Ex-Premier Stráský leitet Nationalpark Böhmerwald - Naturschützer sind entsetzt
Der Nationalpark Böhmerwald hat einen neuen Chef. Umweltminister Tomáš Chalupa hat ihn am Montag vorgestellt und am Mittwoch dann ernannt. Es ist der ehemalige tschechoslowakische Premier Jan Stráský. Bei den Naturschützern stößt die Wahl auf harte Kritik.
Das ist eine der Ideen, die der neue Leiter des Nationalparks Böhmerwald hat. Jan Stráský gehörte in den 90er Jahren der rechtskonservativen Bürgerdemokratischen Partei an. Heute ist er parteilos. Er war mehrmals Minister und im Jahr 1992 sogar tschechoslowakischer Premier. Zuletzt hat Stráský mehrere Jahre lang den Rat des Nationalparks Böhmerwald geleitet. Der 69-Jährige ist also mit den Problemen im Böhmerwald vertraut. Umweltminister Chalupa hat Stráský als eine Art Krisenmanager berufen mit einem zeitlich befristeten Mandat von maximal anderthalb Jahren:
„Meinem Wunsch nach soll Herr Stráský versuchen, Vertrauen und gegenseitigen Respekt zwischen den Interessensgruppen zu erneuern“, so Chalupa.Genau das ist bitter nötig. Seit Jahren schon haben sich die Gemeinden im Böhmerwald und die Regionalpolitiker auf der einen Seite sowie die Leitung des Nationalparks und die Naturschützer auf der anderen Seite in einer Art Grabenkrieg verschanzt. Die Gemeinden wollen Erleichterungen für Tourismus und Bautätigkeit sowie ein härteres Vorgehen gegen die Borkenkäferplage. Sie begrüßen die Ernennung von Stráský. Jiří Hůlka leitet die Interessensgemeinschaft von 22 Böhmerwald-Gemeinden im und außerhalb des Nationalparks:
„Mir liegt die Ansicht von Herrn Stráský nahe, der Böhmerwald sei genügend groß, um sowohl Wissenschaftlern für ihre Experimente Platz zu bieten und die wertvollsten Stellen der Natur zu überlassen, als auch den Gemeinden und den Besuchern zu dienen.“
Naturschützer sind über die Entscheidung für Stráský indes entsetzt. Sie befürchten, dass er die Regeln im Nationalpark gerade in den wertvollsten Bereichen aufweicht. Dort ist der Schutz am strengsten, unter anderem werden auch vom Borkenkäfer befallene Bäume ihrem Schicksal überlassen. Während die Bewohner der Anrainergemeinden vor allem die kahlen Baumleichen sehen, erkennen die Naturschützer, wie sich der Wald an diesen Stellen im Schutz der abgestorbenen Bäume von selbst erneuert. Stráský sehe das Problem durch die Brille der Anrainer und der holzverarbeitenden Industrie, befürchtet einer der stärksten Kritiker, Jaromír Bláha vom größten tschechischen Umweltverband, „Hnutí Duha“ (Bewegung Regenbogen):
„Herr Stráský führt seit Jahren schon einen unversöhnlichen Kampf gegen den Naturschutz im Nationalpark. Vor einigen Jahren gehörte er zu den Autoren eines Planes, um den Nationalpark zu verkleinern. Es sollten viele schöne Stellen wie das Widra-Tal und das Dreieckmark aus dem Park ausgegliedert werden. Das hätte zum Beispiel den normalen Holzschlag ermöglicht sowie größere Bauvorhaben, Skipisten oder Tourismuszentren.“
Derzeit steht knapp ein Drittel des Nationalparks unter strengem Naturschutz mit sehr eingeschränktem Besucherverkehr.