Benatky nad Jizerou und die Musikerfamilie Benda

Frantisek Benda

Etwa 30 Kilometer vom nordöstlichen Rand Prags entfernt liegt das Städtchen Benatky nad Jizerou (Benatek an der Iser). In einer flachen Landschaft ragt auf einer Anhöhe über dem Fluss das dortige Schloss, das in der Geschichte mit der Musik eng verbunden war. Über die musikalische Tradition von Benatek berichtet in der folgenden Sendreihe "Reiseland Tschechien" Markéta Kachlíková.

Benatky nad Jizerou  (Benatek an der Iser),  foto: Google Maps
Bis heute leben in der Welt Nachkommen der weit verzweigten Musikerfamilie Benda, deren Wurzeln im mittelböhmischen Benatky liegen. "Benatky war in der Zeit, in der die Geschichte der Familie beginnt, d.h. irgendwann am Ende des 17. und am Anfang des 18. Jahrhunderts, der fruchtbare Boden für ein ziemlich reges Kulturleben", schreibt der in Benatky gebürtige tschechische Historiker, Zdenek Kalista. Von grundlegender Bedeutung waren damals die Adelssitze, die zu bedeutenden kulturellen Zentren wurden und auch auf die Bevölkerung der Region einen Einfluss ausübten. Dies betraf das nahe Schloss Lysa, das im Besitz von Franz Anton Sporck war, aber auch Benatek des Grafen Ignaz von Klenau. Der Letztgenannte hatte Verdienst am Aufstieg der Musikerfamilie Benda und am Durchbruch ihrer Mitglieder im Ausland. Mehr erzählt uns die Mitarbeiterin des Museums von Benatek, Miloslava Minarikova.

"Wir sprechen vom Anfang des 18. Jahrhunderts. Hier unten in Stare Benatky (Alt-Benatek) lebte ein armer Leinenweber Benda, der eine vielköpfige Familie hatte. Sein ältester Sohn hieß Frantisek Benda. Er zeigte bereits als Kind eine Musikbegabung, die er von seinen Eltern geerbt hatte, und neigte zum Violinspiel. Er war aber Autodidakt und lernte das Spielen von seinem Vater."

Die ersten musikalischen Grundlagen erlernte Frantisek oder Franz von seinem Vater, der die Oboe, die Schalmei und das Hackbrett beherrschte, sowie vom Kantor Alexius in Neu-Benatek, der Organist, Komponist und Sänger war. In seiner früheren Kindheit besuchte er eine Jesuitenschule in Prag, ging aber im Alter von zehn Jahren nach Dresden, wo er als Kapellknabe der Hofkirche diente. Nachdem er im Alter von zwölf seinen Knabensopran verloren hatte, ging er zurück in seine böhmische Heimat.

"Sein Vater besuchte das hiesige Schloss und spielte im Schlossorchester. Und er nahm auch den jungen Knaben mit. Als der Adelige sah, dass der Jung eine musikalische Begabung hat, entschloss er sich, ihn auf seine eigenen Kosten im Violinspiel ausbilden zu lassen. Er suchte ihm einen Musiklehrer aus, Herrn Konicek in Prag, und Frantisek ging sehr gerne nach Prag. Bald kam er aber zurück. Herr Konicek schickte ihn nach zehn Wochen mit der Begründung zurück, der Junge kann so gut spielen, dass er selbst ihn nichts mehr lehren kann."

Frantisek lebte also in Benatky und sollte Lebkuchenbäcker werden. Etwa im Alter von 18 kam er aber auf Geheiß von Graf Klenau, dessen Leibeigener er war, nach Wien, wo er als Kammerdiener angestellt war. Den dortigen Lakeiendiensten entzog er sich jedoch bald, indem er nach Warschau flüchtete. Dort wurde er schon kurz nach seiner Ankunft Mitglied eines kleinen Orchesters, in welchem er als erster Violinist den Titel des Kapellmeisters erhielt. Wenig später wechselte er als königlicher Musicus an die zweite königliche Kapelle des polnischen Königs August II.. Nach dessen Tod im Jahr 1733 ging er an die königliche Kapelle in Dresden. Dort lernte Benda den Komponisten Johann Joachim Quantz kennen, der ihn an den preußischen Kronprinzen Friedrich empfahl.

