Weihnachtskrippe bei den Kapuzinern auf dem Loreto-Platz

Weihnachtskrippe bei den Kapuzinern (Foto: Autorin)

Das Bild ist während der Weihnachtstage jedes Jahr gleich. Am Nordrand des Loretoplatzes auf dem Prager Hradschin stehen Hunderte von Menschen geduldig Schlange vor dem Kapuzinerkloster und warten bis es ihnen gelingt, hinein zu kommen und eine ungewöhnliche Weihnachtskrippe zu besichtigen. Denn es ist zweifelsohne die populärste Weihnachtskrippe in der tschechischen Hauptstadt. Zu den Kapuzinern auf den Hradschin lädt Sie Martina Schneibergova im folgenden Spaziergang durch Prag ein.

Weihnachtskrippe bei den Kapuzinern  (Foto: Autorin)
An der Verbreitung der Tradition der Weihnachtskrippen beteiligten sich neben den Jesuiten auch die Franziskanerorden, in Böhmen waren es seit dem 17. Jahrhundert vor allem die Kapuziner. In ihren historischen Klöstern sind einige beachtenswerte Weihnachtskrippen erhalten geblieben. Die wertvollste davon wird in der Kirche Maria von den Engeln auf dem Hradschin in Prag aufbewahrt. Es handelt sich um einen imposanten Komplex von insgesamt 48 Figuren, von denen 32 menschliche Figuren und 16 Tiere sind.

Zur Krippe gehören die heilige Familie, die drei Könige mit einer entsprechenden Begleitung sowie acht Hirten mit Schafen, einem Widder und einem Hund. Eine Besonderheit stellen die ausgesprochenen Genrefiguren eines Dudelsackpfeifers und eines Bäckers dar. Am größten sind die Hirtenfiguren, die bis zu 175 Zentimeter messen. Da einige der begleitenden Figuren - z. B. die Pagen - nur etwa einen Meter hoch sind, nimmt man an, dass die Weihnachtskrippe ursprünglich als Gesamtszene perspektivisch installiert wurde, wobei die Figuren im Hintergrund entsprechend kleiner dargestellt wurden.

Weihnachtskrippe bei den Kapuzinern  (Foto: Autorin)
Die älteste bekannte Installation der Barockkrippe stammt jedoch von der Wende des 19. und 20. Jahrhunderts - es geht um ein Foto, das 1908 veröffentlicht wurde. Dieselbe Platzierung der Figuren kann man auch auf einem Aquarellgemälde sehen, das im Kloster erhalten blieb. Die Figuren sind dort in einem verhältnismäßig kleinen Raum der Kreuzkapelle vor dem Seitenaltar aufgestellt. Ob diese Darstellung ursprünglich war, weiß man jedoch nicht.

Seit 1969 wird die ganze Weihnachtskrippe im rechten Gang der Klosterkirche aufbewahrt, wo einst die Beichtstühle standen. Wertvolle Figuren müssen nicht mehr jedes Jahr aus einem Lagerraum geholt und wieder neu aufgestellt werden, wodurch sie beschädigt werden konnten. Bildhauer Karel Stádník entwarf die Installation der Krippe, die man wie eine Ausstellung im Vorbeigehen besichtigt.

Die ganze Krippe wurde bislang jedoch nicht von Restauratoren untersucht, sodass die Frage, was daran das Ursprüngliche ist, immer noch offen bleibt. Es scheint, dass größere und bedeutendere Figuren Köpfe und Hände aus Holz haben, während die Körper aller Figuren aus einem dünnen, mit Stroh und Papier bezogenen Skelett bestehen, das in Textilien gekleidet wurde. Gesichter und Hände der kleineren Figuren wurden aus einer Papiermasse geformt, Ergänzungen sind meistens aus Holz.

Weihnachtskrippe bei den Kapuzinern  (Foto: Autorin)
Die heutige Christkindfigur ist verhältnismäßig neu - sie stammt aus den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts. Es kann sein, dass die ursprüngliche Figur des Christkinds aus Wachs geformt wurde, und deswegen nicht erhalten blieb. Zwei von den Schafen sind mit einem alten Mechanismus ausgestattet, der das Mähen nachahmt.

Die Weihnachtskrippe im Kapuzinerkloster auf dem Loretoplatz ist in Böhmen einzigartig, sie kann mit keiner anderen ähnlichen Krippe verglichen werden. Die Figuren der heiligen Familie und der drei Könige werden für die ältesten Figuren gehalten. Sie stammen aus dem zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts. Über die Weihnachtskrippe sprach ich mit Bruder Lukas, dem Provinzial der Kapuziner in Tschechien. Was macht die Weihnachtskrippe so attraktiv?

