Sprachliche Minenfelder, Wahlverlierer und die Feuerwehr
Wie alle zwei Wochen haben wir für unser Hörerforum auch nun wieder in unserer umfangreichen Postmappe geblättert. Nun haben also wieder Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, das Wort.
Wir bleiben beim Thema Empfang. Immer noch erreichen uns von Ihnen Antworten auf die Frage, die uns – und Ihnen – Michael Lindner aus Triptis vor nun schon vier Wochen stellte. Erinnern Sie sich? Er wollte wissen: „Sind DXer Exoten?“ Von Ulrich Wicke aus Felsberg kam dazu nun ein eindeutiges „Ja!“. Er meint außerdem:
„Einem Nicht-DXer zu erklären, worum es bei unserem Hobby eigentlich geht, ist ein hartes Stück Arbeit. Dass es Rundfunkstationen gibt, die in Fremdsprachen für das Ausland senden, liegt für viele Menschen offenbar weit außerhalb jeglichen Vorstellungsvermögens.“
Apropos Fremdsprache: Lernen Sie vielleicht gerade eine? Eventuell sogar Tschechisch? Dann wird Sie folgender (Leidens-)Bericht von Peter Ködel aus Aarhus in Dänemark interessieren, vielleicht auch amüsieren:
„Ich bemühe mich schon seit langer Zeit, in die Geheimnisse der tschechischen Sprache einzudringen. Sie ist dermaßen mit völlig unnötigen grammatischen Minenfeldern übersät, dass sie sich mir in meiner gesamten noch verbleibenden Lebenszeit nicht auch nur annähernd vollständig eröffnen wird. In voller Akzeptanz für die tschechische Sprachkultur, muss ich Ihnen dennoch sagen, dass andere kulturell hoch stehende und reiche Sprachen diese Vielfalt von Fallgruben nicht in sich bergen.“
Wenn mir die persönliche Bemerkung erlaubt ist: Ich kann Sie gut verstehen, Herr Ködel. Als ich begonnen habe Tschechisch zu lernen, hielt ich die tschechische Grammatik auch für reine Schikane. Hatte man sich gerade mit einer Merkwürdigkeit abgefunden, musste man schon wieder die nächste lernen. Aber ich kann Ihnen sagen: Es lohnt sich! Darüber hinaus fällt mir immer wieder ein, wie schwer es beispielsweise für Tschechen sein muss, Deutsch zu lernen. Auch unsere Sprache weist da einige Fallgruben auf. Gespräche mit Tschechinnen und Tschechen, die Deutsch lernen, bestätigen das immer wieder aufs Neue.
Die innenpolitischen Entwicklungen in Tschechien haben Engelbert Borkner aus Hildesheim zu folgenden Zeilen veranlasst:
„Als ich in den Nachrichten die Ergebnisse der Kreiswahlen hörte, war ich doch etwas überrascht, dass die Sozialdemokraten einen glatten Durchmarsch geschafft haben. Natürlich muss ein Schuldiger gefunden werden, und daher muss nun scheinbar Premierminister Topolánek seinen Kopf herhalten. Man sollte aber erstmal Ursachenforschung betreiben und erst dann den Schuldspruch fällen, denn einer allein trägt nie die Schuld.“
Auch wir in der Reaktion waren von dem Wahlergebnis überrascht. Mit einem Sieg der Sozialdemokraten war zwar zu rechnen gewesen, in seiner Deutlichkeit fiel er aber unerwartet hoch aus. Es ist zwar nur in den Kreisen gewählt worden, dennoch werden die Wahlen als ein Referendum über den Kurs der Regierung in Prag gewertet. Und deren Chef ist Mirek Topolánek. In seiner Partei, den Bürgerdemokraten, ist nun der große Streit darüber entbrannt, welche Konsequenzen aus der Wahlniederlage gezogen werden müssen. Dabei fordern einige bei den Bürgerdemokraten einen Wechsel an der Spitze der Partei. Den Parteivorsitz hat ebenfalls Mirek Topolánek inne. Am 5. Dezember halten die Bürgerdemokraten Parteitag. Dort wird es zu einer Kampfkandidatur um den Vorsitz kommen. Der Prager Oberbürgermeister Pavel Bém fordert Topolánek heraus. Das Thema wird uns also sicher noch eine Weile beschäftigen.
Am 16. Oktober stand der Prager Industriepalast in Flammen. Bei dem Großbrand ist ein ganzer Flügel des denkmalgeschützten Baues aus dem Jahre 1891 abgebrannt. Kunsthistoriker sind erschüttert. Harry Niebuhr aus Celle hat unsere Berichte über den Brand gehört; ihm fiel dabei diese Frage ein:
„Gibt es in Tschechien – wie hier in Deutschland – ein Mischsystem aus freiwilligen und Berufsfeuerwehren?“
Das wollte ich dann auch von meiner Kollegin Martina Schneibergová wissen, die auch sogleich Auskunft geben konnte.
„Die Feuerwehr in Tschechien ist ähnlich organisiert wie in Deutschland. Es gibt sowohl Berufsfeuerwehren als auch freiwillige Feuerwehren. Die hauptberuflichen Feuerwehrmänner (und Feuerwehrfrauen!) sind in einer landesweiten Organisation zusammengefasst, dem so genannten ´Hasičský záchranný sbor´. ‚Hasiči’ ist das ältere tschechische Wort für Feuerwehr. Richtiger wäre eigentlich ‚Požárnici’, ‚požár‘ bedeutet Brand. Freiwillige Feuerwehren gibt es auch. Oft werden sie von Gemeinden finanziell unterstützt. In vielen kleineren Ortschaften gibt es nämlich keine Berufsfeuerwehrverbände. Bei Bedarf müssen die Berufsfeuerwehren dann aus der nächsten größeren Stadt anrücken. So etwas konnte man zum Beispiel während der großen Flutkatastrophe 2002 erleben. Damals waren wohl alle Feuerwehrmänner in ganz Tschechien voll beschäftigt. Oft spielen die Feuerwehren in Tschechien, besonders in ländlichen Regionen, auch eine wichtige Rolle im gesellschaftlichen Leben der Dörfer. Sie organisieren zum Beispiel ganz lustige Dorffeste. Einen Eindruck davon kann man in dem wunderbaren Film ‚Hoří má panenko’ (Der Feuerwehrball) von Milos Forman bekommen. Der ist zwar schon über 40 Jahre alt, aber in mancher Hinsicht zeigt er auch heute noch, welche Rolle die Feuerwehr in einigen Gegenden in Tschechien spielt.“
Übrigens: Sollten Sie einmal in Tschechien sein und die Feuerwehr brauchen, müssen Sie auf dem Telefon die Nummer 150 wählen. Aber Vorsicht: ein Missbrauch der Nummer ist strafbar! Aber wollen wir nicht hoffen, dass Sie die Nummer jemals brauchen werden!
Damit sind wir schon wieder am Ende des heutigen Hörerforums angelangt. Wir freuen uns auch weiterhin über Ihre Briefe, Postkarten, E-Mails und Empfangsberichte! Schicken Sie Ihre Post bitte an Radio Prag – Deutschsprachige Redaktion, Vinohradská 12, 120 99 Praha 2, Tschechische Republik. Oder per E-Mail an [email protected]. Machen Sie es gut und auf Wiederhören in zwei Wochen!