Tschechien und Sachsen vereinbaren Kombinierten Ladungsverkehr

Foto: Jana Sustova
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Europa wird transportdurchlässiger. Aber immer noch gibt es einige Nadelöhre, wo sich insbesondere der Lkw-Verkehr auf wenigen Kilometern zusammendrängt und die daher von den umliegenden Anwohnern als unerwünschte Belastung wahrgenommen werden. Ein solches Nadelöhr stellt auch der Straßenlastverkehr zwischen Nordböhmen und Sachsen dar, der in erster Linie über die E55 und den Grenzübergang Cinovec/Altenberg abgewickelt wird. Daher erwarten die Menschen zu beiden Seiten der Grenze endlich Lösungen, die u. a. auch Gegenstand der Gespräche waren, die der Staatsminister für Wirtschaft und Arbeit des Freistaates Sachsen Thomas Jurk am Mittwoch in Prag mit dem tschechischen Vizeminister für Verkehr, Vojtech Kocourek geführt hat. Lothar Martin fasst zusammen.

Foto: Jana Sustova
Thomas Jurk, gleichzeitig Stellvertretender Ministerpräsident des Freistaates, hatte ein umfangreiches Arbeitsprogramm zu bewältigen. Neben seiner Visite im Prager Verkehrministerium, traf er auch mit dem gastgebenden Vizeminister für Industrie und Handel, Martin Tlapa, und dem Minister für regionale Entwicklung, Jiri Paroubek, zusammen. Doch bei seinem abschließenden Pressegespräch in der Deutschen Botschaft in Prag stand das eingangs zitierte Problem an erster Stelle. Dazu ließ Minister Jurk zum Auftakt wissen:

"Wir haben heute gehört, dass auf tschechischer Seite natürlich Befürchtungen herrschen, wenn die Autobahn A17 einschließlich der Grenzbrücke bis zum Jahre 2006 fertig gestellt wird, was das für den Verkehrsfluss auf der tschechischen Seite bedeutet. Da nämlich bis dahin noch nicht alle Baumaßnahmen durchgeführt werden können, hat man sich auf der tschechischen Seite schon Gedanken macht, wie man die künftigen Belastungen für die Anliegergemeinden und die Menschen, die an der Ausweichstraße wohnen, mindert."

Das Problem mit der bis zum Jahr 2006 mit Sicherheit noch nicht fertig gestellten Autobahn D8 scheint den tschechischen Verkehrsplanern mittlerweile auf den Nägeln zu brennen. Da diese sich mehreren Hinweisen zufolge bei der Projektierung der Autobahn von Prag bis zur Grenze nach Sachsen nicht mit alternativen Streckenverläufen außer dem ihrigen auseinandergesetzt haben, haben sie nun gerichtliche Klagen von Umweltschützern am Hals. Und die verlangen, sozusagen als letzter Kompromiss, eine verlängerte Tunnelvariante durch das Böhmische Mittelgebirge. Aus dieser misslichen Situation heraus ist auf der tschechischen Seite ganz offensichtlich der Wunsch entstanden, den im Juni vergangenen Jahres eingestellten Lkw-Transport per Schiene, die zwischen Lovosice und Dresden verkehrende "Rollende Landstraße" (kurz: RoLa), in ähnlicher Form wieder aufleben zu lassen. Nach einigen Fehlinterpretationen, die Verkehrsvizeminister Kocourek und Wirtschaftsminister Jurk auf ihrer gemeinsamen Pressekonferenz zunächst zuließen, stellte Jurk vor den in der Botschaft anwesenden Journalisten klar:

"Die RoLa als Begriff ist natürlich in Sachsen ein Standard für die Verbindung zwischen Lovosice und Dresden, und wir alle wissen doch, dass sich diese Maßnahme aufgrund der Zollfreiheit ab dem 1. Mai 2004 als unrentabel herausgestellt hat. Ich habe es daher in den Gesprächen sehr deutlich gesagt, dass wir jetzt natürlich ein Angebot machen müssen, das die Spediteure auch annehmen. Wir wollen zunächst in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe prüfen, wie wir in Zukunft mehr Güter auf die Schiene bekommen. Dazu kann eine ´Rollende Landstraße´ dienen, aber unser Hauptaugenmerk liegt generell nicht nur auf kurzfristigen Lösungen, sondern vielmehr auf langfristigen. Und da kam der Kombinierte Ladungsverkehr natürlich in besonderer Weise ins Gespräch."

Des weiteren erklärte Jurk:

"Richtig ist, dass der tschechische Vizeminister darauf hingewiesen hat, dass im Jahr 2005 noch keine Lösung zu erwarten ist. Danach wird sicherlich zu prüfen sein - Ergebnis offen, ob wir mit solch einer Verbindung - egal ob wir sie nun RoLa, Kombinierter Ladungsverkehr oder Lkw auf die Schiene nennen - eine Entlastung über die Schiene hinbekommen. Das muss aber finanziell darstellbar sein, und im Gespräch mit Vizeminister Kocourek war uns beiden völlig klar, dass wir in diese Lösung die Speditionsfirmen einbeziehen müssen."

Vom Vorhaben bis zur Umsetzung des Kombinierten Ladungsverkehrs zwischen Tschechien und Sachsen ist es also noch ein gutes Stück Weg. Jurk hob jedoch hervor, dass ein gemeinsamer Wille vorhanden sei, diese Verkehrsstrategie langfristig anzugehen. Auf die sächsische Unterstützung hofft die tschechische Seite jedoch bereits heute, wenn sie spätestens ab 2007 das noch unbestimmt lange Problem des neu entstehenden Nadelöhrs Böhmisches Mittelgebirge zu lösen hat.