Gewerkschaften erinnern an Generalstreik 1989 und ihre Demokratisierung

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Am Dienstag kommt der tschechische Gewerkschaftsdachverband ČMKOS zu einer feierlichen Sondersitzung zusammen. In Anwesenheit von Premier Fischer erinnern die Gewerkschafter an den Generalstreik von 1989 und ihren Wandel zu freien sozialen Verhandlungspartnern im marktwirtschaftlichen System.

Generalstreik,  27. November 1989  (Foto: ČTK)
Am 27. November 1989 wurde in der Tschechoslowakei der Generalstreik ausgerufen. Bei den diesjährigen Feierlichkeiten zur Samtenen Revolution sei die Bedeutung des Streiks aber nicht sonderlich gewürdigt worden, bemängelt Jana Kašparová, Sprecherin des Gewerkschaftsdachverbandes ČMKOS:

„Der Streik war bedeutend, weil er über die Unumkehrbarkeit des revolutionären Prozesses entschied. Es ist schon erstaunlich, wie wenig Aufmerksamkeit beim Erinnern der Generalstreik und die Streikkomitees erhalten.“

In einem Interview für den Tschechischen Rundfunk strich am Dienstag auch Gewerkschaftsführer Milan Štěch die Bedeutung des Streiks heraus. Štěch erinnerte daran, dass die Gewerkschaften mit dem politischen Wandel vor 20 Jahren vor eine völlig neue Situation gestellt waren. Damals begannen sie mit den Arbeitgebern frei über Arbeitnehmerrechte und Tarife zu verhandeln, doch Erfahrung hatten sie damit nicht. Man glaubte, soziale Partnerschaft ließe sich jenseits von Politik umsetzen, so Štěch:

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„Bis 1991/92 haben wir uns wirklich gewünscht und alles daran gesetzt, dass wir nicht in die Politik gehen müssen. Aber die Kollegen aus dem Westen und vor allem aus Skandinavien sagten: Wir seien naiv. Wir würden nicht einfach die gleichen Voraussetzungen erhalten und man werde versuchen, per Gesetz und über die Wirtschaftskraft der Arbeitgeber unsere Lage zu verschlechtern.“

In der Folge suchten sich die Gewerkschaften politische Partner – oder sie gingen gleich selbst in die Politik. So auch Milan Štěch. Er ist heute zugleich Vorsitzender des ČMKOS und sozialdemokratischer Senator. Wie aber funktionierte in den Folgejahren die Zusammenarbeit mit den höchsten politischen Vertretern? Im Gespräch für den Rundfunk ließ Štěch die bisherigen tschechischen Premierminister Revue passieren:

„Die größten Auseinandersetzungen gab es mit dem ersten tschechischen Premier, Václav Klaus. Dieser hat von Anfang an am meisten Probleme in die Beziehungen getragen“, so Štěch.

Klaus verfocht eine ultraliberale Wirtschaftsrichtung. Das Schlagwort damals: „Marktwirtschaft ohne Attribute“. Und der beste Premier? Selbstverständlich sei dies der sozialdemokratische Premier Vladimír Špidla gewesen, der derzeit noch amtierende tschechische EU-Kommissar für Arbeit und Soziales. Aber auch gegen Špidla habe es Vorbehalte gegeben, so Štěch. Für seine seriöse Verhandlungsweise lobte der Gewerkschaftsboss zudem den amtierenden Premier Jan Fischer, eine abschließende Wertung sei indes verfrüht.