Die neue Regierung, die neue Fußballsaison und die Manager-Boni
Die Zeitungskommentare haben sich diese Woche vor allem um die Ernennung der neuen Regierung gedreht. Weitere Themen sind die Manager-Boni und der Start der tschechischen Fußballliga.
Till Janzer: Der frühere EU-Erweiterungskommissar Günther Verheugen hat einmal gesagt, dass die Skepsis eine besondere Eigenschaft der Tschechen sei. In diesem Sinn ist auch die neue Regierung nicht mit Jubelstürmen empfangen worden. In der Mladá Fronta Dnes streicht Karel Steigerwald in seinem Kommentar am Dienstag zwar die gute Ausgangslage für die Mitte-Rechts-Koalition heraus: das sind die schnelle und glatte Einigung auf einen Koalitionsvertrag, die programmatische Nähe der drei Koalitionsparteien, ein Fehlen innerparteilicher Kritiker am Regierungsvorhaben sowie vor allem die starke Mehrheit von 118 der 200 Abgeordneten. Dennoch findet Steigerwald Gefährdungspotenzial:„Die größte Bedrohung für die Regierung sind nicht der Straßenkampf der Opposition, Generalstreiks der Staatsbediensteten oder etwa Obstruktionen im Parlament, sondern die Regierung selbst. Es ist keine Fiktion, dass die Koalitionspartner ihre starke Position vielleicht wegen Lappalien selbst zerschlagen könnten – aus Gründen, die nur ihnen selbst wichtig erscheinen. Unsere politischen Parteien sind häufig kleinlich und überempfindlich.“
Wie sieht es mit weiteren Kommentaren aus – zum Beispiel die Hospodařské noviny…
Moderator: So steht es also in der Mladá Fronta Dnes. T. Janzer: Dort hat sich Petr Honzejk, ebenfalls am Tag der Ernennung des Kabinetts, auch so seine Gedanken gemacht über die größten Fallstricke für die Regierung Nečas:„Um Reformen umzusetzen ist in der ersten Phase gesellschaftliche Zustimmung notwendig. Wenn die Zustimmung schwindet, muss die Einheit der Koalition beginnen. Im Verhalten der Koalition ist aber bereits jetzt eine gewisse Hast zu spüren, die nach und nach beides zu beschädigen droht. Und das kann für die Reformen den Todesstoß bedeuten.“
Moderator: Nennt Honzejk auch Beispiele?T. Janzer: Ja, unter anderem die Äußerungen des neuen Umweltministers Pavel Drobil von den Bürgerdemokraten.
Moderator: Der hatte ja eigentlich gar nicht Umweltminister sondern Industrie- und Handelsminister werden wollen...
T. Janzer: Genau der. Honzejk schreibt über ihn:
T. Janzer: Selbstverständlich und das – wie zu erwarten - von der linksorientierten Právo. Jan Keller packt da das Thema Ministerposten an. Er zählt fünf Minister aus dem 15-köpfigen Kabinett auf, die sich das Fachwissen für ihr Ressort wohl erst aneignen müssen:
Soweit also der Soziologe und Kommentator Jan Keller in der Právo.
Moderator: Bisher ging es um die Ziele und das Personal der neuen Regierungskoalition. Nun kommen wir zu einer ersten Entscheidung. Der neue Finanzminister Kalousek hat am Mittwoch verkündet, dass den ehemaligen Managern der angeschlagenen staatlichen Fluglinie ČSA nicht die vereinbarten Boni ausgezahlt werden. Was meinen dazu die Kommentare?
T. Janzer: Fündig geworden bin ich nur in der Mladá Fronta Dnes. Vielleicht aber vorab noch einmal für unsere Hörer zur Information: Im Spätsommer vergangenen Jahres war herausgekommen, dass der ČSA insgesamt umgerechnet 150 Millionen Euro fehlen. Das hat den Vorstandsvorsitzenden Radomír Lašák unter starken Druck gebracht. Letztlich abberufen wurden er und sein Team aus einem anderen, wenn auch mit den Schulden verbundenen Grund: Die Privatisierung des Unternehmens schlug nämlich fehl. Zugleich kam heraus, dass den geschassten Managern aber eigentlich insgesamt umgerechnet fünf Millionen Euro an Boni zustehen. Der Kommentator Pavel Páral begrüßt nun, dass Kalousek die Boni gestrichen hat. Er schreibt aber auch, das sei nicht genug. Es müsse auch allgemein ein anderer Umgang mit Staatsunternehmen her:
„Es wäre langsam auch gut, staatliche Firmen nicht mehr als Lehensgüter der Politiker zu betrachten. Das heißt, dass die Politiker nicht mehr nach Belieben mit ihnen verfahren könnten und personelle Änderungen immer öffentlich ordnungsgemäß begründen müssten. Vor allem sollte dann das tatsächliche Ergebnis der Arbeit der Unternehmenschefs beurteilt werden und nicht, wer die Manager in die Position gehievt hat.“
Moderator: Soweit die Manager-Boni, die auch in Deutschland und anderswo in der Welt in den letzten Jahren immer wieder zum Streitpunkt geworden sind. Abschließend aber noch ein etwas leichteres Thema. Die tschechische Fußballliga startet ja bereits an diesem Wochenende in eine neue Saison…
T. Janzer: Das ist allerdings nur auf den ersten Blick ein leichtes Thema. Denn es geht auch ums liebe Geld. Ondřej Suchan schreibt in der Lidové noviny, dass die Zeit der vermögenden Fußballmäzene wie in den 90er Jahren vorbei sei. Aber nicht überall seien Firmen oder Firmengruppen als Sponsoren in die Lücke gestoßen. Er nennt als Beispiel die Aufsteiger in die höchste tschechische Spielklasse, die Teams aus Hradec Králové in Ostböhmen und Ústí nad Labem in Nordböhmen. Dort besitzen nämlich jeweils die Stadt 100 Prozent bzw. 70 Prozent der Vereinsaktien:
„Dies sollte vor allem dem Exekutivausschuss des Böhmisch-mährischen Fußballverbandes Sorgenfalten auf der Stirn machen. Die Kommunalwahlen rücken näher und nirgendwo steht geschrieben, dass die neuen Stadtverordneten für den Erstligafußball dasselbe Verständnis aufbringen wie ihre Vorgänger. (…) Die Geschichte der Vereine aus Hradec und Ústí deutet an, dass man nun definitiv fragen sollte, ob dem Fußball nicht eine Verkleinerung der ersten Liga gut täte. Dagegen haben sich die Verbandsfunktionäre bisher ausdauernd gesperrt.“