Korruptionsfall rund um die Post? Innenminister Chovanec unter Druck
Die aktuelle Mitte-Links-Regierung in Tschechien ist bisher von Korruptionsfällen verschont geblieben. Doch nun zieht ein Streit um einen gescheiterten Auftrag zwischen der staatlichen Post und einem Privatunternehmer weite Kreise.
Über den Fall hatte vor einer Woche das Nachrichtenportal Neovlivni.cz berichtet. Demnach soll der Sozialdemokrat Kamil Choc aus dem mittelböhmischen Beroun / Beraun dem Unternehmer Milan Čadek angeboten haben, dessen Rechtsstreit mit der Post zu lösen. Der Politiker forderte angeblich von dem Geschäftsmann dafür drei Millionen Kronen (110.000 Euro) – also Bestechungsgelder. Das Ganze soll sich vor zwei Jahren zugetragen haben. Vor kurzem aber hat wurde eine geheime Aufnahme des Gesprächs zwischen Čadek und Choc sowie der E-Mail-Verkehr des Politikers an die Presse weitergereicht.
Das Bedenkliche dabei ist, für wen die mögliche Bestechungssumme bestimmt gewesen sein soll: zwei Millionen Kronen für die Kassen der sozialdemokratischen Partei und eine Million für Innenminister Chovanec. Der Minister beteuert aber, sein Name sei in der Sache eine reine Erfindung. Chovanec sieht nun Gefahr auf sich zurollen und hat veranlasst, dass das Präsidium des Sicherheitsrates zusammentritt. Die Gründe erläuterte die Sprecherin des Ministers, Lucie Nováková:„Die wirtschaftlichen Interessen der Post als staatlichem Unternehmen sind bedroht. Zugleich wird versucht, mit Hilfe von geheimdienstlichen Methoden das Innenministerium zu destabilisieren.“
Das Präsidium des Sicherheitsrates wurde für Donnerstag nach der Regierungssitzung einberufen. Ihm gehören neben Premier Sobotka und Chovanec noch drei weitere Minister an. Dieses Gremium tritt in der Regel nur zusammen, wenn eine schwerwiegende Bedrohung Tschechiens vorliegt, also beispielsweise durch einen möglichen Terroranschlag. Und hier beginnen für die Öffentlichkeit die Fragen: Was weiß Chovanec über die Hintergründe des Falls, dass sich deswegen sogar das Präsidium des Sicherheitsrates beraten muss?Die Post wiederum ist in die Causa allein schon deswegen involviert, weil Čadek gegen sie Anzeige erstattet hat. Der Unternehmer hätte einen Auftrag der Post übernehmen sollen, doch diese machte letztlich einen Rückzieher. Daraus ist ein Rechtsstreit entstanden. Und aus dem Mail-Verkehr, der der Presse zugespielt wurde, geht angeblich hervor, dass eine Post-Managerin die Kontakte zu Chovanec vermitteln sollte. Doch die Post selbst behauptet, diese Mail sei eine Fälschung. Die Polizei hat dies mittlerweile laut Presseberichten auch bestätigt. Also alles ein Versuch der Diskreditierung? Die politische Opposition ist sich da nicht so sicher. Sie verweist darauf, dass die Polizei bereits in einem weiteren möglichen Korruptionsfall rund um öffentliche Aufträge der Post ermittelt. Es geht um die Firma Agrotec, die zum Agrarkonzern von Finanzminister Andrej Babiš (Partei Ano) gehört. Petr Gazdík ist Fraktionschef des Zusammenschlusses aus Top 09 und der Vereinigung STAN im Abgeordnetenhaus:
„Und jetzt erfahren wir noch aus unterschiedlichen Aufnahmen, dass die Post unterwandert wird und sicher kein Wirtschaftsgebaren an den Tag legt, wie es sich für ein Staatsunternehmen geziemt.“
Gazdík fordert, den Finanzen der Post auf den Grund zu gehen. Der Staatskonzern sollte endlich einem unabhängigen Audit-Verfahren unterzogen werden, so die Forderung.