Presseschau – und außerdem: das Medienverhalten tschechischer Kinder

Herzlich willkommen zum Medienspiegel. Es gibt eine neue Untersuchung zum Medien- und Freizeitverhalten tschechischer Kinder. Darüber haben wir mit Hana Friedlaenderová von der Agentur „Media research“ gesprochen, die über 800 Kinder befragt hat. Doch zunächst unsere kleine Presseschau.

Eine Wirtschaftszeitung wie die „Hospodářské noviny“ hat natürlich in Zeiten wie diesen thematisch Hochkonjunktur. Und so hat sich das Blatt am Dienstag auch entschlossen, gleich eine Doppelseite mit dem Obertitel: „Die Krise in Tschechien“ zu bringen. Was macht Tschechien in der Krise anders als andere europäische Staaten? Die Schlagzeile: „Die Welt macht Rekordausgaben. Tschechen wollen sparen – Der Regierungsplan zur Lösung der Krise gehört zu den bescheidensten in Europa – Die Sozialdemokraten wollen zur Stützung der Wirtschaft zig Milliarden mehr“. Der frisch gebackene Nationale Wirtschaftsrat ist sich mit Finanzminister Kalousek einig. Geringere Sozialversicherungsabgaben, staatliche Bürgschaften für Unternehmenskredite, schnellere Abschreibungen, Investitionen in Bildung und Wissenschaft - und vielleicht einer staatlicher Bonus für einen Neuwagenkauf. Das sind einige der möglichen Zutaten. Manche davon kennt man schon aus Deutschland. Der Unterschied? In Tschechien sollen erst die Maßnahmen geprüft werden, dann kommen Zahlen auf den Tisch.

Am Dienstag wurde der britisch-tschechische Architekt Jan Kaplický beerdigt, der den Entwurf für die umstrittene futuristische Nationalbibliothek gemacht hat. Kaplický starb auf der Straße an Herzversagen; wenige Stunden zuvor war seine Tochter Johanka geboren worden. Die „Lidové noviny“ zitiert aus einem Brief vom im Krankenhaus liegenden Václav Havel an Johanka und zwar zu ihrem zwölften Geburtstag: „Er ging in Gedanken an Dich und Deine Mama“. In seinem Zukunfts-Brief trotzt Havel im übrigen auch allen Gegnern der Nationalbibliothek und geht davon aus, dass der Kaplický-Bau dort steht, wo er geplant war – auf der Letna-Ebene in Nachbarschaft zur Burg. Havel, der Visionär.

Zum Schluss noch einmal Politik: Erst gab es sie überall, dann haben einige sozialdemokratisch regierte Kreise sie subventioniert und kurz vor Weihnachten hat sie das Abgeordnetenhaus mehrheitlich abgeschafft, muss aber nach der Eingabe des Senats noch einmal abstimmen. Die Rede ist von der kurzen aber langatmigen Geschichte der Arzt- und Krankenhausgebühren. Die „Mladá fronta Dnes“ titelt: „Arztgebühren 14 x anders. Wie ist es bei Ihnen?“ und hilft den Bürgern aus allen 14 Kreisen sich zu orientieren.


Foto: Štěpánka Budková
Kinder sind die Zukunft – so heißt es immer wieder. Sie sind daher wichtig für die gesamte Gesellschaft und sie sind auch eine wichtige Zielgruppe für alle möglichen Medien. Die Agentur „Media research“ hat im Auftrag unter anderem des Tschechischen Fernsehens das Medien- und Freizeitverhalten von Kindern im Alter zwischen 4 und 14 Jahren genauer unter die Lupe genommen. Leiterin des Projekts war Hana Friedlaenderová.

Frau Friedlaenderová, wie sind sie methodisch an die Sache herangegangen, um das Medien- und Freizeitverhalten tschechischer Kinder zu analysieren?

„Wir haben für die Untersuchung 800 Kindern einen Fragebogen vorgelegt. Kinder im Alter von 4 bis 9 Jahren wurden in Anwesenheit ihrer Eltern befragt. Die ältere Kategorie von 10 bis 14 Jahre hat selbständig geantwortet.“

Mit welchen Fragen haben Sie denn versucht, das Medien- und Freizeitverhalten der Kinder zu analysieren?

