Verbraucherschmu im Osten: Neue EU-Länder kritisieren Lebensmittelhersteller

Die Verbraucher haben es schon lange geahnt, nun hat es eine slowakische Verbraucherorganisation in Tests bestätigt: Die Produkte renommierter Lebensmittelhersteller unterscheiden sich in ihrer Zusammensetzung in den alten und in den neuen EU-Ländern. Im Osten werde häufig schlechtere Qualität angeboten, lautet der Vorwurf. Besonders in Bulgarien sind die Politiker aufgebracht und haben sich bereits an die Europäische Union gewendet. In Tschechien gibt man sich eher zurückhaltend.

Foto: Archiv ČRo 7
Ausschussware für den armen Osten: Das wirft Miloš Lauko vom slowakischen Verbraucherschutzverband renommierten Firmen vor. In akkreditierten Labors ließ der Verband Schokolade, Gewürze und Limonadenprodukte jeweils derselben Firmen in westlichen und östlichen EU-Ländern testen. Außer der Schokolade waren alle Markenprodukte aus den neuen Mitgliedsländern zum Teil aus billigeren Zutaten gefertigt:

„Das Ergebnis des Tests hat gezeigt, dass die Firmen häufig schlechtere Qualität in die Staaten der so genannten Visegrád-Vier schicken oder in die neuen EU-Länder, wo sich ihrem Gefühl nach die Verbraucher noch nicht so wehren“, so Miloš Lauko gegenüber dem Tschechischen Fernsehen.

Petr Havel
Doch auch zwischen den neuen EU-Ländern bestünden Unterschiede, zeigt Lauko in dem Fernseh-Bericht. In der Hand hält er zwei Flaschen einer amerikanischen Limonadenfirma, die eine aus tschechischer Produktion, die andere aus slowakischer. Die tschechische enthalte höherwertigen Rübenzucker, die slowakische hingegen billigen Isoglukose-Zucker, der aus Maisstärke gewonnen wird.

Miloš Lauko und Miroslaw Najdenow  (Foto: Boris Wojnarowitsch,  Europost)
Lebensmittelhersteller wie Knorr begründen die Unterschiede damit, dass sie ihre Produkte dem unterschiedlichen Geschmack in den einzelnen Ländern anpassen. Der tschechische Agrar-Analytiker Petr Havel verweist aber auf einen weiteren Grund:

„Die Münze hat zwei Seiten: Tatsächlich unterscheidet sich in den neuen EU-Ländern die Zusammensetzung gewisser Produkte. Auf der anderen Seite sind gerade die getesteten Produkte in den neuen Mitgliedsländern auch billiger. Ich sehe das so, dass die unterschiedliche Zusammensetzung zum Teil an die Kaufkraft in den Ländern angepasst wird.“

Ivan Fuksa
Es sind laut Havel also eher die Kosten, die zu den Unterschieden führen. Ob Geschmacksunterschiede oder Kostenanpassung, in Bulgarien sind die Politiker bereits aufgebracht. Man wolle nicht als Land zweiter Klasse gelten, zeigte sich Landwirtschaftsminister Miroslaw Najdenow erbost. Sofia hat deswegen die Europäische Kommission zu Gesprächen aufgefordert und sich mit Vertretern der Markenhersteller getroffen. Tschechien glaubt hingegen nicht an einen Erfolg. Landwirtschaftsminister Ivan Fuksa:

Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass einzelne EU-Staaten in Kommunikation mit einem starken Produzenten oder einer Handelskette treten, damit diese ihre Rezepte ändern.“

Den politischen Weg halten auch weder Miloš Lauko vom slowakischen Verbraucherschutzverband, noch der Agrar-Analytiker Petr Havel für erfolgversprechend. Lauko glaubt aber an den Druck durch Verbrauchertests auf die Hersteller. Havel hält hingegen die Kaufentscheidungen der Verbraucher für den stärkeren Faktor. In diesem Sinne begrüße er aber die Verbrauchertests:

„Ich sehe sie als den Akt einer gewissen Aufklärung der Verbraucher, und die ist in den neuen EU-Ländern inklusive Tschechien bitter nötig.“