Geheime Aufnahmen und unzufriedene VV-Partei – Koalitionsstreit verschärft sich

Vít Bárta (Foto: ČTK)

Die neueste Regierungskrise hat eine weitere Dimension erhalten. Begonnen hatte sie mit der überraschenden Rücktrittserklärung des Vizepremiers für den Kampf gegen Korruption, Radek John, am Mittwoch vergangener Woche. Nun hat John am Sonntag neue Forderungen für einen Verbleib seiner Partei der öffentlichen Angelegenheiten (VV) in der Regierung gestellt. Zudem ist erneut ein geheimer Tonmitschnitt der Partei aufgetaucht. Diesmal wurde eine interne Parteibesprechung vom März aufgenommen, bei der sich der damalige Verkehrsminister und faktische Parteichef Vít Bárta seiner außergewöhnlichen Beziehung zu Staatspräsident Klaus rühmt. Zudem reden die Mitglieder offen über die Parteifinanzen. All das hat zu weiteren Spannungen in der Regierungskoalition geführt.

Vít Bárta  (Foto: ČTK)
Es sind viele Interna, die auf der geheimen Aufnahme anklingen. Besonders der eigentliche Chef der VV-Partei, Vít Bárta, muss in Fahrt gewesen sein. Staatspräsident Klaus sei sehr selbstbezogen, aber ihm stünden auf der Prager Burg zu jeder Zeit die Türen offen, brüstet sich der damalige Verkehrsminister. Bárta suchte daher noch am Freitag nach den richtigen Worten für eine Entschuldigung:

„Die Aufnahme ist in vielem eine Übertreibung. Ich saß mit einer Gruppe von Menschen bei mir zu Hause bei einer Flasche mit schwerem Wein. Dass ich mir in meinem angetrunkenen Zustand gegenüber meinen Parteifreunden erlaubt habe, meine Beziehungen zum Staatspräsidenten zu überhöhen, tut mir sehr leid. Dafür muss ich mich bei ihm natürlich entschuldigen.“

Václav Klaus  (Foto: Archiv des Regierungsamtes der Tschechischen Republik)
Der angesprochene Václav Klaus wollte möglichst wenig Aufheben um die Affäre machen:

„Mich lassen diese Aufnahmen kalt. Ich habe kein Interesse, kraftmeierische Worte zu kommentieren, die auf einer geschlossenen Sitzung geäußert werden. Mehr als die Worte stört mich, dass schon wieder Spielchen mit geheimen Mitschnitten betrieben werden.“

Und diese Spielchen haben zu einem weiteren Regierungsstreit geführt. Allerdings hängt er nur zum Teil mit den Aufnahmen zusammen. Vielmehr ist die Partei der öffentlichen Angelegenheiten allgemein unzufrieden über ihre Rolle in der Koalition. Parteichef Radek John, der in dieser Woche von seinem Posten als Vizepremier für den Kampf gegen Korruption zurücktreten will, bezeichnete sich und seine Leute in einer Fernsehtalkshow am Sonntag als „politische Amateure“. Diese Amateure hätten sich von den Koalitionspartnern über den Tisch ziehen lassen und deswegen sei der Koalitionsvertrag hinfällig. John verlangte eine Regierungsumbildung, bei der seine Partei vier anstatt wie bisher drei Ressorts erhalte:

Jiří Pospíšil und Radek John  (Foto: ČTK)
„Wenn wir in der Regierung bleiben, dann müssen wir sinnvolle Positionen erhalten, von denen aus wir Ergebnisse präsentieren können. Andernfalls hat der Verbleib in der Regierung keinen Sinn.“

Ergebnisse will die VV-Partei vor allem beim Kampf gegen die Korruption nachweisen. Als eine sinnvolle Position bezeichnete John daher das Justizministerium. Das liegt derzeit in der Kompetenz des bürgerdemokratischen Vize-Chefs Jiří Pospíšil. Und der zeigte sich nicht sonderlich begeistert von Johns Forderung.

Miroslav Kalousek  (Foto: ČTK)
Aber auch der zweite Koalitionspartner, die Partei Top 09, ist aufgebracht. Denn auf der geheimen Aufnahme vom März wird angedeutet, dass die offiziellen Angaben über die Finanzen der VV-Partei nicht der Wirklichkeit entsprechen. Am Sonntag traf sich deswegen die Top 09 zu einer Sondersitzung über die Koalition. Ergebnis: Die Partei der öffentlichen Angelegenheiten solle ihre Konten offenlegen. Finanzminister und Top-09-Vizechef Miroslav Kalousek:

„Eine Partei, die sogar ihre Existenz auf den Kampf gegen Korruption gründet und aus welchem Grund und unter wie viel Promille auch immer über Zweifel an ihrer Finanzierung informiert, muss selbst das größte Interesse daran haben, die Öffentlichkeit vom Gegenteil zu überzeugen. Ihre Finanzierung muss klar wie Brunnenwasser sein.“

Wie und wann sich die Koalitionspartner mit der neuen Krise auseinandersetzen wollen, war bis zum frühen Montagnachmittag noch nicht klar.