Stadtrat von Prag 6: Konew-Statue wird verlegt, neues Denkmal entsteht
Die Zeiten ändern sich. Und die Meinung über historische Ereignisse dank neuer Erkenntnisse manchmal auch. In einigen Fällen kann das eskalieren und sogar zu Beleidigungen und Morddrohungen führen. Dies alles hat sich binnen drei Wochen rund um das beschmierte Konew-Denkmal im sechsten Prager Stadtbezirk zugetragen. Nun hat die Stadtbezirksverwaltung beschlossen, die umstrittene Statue zu verlegen.
Zur Erinnerung: In der Nacht vom 21. zum 22. August besprühten Unbekannte das Denkmal für Iwan Stepanowitsch Konew mit roter Farbe. Zudem wurde auf den Sockel geschrieben: „Nein zum blutigen Marschall, wir werden nicht vergessen!“ Dieser Text sollte darauf verweisen, dass der ruhmreiche russische Heerführer, der seine Verdienste im Zweiten Weltkrieg erwarb, später auch negativ in Erscheinung getreten sei. Zum Beispiel durch seine jeweilige Rolle bei der Niederschlagung des ungarischen Volksaufstands und des Baus der Berliner Mauer. Manche tschechische Historiker werfen ihm sogar Spionage im Vorfeld der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 vor. An diese Taten Konews erinnerte eine Tafel, die im vergangenen Jahr am Denkmal angebracht wurde.
Die russische Botschaft in Prag protestierte gegen die Schmierereien, der Stadtbezirksbürgermeister Ondřej Kolář (Top 09) wollte die Statue – wie in den Jahren zuvor – reinigen lassen. Doch im Gegensatz zu früher strebte er eine dauerhafte Lösung an und schlug vor, das Denkmal in den Garten der russischen Vertretung in Prag zu verlegen. Freiwillige beseitigten derweil einen Teil der Schmierereien, sie entfernten die Aufschriften am Sockel des Denkmals.
Auf russischer Seite reagierte man jedoch nur mit Unverständnis darüber, dass die Tschechen ihre Befreier-Rolle im Zweiten Weltkrieg nicht zu schätzen wüssten. Doch nicht nur das: Das russische Außenministerium bezeichnete tschechische Politiker als Initiatoren des „Kriegs gegen die Symbole des Siegs über Faschismus“. Der russische Kulturminister Wladimir Medinski bezeichnete den Stadtbezirksbürgermeister Kolář wegen der geplanten Verlegung des Konew-Denkmals sogar als einen „Gauleiter“. Darauf reagierte Vizepremier Jan Hamáček (Sozialdemokraten):„Der russische Minister hat die Gelegenheit versäumt, zu schweigen. Solche Äußerungen gegenüber der Tschechischen Republik und ihren Vertretern in den Selbstverwaltungen sind überflüssig. Damit wird die Sache nur komplizierter.“
Andere Politiker wie der Vertreter der Piraten-Partei, Ondřej Chrást, wollten die Angelegenheit nun mit einem Referendum aus der Welt schaffen. Eine Volksbefragung darüber, ob und wohin man die Statue verlegen sollte. Bürgermeister Kolář erteilte dem jedoch eine klare Absage:
„Ich bin der Meinung, dass die Stadtbezirksvertreter gewählt wurden, um Entscheidungen zu treffen. Und Prag 6 hat einen selbstbewussten und souveränen Stadtrat, der dazu befähigt ist, auch grundlegende Beschlüsse zu fassen.“
Die lang erwartete Entscheidung fiel schließlich am Donnerstag: Der Rat des Stadtbezirks will das umstrittene Konew-Denkmals durch ein Denkmal für alle Befreier Prags von den deutschen Besatzern ersetzen. Für das Standbild des sowjetischen Marschalls hingegen soll ein neuer Platz gefunden werden. Den Beschluss begrüßt der unabhängige Senator Pavel Fischer:
„Die Situation hat es erforderlich gemacht, zu handeln. Der Stadtrat hat darüber offen, demokratisch und souverän verhandelt. Er hat eine Lösung gefunden, die die Konew-Statue nicht entwertet, sondern die Möglichkeit eröffnet, einen anderen würdigen Platz für sie zu finden. Zudem schreibt der Stadtrat einen künstlerischen Wettbewerb über die Gestaltung eines Denkmals für die Befreier Prags aus. Das ist meiner Meinung nach in dieser Situation eine sehr elegante und souveräne Lösung.“Und Stadtbezirksbürgermeister Ondřej Kolář gibt dazu das Versprechen ab:
„Erwarten Sie bitte nicht, dass wir die Statue abreißen, zerstören oder auch nur ansatzweise beschädigen werden. Wir werden wirklich eine würdige Lösung für den neuen Standort des Denkmals finden. Dazu werden wir auch den Rat von Denkmalschutzeinrichtungen einholen.“
In der tschechischen Politik, vor allem aber im Stadtbezirk Prag 6, hofft man jetzt, dass sich nach dieser Entscheidung die Wogen endlich wieder glätten werden.