum einen wollte die EU Restaurants, Imbisse, Wäschereien, Schuster, Friseure und andere ihre Dienstleistungen nicht länger ermäßigt anbieten lassen. Zum anderen suchte die tschechische Regierung nach neuen Einnahmequellen. Daher strich sie kurzerhand neben Kondomen zum Beispiel auch die Pille, Hygieneartikel, Vitamine und Katzenfutter aus dem ermäßigten Steuersatz. Und die Folgen?

"Wenn die Konkurrenz die Preise anhebt, können wir nicht hinterher hinken. Aber bisher versuchen wir so wenig, wie möglich unsere Preise anzuziehen."

Premier Vladimir Spidla
Und das, obwohl dieser Prager Restaurantbesitzer jetzt 14 Prozent mehr Abgaben an den Staat zu zahlen hat. Doch die Kneipenkonkurrenz vor allem in der Hauptstadt ist groß, viele Gastwirte haben Angst um ihre Kunden. Angst um seine Kunden hat auch der Generaldirektor des Kurbads Luhacovice, Josef Kruzela. Er will daher erst einmal bei den alten Preisen bleiben und hat andere Strategien:

"Wir wollen versuchen auf eine größere Zahl von Gästen als im vergangenen Jahr zu kommen. Ausländische Gäste sollen kleinere Ermäßigungen bekommen als Tschechen. Wir könnten auch die Verwaltung verkleinern."

Anderen wiederum kann die Mehrwertsteuererhöhung nichts anhaben, wie uns eine Prager Friseurin erklärt:

"Unsere Preise werden sich nicht ändern. Denn wir haben unseren Kosmetik- und Friseursalon erst im April eröffnet. Also sind unsere Preise bereits an die Preise nach dem EU-Beitritt angepasst. Im Gegenteil: Dadurch, dass wir erst vor kurzem Eröffnung hatten, bieten wir Kunden einen 40-Prozent-Nachlass für alles."

Aber auch die die alteingesessenen Friseure in Tschechiens Hauptstadt zeigten sich findig: Laut Zeitungsberichten boten viele vor dem 1. Mai Jahresgutscheine zu alten Preisen an.