"Er ging durch die Welt, lebte vom Violinspiel, manchmal besser, manchmal schlechter, bis ihm ein riesiges Glück begegnete. Nach zahlreichen Peripetien gelangte er zum Hof des preußischen Königs Friedrich des Großen und wurde dort zum Kapellmeister des Schlossorchesters und ersten Violinisten, und gleichzeitig komponierte er viel. Ihm ist es zu verdanken, dass die ganze Familie zu ihm nach Nowawes bei Berlin umzog, zunächst die Geschwister und dann auch die Eltern. Und alle betrieben dort Musik und lebten von der Musik. Seine Brüder spielten im Schlossorchester, seine Schwester wurde zur Kammersängerin."

Später trennte sich der jüngere Bruder Jiri Antonin bzw. Georg Anton Benda von der Familie. Er ging nach Gotha, wo er Hofkapellmeister wurde.

"Er reiste viel, besonders nach Italien. Dort herrschte eine Zeit der schönen Opern und der sog. Singspiele. Als er nach Gotha zurückkam, erklang die italienische Musik stets in seinen Ohren. Daraufhin hat er sich dem Komponieren gewidmet. Er komponierte verschiedene Singspiele, aber erfand auch etwas, was kein Komponist vor ihm spielte, nämlich das Melodrama. Zum Beispiel seine Melodramen Medea oder Ariadne von Naxos, beide bis heute gespielt."

An die Geschichte der Familie Benda wird heute in einer Ausstellung im Museum erinnert, das im Schloss untergebracht ist. Das ursprüngliche Haus der Bendas steht leider nicht mehr, seine Fotos können aber in einer der Vitrinen besichtigt werden:

"Das ist das Geburtshaus der Brüder Benda, das in Stare Benatky gegenüber der Kirche stand. Dieses steht leider nicht mehr, es wurde abgerissen. An dessen Stelle steht heute eine Villa mit Gedenktafeln an Frantisek und an Jiri Antonin."

Das Schloss in Benatky nad Jizerou,  foto: H. Raab,  CC BY 3.0 Unported
Im Jahre 1932 wurde dieses Haus sogar von einem direkten Nachkommen der Bendas, dem deutschen Dirigenten Hans von Benda besucht. Dieser besuchte auch später ab und zu Benatky. Im Jahre 1968 gab er dort sogar ein Konzert, das einige Photos und ein Plakat in der Ausstellung dokumentieren.

"Obwohl heute schon etwa die achte Generation der Familie lebt, wird die musikalische Begabung weiter vererbt. Die Familie hat zurzeit ein Orchester, in dem Verwandte spielen. Sie treten aber nicht mehr unter dem Namen Benda auf, sondern von Benda, weil sie im 19. Jahrhundert für ihre Verdienste in der Musik das Adelswappen erhielten."

Soweit, liebe Hörerinnen und Hörer, unsere heutige Sendung über die Familie Benda und Benatky nad Jizerou. Vor dem Schluss haben wir aber eine Quizfrage für Sie: Der preußische König Friedrich II. bzw. Friedrich der Große, bei dem Franz Benda als Kapellmeister wirkte, war nicht nur ein Förderer der Musik, sondern auch ein aktiver Musiker. Welches Instrument spielte er? Welches Instrument beherrschte Friedrich der Große? Schicken Sie Ihre Antworten an: Radio Prag, Vinohradska 12, 120 99, Praha 2 oder per e-mail an [email protected]. Die richtige Antwort auf unsere letzte Quizfrage lautet: Gustav Mahler hat 10 Symphonien komponiert, wobei eine unvollendet blieb. Eine CD mit den Slawischen Tänzen von Antonin Dvorak geht an Wolfgang Endlicher aus Wien. Herzlichen Glückwunsch!

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