WHO kritisiert Tschechien für laxen Umgang mit hohem Alkoholkonsum

Foto: Jana Sustova

Die Tschechische Republik ist nach wie vor das Land mit dem höchsten Pro-Kopf-Verbrauch beim Bierkonsum. Eine Spitzenstellung, die bei Trinkern durchaus Zufriedenheit auslöst, die andererseits aber Gesundheitsexperten ein Dorn im Auge ist. Wie den Vertretern der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die in einem jetzt veröffentlichten Bericht kritisch angemahnt haben, dass man in Tschechien viel zu wenig unternehme, um den relativ hohen Alkoholkonsum innerhalb der Bevölkerung einzudämmen. Lothar Martin berichtet.

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Wer eine international anerkannte und von Qualitätsmarken geprägte Bierproduktion sein eigen nennt, der möchte nicht zuletzt auch als Konsument gern davon Gebrauch machen. Und das tun die Tschechen bekanntlich reichlich. Doch mit dem Alkohol sei leider immer wieder auch eine hohe Anzahl an Verkehrs- und Betriebsunfällen verbunden. Er sei ein Risikofaktor bei der Entstehung von Krankheiten und nicht selten auch der Auslöser von Gewalt in der Familie, warnt die WHO. Und in ihrem Bericht wird der Tschechischen Republik so einiges vorgeworfen. Zum Beispiel der viel zu leicht gemachte Zugang zum Alkohol, auch bzw. gerade für Jugendliche. Es gebe so gut wie keine Festlegungen, die den Zugang beschränken würden, wie zum Beispiel eine begrenzte Anzahl von Stunden oder Tagen für den Verkauf von Alkohol. Zudem gebe es ein viel zu dichtes Netz an Verkaufsstellen, an denen Alkohol ausgehändigt wird, moniert die WHO. Einen Grund, weshalb Alkoholprodukte überdies ein Verkaufsschlager seien, nennt Karel Nespor, der sich als Chefarzt einer psychiatrischen Einrichtung in Prag reichlich mit Alkoholproblemen konfrontiert sieht:

"Die Tschechische Republik hat etwas zugelassen, was in Europa und auch in vielen Teilen unserer Welt seinesgleichen sucht: Ein Flasche Bier ist billiger als eine Flasche Wasser. Logischerweise führt das zu dem entsprechenden Ergebnis: Der niedrige Preis führt zu einem hohen Verbrauch."

Darüber hinaus, so der WHO-Bericht, gehöre Tschechien ebenso zu den Ländern mit den niedrigsten Alkoholpreisen im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt. Im Gegensatz zu einer Reihe von Staaten werde hierzulande auch die Reklame für Alkohol nicht beschränkt. Und, vor allem: Tschechien ist eines der wenigen europäischen Länder, in dem nicht die Pflicht besteht, dass der Vertrieb von Alkohol erst nach Erlangung einer entsprechenden Verkaufslizenz möglich ist.

Karel Nespor hat daher nicht zu übersehende negative Folgen ausgemacht, die der hohe Alkoholkonsum in Tschechien nach sich ziehe:

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"Das ist eine Sache, die für die tschechische Wirtschaft zu einem Nachteil gegenüber den Ländern führt, die sich mit dem Faktor Alkohol intelligenter auseinander setzen. Schon der erste tschechoslowakische Präsident Tomás Garrique Masaryk hat seinerzeit geschrieben, dass sich im Wettbewerb der Nationen immer die nüchternsten durchsetzen. Und noch eine Sache gerät fast immer in Vergessenheit, die aber sehr wichtig, ja teilweise schon alarmierend ist: Alkohol gefährdet in kritischer Weise den Fonds der Population."

Bei soviel Kritik fällt es schon aus dem Rahmen, dass Tschechien wenigstens im Punkt "Alkohol im Straßenverkehr" konsequenter ist. Denn hier gilt die strikte Regel des Führens eines Fahrzeugs ohne Alkoholeinfluss, d. h. die Null-Promille-Pflicht. Doch leider halten sich auch hier (noch) zu wenige dran. Daher muss, was das Strafmaß anbelangt, auch auf diesem Sektor nachgebessert werden.