"Hier treten Sie eigentlich ein und erleben die Handlung beim Passieren der Weihnachtskrippe. Sie kommen langsam näher zum Jesuskind, wobei sich auf den beiden Seiten des Weges noch etwas abspielt. Beim Verlassen der Szene von Bethlehem kommen Sie wieder in einen Sakralraum - der Ausgang mündet in die Kirche. Von den vielen Menschen, die kommen, um die Weihnachtskrippe zu besichtigen, bleiben sehr viele noch eine Weile in der Kirche, und man fühlt, dass in ihnen noch etwas ausklingt. Es kommen nicht Hunderte, sondern Tausende von Besuchern zu uns. Einige von ihnen, die hier während der Weihnachtszeit waren, kommen auch später in die Kirche zurück und erzählen uns, dass sie hier wirklich Weihnachten erlebt haben."

Weihnachtskrippe bei den Kapuzinern  (Foto: Autorin)
Für Bruder Lukas war die Weihnachtskrippe vor Jahren eine Entdeckung:

"Ich war hier zum ersten Mal in den Jahren 1990-91, als wir als Novizen das Kloster in Prag besuchten. Damals ahnte ich nicht, dass sich hier so etwas verbirgt. Da wir neugierig waren, versuchten wie alle Türen zu öffnen, die man öffnen konnte. Es war im Sommer, und wir dachten, dass sich im Flur ein Abstellraum befindet. Als wir die Tür öffneten und Licht machten, waren wir erstaunt, denn plötzlich fühlten wir den weihnachtlichen Hauch."

Der Provinzial erzählt, dass diejenigen, die die Weihnachtskrippe bereits gesehen haben, in den nächsten Jahren wieder kommen. Sie sagen, sie seien da, um die Krippe jemandem anderen zu zeigen.

"Ich weiß sowieso, dass sie auch wegen sich selbst wieder kommen: Entweder um sich nostalgisch an etwas zu erinnern - beispielsweise an die Kindheit, oder auch um etwas wieder zum Erwachen zu bringen, was sie längst vergessen hatten. Die neuen Besucher bringen wieder jemanden anderen mit. Und so braucht diese Weihnachtskrippe keine Reklame."

Die Weihnachtskrippe wird nicht jedes Jahr neu aufgestellt, wie es bei den meisten Weihnachtskrippen in den Kirchen der Fall ist. Es wird nur mit frischem Tannengrün geschmückt, und während der Weihnachtstage fließt ein echter Bach durch die Landschaft von Bethlehem. Die Mönche freuen sich über das Interesse der Besucher, aber sie können die Kirche nicht ununterbrochen offen lassen. Für die Öffentlichkeit sind die Räume mit der ausgestellten Weihnachtskrippe von 9.30 Uhr bis 16.30 Uhr geöffnet. Denn danach werden Gottesdienste in der Kirche gefeiert.

"Es tut uns sehr Leid, dass wir manchmal gewissermaßen nach der Sperrstunde die Besucher enttäuschen müssen. Die Leute werfen uns manchmal vor, dass wir nicht gerade christlich handeln, wenn wir sie nicht mehr reinlassen wollen. Aber trotzdem kommen die Menschen wieder und sind bereit, auch zwei Stunden lang in der Schlange geduldig zu warten. Offensichtlich wissen sie warum, und ich verstehe sie."

Kapuzinerkloster auf dem Loreto-Platz  (Foto: Autorin)
Wie der Provinzial weiter betonte, haben die Kapuziner das Glück, dass sie die Weihnachtskrippe eigentlich jeden Tag besuchen können und damit eigentlich das ganze Jahr hindurch Weihnachten haben. Außerdem befindet sich gleich in der Nachbarschaft des Klosters die Walfahrtstätte Maria Loreto mit der Geburt-Christi-Kirche. Wer Weihnachten erleben möchte, kann uns besuchen, lädt der Provinzial der Kapuziner alle Interessenten ein.

Damit sind wir am Ende unseres Spaziergangs angekommen. Es bleibt nur die übliche Quizfrage zu stellen, für deren richtige Beantwortung sie ein Souvenir aus Prag gewinnen können. Bruder Lukas sprach davon, dass bei den Besuchern der Weihnachtskrippe im Kapuzinerkloster stets eine weihnachtliche Stimmung anklingt. In rein musikalischem Sinn klingt etwas von der gegenüberliegenden Loreto-Kirche über den Platz. Um was handelt es sich? Ihre Antwort schicken Sie, bitte, an Radio Prag, Vinohradská 12, PLZ 120 99 Prag 2.

In der letzten Novemberausgabe des Spaziergangs durch Prag führte ich Sie in die Václav Havel-Bibliothek. Ich fragte Sie danach, wann Václav Havel nach der samtenen Revolution zum tschechoslowakischen Staatsoberhaupt gewählt wurde. Es war am 29. Dezember 1989. Ein Buch geht diesmal an Kurt Zuber aus Bitterfeld.