26 Jahre nach der Entführung eines Flugzeugs von Prag nach Frankfurt am Main hat der tschechische Präsident Václav Klaus jetzt den Entführer begnadigt. Drei Jahre musste der Tscheche in Deutschland in Haft, in Abwesenheit hatte ihn das Kommunistische Regime in seiner Heimat zu zehn Jahren verurteilt. Daniel Satra berichtet.
1978. Über der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik liegt der Schatten der Normalisierung. Zehn Jahre nach dem Einmarsch der Warschauer Pakttruppen und der Niederschlagung des "Prager Frühlings" herrscht Kalter Krieg. Der Eiserne Vorhang trennt Ost von West. Dann, am 10. Mai um 18.04 Uhr startet ein Flugzeug in Prag - der Innlandsflug wird sein Ziel, das mährische Brno/Brünn, nie erreichen. Stattdessen landet die Maschine mit 35 Passagieren und sechs Besatzungsmitgliedern eineinhalb Stunden später in Frankfurt am Main - im Westen. Auf zwei Passagiere wartet eine dreijährige Haftstrafe. Was war an Bord passiert? Der damals 26-jährige Radomír Sebesta und sein ein Jahr älterer Freund Josef Katrincák zwangen den Piloten die Flugroute zu verlassen und nach Deutschland zu fliegen. Sie hatten Sprengstoff in die Maschine geschmuggelt und drohten die Bombe zu zünden. Im Westen angekommen ersuchten sie um politisches Asyl, kamen stattdessen als Flugzeugentführer in Haft. Bis heute durfte der nun von Tschechien begnadigte Sebesta nicht in seine Heimat einreisen. Die Verurteilung vor mehr als 20 Jahren durch Behörden der Tschechoslowakei war auch nach dem Sturz des kommunistischen Regimes bis heute rechtskräftig. Der Exil-Tscheche wäre an der Grenze verhaftet worden. Damit ist nach der Begnadigung durch Tschechiens Präsidenten Václav Klaus jetzt Schluss. Sein Sprecher Ladislav Jakl sagt: "Eine Strafverfolgung hätte keine Bedeutung mehr." Außerdem, so Jakl:
Flugzeug-Entführer Radomír Sebesta (rechts) und Josef Katrinák, 1978 (Foto: CTK)
"Es waren eher seine Komplizen, die ihn zu dieser Tat geführt hatten. Und dazu kommt noch der wichtige Faktor, dass er den Funktionsmechanismus des Sprengsatzes außer Kraft gesetzt, und ihn damit unschädlich gemacht hat. Ohne dies seine Komplizen zu sagen."
Sebesta als untergeordneter Komplize und Bombenentschärfer, so die offizielle Version heute. Damals, im Gerichtsurteil von 1983 sah dies laut Angaben der Tageszeitung "Mlada fronta Dnes" anders aus: Gemeinsam waren beide späteren Flugzeugentführer in ein Lager eingebrochen und hatten dreieinhalb Kilogramm Sprengstoff gestohlen. Das, so gibt das Blatt zu, könne jedoch auch eine Erfindung kommunistischer Behörden gewesen sein, um den Westflüchtlingen zu schaden. Fest steht: Für Radomír Sebesta, der sich hinter den Eisernen Vorhang geflüchtet hatte, und für den schließlich die Grenzen zu seinem Heimatland 26 Jahre lang geschlossen blieben, kann nun wieder nach Tschechien reisen. Wenn er diesmal mit dem Flugzeug reist, dann sicherlich ohne eine Sprengladung.