Der Homo sapiens ist ein Mährer: Knochenfunde entpuppen sich als zweitälteste Überreste des modernen Menschen in Europa

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Dass es sich in Mähren gut leben lässt, wissen die Menschen schon seit langer Zeit: zahlreiche prähistorische Funde zeugen davon. Bei der Datierung von Fundstücken aus einer Höhle bei Mladec in der Nähe von Olomouc gelang einem österreichisch-amerikanischen Forscherteam um die Anthropologin Maria Teschler-Nicola nun eine wissenschaftliche Sensation. Die Knochen entpuppten sich als die zweitältesten Überreste des Homo sapiens in Europa. Mehr von Thomas Kirschner.

Es sind gut zwei dutzend Knochensplitter von mindestens fünf Individuen, die die Wissenschaftler in ihren Bann geschlagen haben. Gefunden wurden Sie bereits im Jahre 1881 in einer prähistorisch besiedelten Höhle im nordmährischen Mladec; seitdem liegen sie im Wiener Naturhistorischen Museum. Das besondere an ihnen: Obwohl sie eindeutig dem modernen Menschen, dem Homo sapiens, zuzuordnen sind, zeigen sie zugleich Merkmale älterer Entwicklungsstufen, erläutert die Direktorin der anthropologischen Abteilung am Naturhistorischen Museum in Wien, Prof. Maria Teschler-Nicola.

"Diese Variabilität - einerseits eindeutig Homo sapiens, andererseits archaische Merkmale - hat diesen Fundkomplex in den letzten Jahren in die Mitte der Diskussion um die Ablösung des Neandertalers durch den Homo sapiens gerückt. Das ist ein spektakulärer Fund, der gerade für diese Übergangszeit sehr wichtig ist."

Erst die jetzige Untersuchung konnte aber bestätigen, dass die Knochen nicht aus verschiedenen Epochen stammen, sondern dass die Vorzeitmenschen mit den verschiedenen Ausprägungen zu ein und derselben Zeit gelebt haben - und zwar vor rund 31.000 Jahren. Nach einem Fund in Rumänien sind die Knochen aus dem tschechischen Mladec damit der zweitälteste Beleg für das Auftreten des Homo sapiens in Europa. Datierungsversuche hatte es bereits in der Vergangenheit zahlreiche gegeben - bislang allerdings erfolglos: Immer hatte sich herausgestellt, dass sich in den Knochen für die Radiokarbondatierung nicht mehr genügend organisches Material erhalten hatte, berichtet Maria Teschler-Nicola.

"Unsere Idee war: Wir könnten Zähne probieren. Die Zähne sind oft besser erhalten, weil der Zahnschmelz sehr hart ist. Aufgrund dieser Tatsache könnten die organischen Substanzen besser erhalten sein. Und das war´s!"

Zahlreiche spätere Funde aus der Höhle sind lange auch im Mährischen Landesmuseum in Brünn aufbewahrt worden, wo sie zum Großteil aber bei Kriegsende verloren gegangen sind. Eine Überraschung könnte aber noch auf die Anthropologen warten, so Teschler-Nicola:

"In Brünn gibt es noch einen Schädelrest eines männlichen Individuums, der dort noch aufbewahrt wird, und den haben wir nicht datiert."