Martina Fialková von der Zeitschrift "Ceský dialog"
Für die neue Ausgabe der Sendereihe "Heute am Mikrophon" hat Gerald Schubert diesmal ein Gespräch mit Martina Fialková geführt, einer Mitarbeiterin der Zeitschrift "Ceský dialog", die sich vor allem für die tschechischen Landsleute im Ausland interessiert. Entsprechend viel weiß Frau Fialková daher auch über die Strukturen, das Vereinsleben, aber auch die Sorgen und Nöte der Auslandstschechen.
Sie arbeiten für die Zeitschrift Ceský dialog, also Tschechischer Dialog. Worum handelt es sich denn dabei?
"Diese Zeitschrift kennen nur wenige Tschechen bei uns zu Hause, dafür aber oft jene, die im Ausland leben. Sie entstand vor dreizehn Jahren, das heißt kurz nach der politischen Wende, mit dem Ziel, die Kontakte und Beziehungen zwischen den Tschechen im Ausland und denen bei uns zu Hause wieder zu erneuern. Diese Kontakte waren ja früher fast nicht möglich. Die Post wurde kontrolliert, und so gab es nur sehr wenige Nachrichten von den Verwandten, die im Ausland leben - und umgekehrt."Auch wenn sich die Zeitschrift ebenso an die in Tschechien lebenden Tschechen richtet: Die Hauptzielgruppe sind ja wahrscheinlich doch die Tschechen im Ausland. Bekommen Sie eigentlich viele Reaktionen, viel Leserpost? Und können Sie daraus ein bisschen ablesen, ob es irgendwelche Unterschiede zwischen den verschiedenen tschechischen Populationen im Ausland gibt?
"Es gibt wirklich große Unterschiede. Auch die Tätigkeit der Vereine ist verschieden. Das hängt davon ab, wie reich das betreffende Land, die Leute oder der jeweilige Verein sind. Manchmal kommt auch Hilfe von den Lesern aus reichen Ländern. Als zum Beispiel das Hochwasser in Prag war, da haben die Landsleute wirklich sehr geholfen. Umgekehrt schreiben wir auch manchmal im Ceský dialog, dass einige Vereine, etwa aus der Ukraine oder aus Rumänien, Hilfe brauchen. Das heißt, sie brauchen Geld für Kleidung, etwa für Tanzgruppen, oder sie brauchen Bücher und dergleichen. Solche Dinge drucken wir dann auch gerne ab."
Sie haben schon einige der Länder genannt, in denen Tschechen leben, die Ihre Zeitschrift abonniert haben. Aber wahrscheinlich waren das noch nicht alle. Wie viele Leser haben Sie denn ungefähr? Und in welche Länder wird die Zeitung versandt?
"Die Zahl ist schwer abzuschätzen. Aber man kann sagen, dass jedes Exemplar der Zeitschrift von mindestens drei oder vier Leuten gelesen wird. Die wichtigsten Länder sind natürlich alle europäischen Staaten, in denen Tschechen leben, und natürlich Amerika, vor allem die Vereinigten Staaten und Kanada. In Europa leben viele Tschechen in der Schweiz, in Deutschland, auch in Schweden und in Frankreich - fast in allen westeuropäischen Ländern. Aber kommen wir zurück zu unseren nicht so reichen Landsleuten: Viele Leser haben wir auch in Kroatien, in der Ukraine, in Rumänien, Bulgarien, Polen und so weiter."Wie Sie schon gesagt haben, geht es oft darum, dass die Leute finanzielle Probleme haben und Unterstützung brauchen für ihre tschechischen Vereine, zum Beispiel für Bücher. Glauben Sie, kann man daraus ableiten, dass das Interesse, das die tschechischen Populationen in den diversen Ländern haben, eher geistig-kultureller Natur ist? Oder gibt es da auch ganz handfeste, organisatorische Fragen, mit denen man sich mit der Bitte um Hilfe an die Tschechische Republik wendet? Zum Beispiel, wenn tschechische Landsleute im Ausland Probleme mit der Visumspflicht haben. Ist so etwas auch ein Thema in den Vereinen, oder haben Sie den Eindruck, dass es den meisten eigentlich nur um die Pflege der tschechischen Kultur im Ausland geht?
"Alle möglichen Themen kommen vor, auch Fragen rund um Visa und dergleichen. In den letzten Jahren gibt es solche Probleme aber nicht mehr so häufig. Zum Glück sind sie schon fast zu lösen - aber eben nur fast. Das größte Problem für viele Landsleute ist nach wie vor das Wahlrecht. Sie müssen nämlich zu unseren diplomatischen Vertretungen reisen, denn bis heute ist keine Briefwahl möglich."
Sie stehen mit den verschiedenen tschechischen Minderheiten im Ausland in Kontakt. Da stelle ich mir vor, dass Sie viel reisen, dass Sie diesen Kontakt auch anders aufrechterhalten als nur durch Ihre Zeitschrift. Wie sieht denn der Kontakt zu den Tschechen im Ausland aus? Ist der auch persönlich, und fahren Sie auch persönlich in die einzelnen Länder?
"Die persönlichen Kontakte sind für uns sehr wichtig. Schöne Erinnerungen habe ich etwa an den Ausflug nach Wien, wo ich im September war. Ich selbst reise aber nicht so viel wie unsere Chefredakteurin, Eva Strízovská. Sie hat in den vergangenen dreizehn Jahren schon mehrere interessante Reisen unternommen, vor allem in die Vereinigten Staaten, wo Tschechen hauptsächlich in Texas, Iowa und Nebraska leben. Vor kurzem war sie auch in Südamerika, konkret in Argentinien, Paraguay und Uruguay. Dort leben sehr viele Tschechen, teilweise schon in der vierten Generation. Viele sprechen nicht mehr so gut tschechisch, die Kinder meistens überhaupt nur noch spanisch oder portugiesisch. Es war für sie sehr interessant, mit diesen Leuten zu sprechen. Die Tschechen organisieren dort sehr viele Treffen, gründen neue Vereine und Chöre, oder möchten tschechisch lernen. Und die Alten, die Großmütter und Großväter, die möchten oft wieder in die Tschechische Republik zurückkehren."