Museum in Kašperské Hory zeigt gotische Kunst aus Südwestböhmen

Foto: Martina Schneibergová

Südwestböhmen hatte im Mittelalter einige Besonderheiten: Dort mischten sich die kulturellen Einflüsse aus dem Donauraum und aus Böhmen. Die günstige wirtschaftliche Entwicklung führte zum Aufschwung einiger Städte in dieser Gegend. Sie waren neben den Adelsfamilien wichtige Auftraggeber, dank derer in der Region zahlreiche hervorragende Kunstwerke entstehen konnten. Eine Ausstellung der wertvollsten gotischen Plastiken und Gemälde aus Südwestböhmen wurde vor kurzem im Museum in der Böhmerwaldstadt Kašperské Hory / Bergreichenstein eröffnet.

Jan Royt  (Foto: Martina Schneibergová)
Die neue Ausstellung heißt „Die gotische Kunst in der Gegend der Flüsse Otava und Úhlava“. Sie zeigt rund 50 sakrale Kunstwerke, die im Mittelalter für die dortigen Kirchen und Kapellen entstanden sind. Die Werke stammen alle aus Städten Klatovy / Klattau, Horažďovice, Kašperské Hory sowie Sušice / Schüttenhofen und deren Umgebung. Jan Royt ist Professor für Kunstgeschichte an der Prager Karlsuniversität. Er stellte die Ausstellung für das Böhmerwald-Museum zusammen.

„Wir befinden uns in einer Region, in der es Hunderte von Heiligenplastiken gibt. Die Region liegt an der Grenze zwischen Böhmen und Bayern, die Donau ist nicht weit entfernt. Durch die Gegend führten wichtige Handelswege, der Kulturaustausch war sehr rege. Die herrlichen Fresken in der nahe gelegenen Kirche Sankt Maurenzen sind beispielsweise ohne die Kunsteinflüsse aus dem Donauraum undenkbar. Aber auch die berühmten Holzschnitzerarbeiten aus der Umgebung wären ohne Kontakte zu den Kulturzentren in Bayern und Österreich nie entstanden.“

Schutzmantelmadonna  (Foto: Martina Schneibergová)
Heute werden die Kunstwerke in Museen aufbewahrt. Aber früher habe sich eine ganze Reihe von Plastiken beispielsweise in der geräumigen St.-Margarethen-Kirche in Kašperské Hory befunden, erklärte Jan Royt:

„Wir können sagen, dass die Werke, die heute in den Museen ausgestellt sind, viel vom ursprünglichen Kontext verlieren. Die Gemälde sowie die Heiligenstatuen sind mit Gebeten und Bitten verknüpft. Jahrhundertelang beteten die hiesigen Gläubigen vor allem vor den Marienstatuen, und Maria diente als Vermittlerin ihrer Bitten an Gott.“

In der Region waren dem Kunsthistoriker zufolge die sogenannten ´Schutzmantelmadonnen´ verbreitet. Derartige Madonnen-Darstellungen waren in der Zeit der Pestepidemien beliebt. Eine solche Marienstatue ist auch Bestandteil der „kleinen Arche von Bergreichenstein“. So wird der gotische Altar genannt, dessen äußere Flügel man auseinanderklappen kann. Jan Royt:

Arche von Bergreichenstein  (Foto: Martina Schneibergová)
„Mitten auf dem Altar steht eine Holzstatue der Schutzmantelmadonna mit den viel kleineren Figuren der Bergarbeiter, die sie beschützt. Rechts neben der Madonna steht der heilige Christoph, der ein Schutzpatron der Reisenden und Wanderer ist. Er durfte auf dem Altar nicht fehlen, denn durch die Stadt führten wichtige Handelswege. Die Arche entstand um das Jahr 1500, in der Zeit großer Pestepidemien. Darum befindet sich auf dem Altar auch eine Statue des heiligen Sebastian. Er galt als Schutzpatron gegen die Pest. Auf den Altarflügeln, die man auseinanderklappen kann, befinden sich acht Tafelgemälde. Die Arche war das ganze Jahr hindurch geschlossen. Nur bei festlichen Anlässen wurde sie geöffnet. Wenn sie geöffnet wurde, war der strahlend goldene Hintergrund über den Holzplastiken zu sehen. Der goldene Hintergrund symbolisiert Gott. Denn Gold spiegelt das Licht wider und Gott ist das Licht. So sollte man das Kunstwerk verstehen.“

Foto: Martina Schneibergová
Die Ausstellung der gotischen Kunst aus Südwestböhmen wurde anlässlich des 90. Jubiläums des Museums in Kašperské Hory zusammengestellt. Im renovierten Museumsgebäude ist sie ist noch bis Ende Oktober zu sehen.

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