„Wir haben zunächst nach den soziodemografischen Angaben gefragt. Es ging zum Beispiel auch darum, ob das Kind überhaupt ein eigenes Zimmer hat und wie das Zimmer ausgestattet ist. Inhaltlich ging es natürlich darum, welche Medien die Kinder konsumieren, wie lange und was die einzelnen Medien für sie und ihre Freizeit bedeuten. Ein weiterer Teil drehte sich um die Frage, wie die Kinder ihre Freizeit einteilen und verbringen. Die Kinder mussten dafür ein Tagesschema ausfüllen. Wir haben auch danach gefragt, welche Tätigkeiten sie mit einem besonders schönen Tag verbinden und welche mit einem besonders langweiligen Tag. Das alles hat uns Einblick gegeben in das Medien- und Freizeitverhalten der Kinder.“

Waren einige der Untersuchungsergebnisse für Sie überraschend? Was hat sie am meisten erstaunt?

„Was mich also etwas negativ überrascht hat, war die Tatsache, dass die tschechischen Kinder von ihren Eltern relativ wenig kontrolliert werden. Meiner Ansicht nach widmen die tschechischen Eltern dem Medienverhalten ihrer Kinder zu wenig Aufmerksamkeit. Sie schauen selten darauf, was die Kinder konsumieren, wann sie konsumieren, wie sie das konsumieren und welche Folgen das für die Kinder haben kann. Wie unsere Untersuchung gezeigt hat, war die Kontrolle durch die Eltern alles andere als systematisch. Das hat mich schon ein bisschen überrascht.“

Mittlerweile haben gut situierte Kinder ja fast alle Medien zur Verfügung vom Fernseher über den mp3-Player bis hin zum Computer – natürlich abhängig vom Alter. Welches Medium ist den heutzutage das beliebteste?

„Die Frage ist so pauschal schwer zu beantworten, aber wenn man die tschechischen Kinder allgemein betrachtet, dann ist das Fernsehen immer noch das dominanteste Medium, das am unterhaltsamsten für sie ist und mit dem sie am meisten Zeit verbringen. Trotzdem können wir schon beobachten, dass das Internet dem Fernsehen in vieler Hinsicht auf der Spur ist. Wenn Kinder einen eigenen Internetanschluss im Kinderzimmer haben, dann sind Konsum und Beliebtheit von Fernsehen und Internet durchaus vergleichbar.“

Bleiben wir mal beim Fernsehen. Wie viel Zeit verbringen tschechische Kinder vor der Flimmerkiste?

„Bei der jüngeren Alterskategorie lag der Wert wochentags ungefähr bei einer Stunde und 20 Minuten, bei den Älteren bei einer Stunde und 50 Minuten. Am Wochenende sitzen die Kinder beider Alterklassen noch eine halbe Stunde länger vor dem Fernseher.“

Ist das Fernsehen denn noch eine Freizeitbeschäftigung für die ganze Familie, zum Beispiel am Wochenende, wie das ja früher oft der Fall war?

„Um die 50 Prozent der Kinder, also die Hälfte, hat einen eigenen Fernseher auf dem Zimmer. Von diesen Kindern, die also einen eigenen Fernseher haben, hat wiederum die Hälfte angegeben, dass sie am häufigsten eben bei sich im Zimmer fernsieht. Das ist sicher eine wichtige Erkenntnis. Einen eigenen Fernseher auf dem Zimmer zu haben, fördert erheblich, dass die Kinder auch alleine davor sitzen. Das hat auch unserer Untersuchung bestätigt. Die Kinder sehen am häufigsten allein oder mit ihren Geschwistern fern. Nicht mehr mit den Eltern.“

Hana Friedlaendová von der Agentur „Media research“ über das Medien- und Freizeitverhalten tschechischer Kinder. In der kommenden Woche werden wir uns eingehender mit dem Internet-Konsum befassen.