So viele Sprachen du sprichst ...

Fremdsprachen zu lernen gilt immer mehr als Notwendigkeit. Auch in Tschechien ist man sich dessen bewusst. Die Realität entspricht dem aber nicht. Mehr im folgenden Radiofeuilleton von und mit Jitka Mladkova:

So viele Sprachen du spricht, so oft bist du Mensch! Diese Redewendung werde ich wohl nie mehr im Leben vergessen, weil ich sie von Kindheit an so oft zu hören bekam. In der Schule, versteht sich! Paradoxerweise war aber das Fremdsprachenangebot während meiner neunjährigen Grundschulzeit recht begrenzt. Ab der dritten Klasse fing man mit Russisch als Pflichtsprache an, und das war's auch! Von Englisch, Deutsch oder gar einer anderen Fremdsprache keine Spur auf dem Stundenplan. Erst am Gymnasium, genauer gesagt an der allgemein bildenden Mittelschule - so der offizielle Ersatzname für die angeblich "westlich" geprägte Schulbezeichnung - konnte man neben Russisch meistens nur zwischen Deutsch und Englisch wählen. Dies natürlich mit unterschiedlicher Aussicht: Während man seine Deutschkenntnisse im Bruderland DDR jahrelang relativ problemlos auf Probe stellen konnte, war dies mit Englisch für einen Normalbürger so gut wie gar nicht möglich - vom Schülervolk ganz zu schweigen.

Mit der Grenzöffnung nach der politischen Wende 1989 hat sich allerdings vieles verändert. Ab der vierten Klasse gilt eine Fremdsprache als Pflicht, Russisch ist vom Lehrplan verschwunden, und ist die Motivation, Fremdsprachen zu lernen, ist wesentlich gestiegen. Nun, wie sieht der aktuelle Stand der Dinge auf diesem Gebiet 15 Jahre nach der Wende aus? Viele Schulen, vor allem aber Grundschulen, haben guten Grund Alarm zu schlagen. Mit dem Anfang des neuen Schuljahres wurde bilanziert. Das Fazit: Sprachlehrer gelten auf dem Arbeitsmarkt als Mangelware. In der Presse gab es kürzlich zu lesen: "In den Schulen fehlt es an Sprachlehrern." Oder: "Der Mehrheit der Grundschulsprachlehrer fehlt es an adäquater Ausbildung." Oder aber: "Zwei Fremdsprachen reichen heute nicht mehr."

Apropos "zwei Fremdsprachen"! Ihre Einführung in den Grundschulen hat das Schulministerium zunächst schon für das Jahr 2007 vorgesehen, doch nun hat man das vorläufig auf das Schuljahr 2012/2013 verschoben. Kein Wunder. Wie die jüngste Umfrage des Instituts für Informationen Bildungsbereich ergab, durchgeführt landesweit in rund 4 000 Grund- und Mittelschulen, haben nur 30 - 40 Prozent der Grundschullehrer, die Englisch bzw. Deutsch unterrichten, eine entsprechende Ausbildung absolviert. An Gymnasien und Fachmittelschulen haben den vollwertigen Hochschulabschluss etwa 70 - 80 Prozent der Deutsch- und Englischlehrer. Auch das ist eine triste Tatsache. Qualifizierte Sprachlehrer zu finden ist nach wie vor problematisch. Die guten suchen nämlich oft einen Job in einer Privatfirma, wo sie im Schnitt wesentlich besser verdienen können als in der Schule. Langjährig miserable Einkommen der Lehrer haben dazu geführt, dass nur ein geringer Prozentsatz der Lehramtsstudenten nach dem Hochschulabschluss tatsächlich Lust hat, den Lehrerberuf auch auszuüben. Traurig! Umso mehr bei einer Nation, die sich rühmt, der Welt einen Jan Amos Komensky-Comenius, Lehrer der Nationen, gegeben zu haben.