EU-Vorsitz im Eimer - Entropa verschwindet
Sofort nach seiner Installation hat das Kunstwerk die politischen Gemüter erhitzt. Inzwischen hat man sich einigermaßen daran gewöhnt, doch nun soll es bald wieder beseitigt werden. Die Rede ist vom multimedialen Puzzle namens Entropa, das seit dem Januar den tschechischen EU-Vorsitz im Brüsseler Ratsgebäude präsentiert. Der tschechische Bildhauer David Černý entschied sich, sein Werk abzumontieren.
Entropa wird nicht wie vorgesehen bis zum Ende der tschechischen EU-Präsidentschaft im Ratsgebäude hängen. David Černý will das Werk entfernen, sobald das neue tschechische Beamtenkabinett die Regierungsgeschäfte übernimmt.
„Wir werden am 11. Mai beginnen, Entropa auseinander zu nehmen. Damit möchte ich meinen politischen Standpunkt zum Ausdruck bringen: Ich stimme der Art und Weise, wie die Regierung Topolánek gestürzt wurde, nicht zu, denn das war wirklich eine Schande.“
Im Gespräch für die Freitagausgabe der Tageszeitung Mladá Fronta Dnes bezeichnete der Bildhauer den Regierungssturz vom März als Hochverrat, hinter dem seiner Meinung nach Präsident Klaus und bolschewistische Strukturen stehen. Dass ihn der tschechische Staat für die Beseitigung von Entropa mit Sanktionen bestrafen wird, befürchtet Černý nicht:
„Ich habe das Geld, das ich dafür bekommen habe, zurückgegeben, also schulde ich dem Staat gar nichts. Die Sache gehört mir, und ich werde sie abtransportieren. Wir haben einen Vertrag geschlossen, dem zufolge ich das Werk für eine Krone vermiete. Aber bis wann ich es vermiete, das hängt allein von mir ab.“Als die etwas ungewöhnliche Landkarte Europas im Januar in Brüssel enthüllt wurde, sorgte sie mehrfach für Aufsehen. Erstens stellte sich heraus, dass es dem Bildhauer gelungen ist, auch die tschechischen Politiker in die Irre zu führen. Denn die Plastik ist nicht in Zusammenarbeit mit 26 Künstlern aus den weiteren EU-Ländern entstanden, wie Anfangs angekündigt wurde. Zudem wagte David Černý ein provokatives Spiel mit Stereotypen, das nicht bei allen Ländern Begeisterung hervorrief. So musste ein Teil des Puzzles, der Bulgarien als ein Land von Hocktoiletten darstellte, verhüllt werden.
Unter den EU-Parlamentariern hat Entropa jedoch auch zahlreiche Anhänger gefunden. Die österreichische Abgeordnete Karin Reseratis war von Entropa begeistert. Černý hat ihrer Meinung nach einen großen Beitrag für Europa geleistet. Denn Kunst sei, so Reseratis, dann am stärksten, wenn sie uns mitten ins Herz treffe. Nur dann bewirke sie Bewegung und Veränderung.
Entropa-Fans brauchen jedoch nicht traurig zu sein. David Černý hat vor, sein europäisches Puzzle Ende Mai in der Galerie Dox im Prager Stadtteil Holešovice auszustellen.