Der sechste Sinn – magnetische Ausrichtung bei Kühen

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Lachse, Brieftauben und Termiten haben ihn schon lange – nun wurde der Magnetsinn auch bei Kühen und Damwild entdeckt. Das deutsch-tschechische Forschungsteam unter der Leitung Prof. Dr. Hynek Burdas sorgte im Besonderen durch seine innovative Methode für Aufsehen: Über Google Earth beobachteten die Wissenschaftler insgesamt über 8500 Kühe auf 308 Weiden. Dennis Rauschenbach sprach mit dem Leiter des Forschungsteams, Prof. Dr. Hynek Burda vom Institut für Allgemeine Zoologie der Universität Duisburg-Essen.

Schon seit Jahrzehnten ist es bekannt: Zugvögel, Brieftauben, aber auch Lachse und Insekten orientieren sich am magnetischen Nordpol. Und nun ist klar: Auch fast 70 Prozent aller Rinder richten sich beim Weiden, Grasen oder Schlafen bevorzugt am Nordpol aus – jedenfalls wenn Sonne und Wind keine bessere Richtung weisen. Den aus Tschechien stammenden Duisburg-Essener Zoologen Hynek Burda interessiert der Magnetsinn bei Säugern schon lange.

„Seit etwa 20 Jahren haben wir uns schon mit dem Magnetsinn beschäftigt, aber vor allem bei kleinen Nagetieren, unterirdisch lebenden afrikanischen Graumullen und Blindmäusen. Und nun war die Frage da, ob sich auch größere Tiere und auch der Mensch magnetisch orientieren können.“

Nahezu zufällig fand er eine erstaunliche Antwort auf Google Earth:

„Ich habe auf Google Earth geschaut und zunächst eine Kuhweide in Holland gesehen. Auf dieser Weide waren alle Kühe nach Norden ausgerichtet. Die Frage war: Ist das ein Zufall oder nicht? Wir haben uns etwa 310 Weiden in der ganzen Welt angeschaut. Insgesamt waren es fast 9000 Kühe, und wir können sagen, dass etwa 70 Prozent dieser Kühe in der Nord-Süd-Achse ausgerichtet waren.“

Parallel dazu folgten Burda und seine Kollegen aus Prag, České Budějovice und Rhein-Ruhr dann in einer Felduntersuchung auch dem Damwild auf die deutsch-tschechischen Gipfel des Böhmerwaldes und Bayerischen Waldes. Hier konnten sie anhand so genannter „Hirschbetten“ – das sind die Schlafspuren der Wildtiere im Schnee – die Nord-Süd-Präferenz der Tiere gemäß dem Erdmagnetfeld eindeutig belegen.

„Das war eine zufällige Entdeckung. Um Missverständnisse aus dem Weg zu räumen muss ich gleich sagen, dass es nicht darum geht, dass die Hirsche oder Kühe stets nur mit dem Kopf nach Norden stehen. Aber sie suchen bevorzugt diese Position. Das heißt, diese Körperposition ist gegenüber allen anderen Richtungen überrepräsentiert.“

So konnte die sehr erfolgreiche deutsch-tschechische akademische Zusammenarbeit Burdas das magnetische Phänomen nun erstmalig bei großen Säugern aufzeigen. Sitz und Prinzip des Sinnsorgans werden in weiteren Untersuchungen erforscht. Eine weitere Frage ist, welchen Rang diese wissenschaftliche Erkenntnis für den Menschen haben könnte.

„Aber beim Menschen ist es schwierig so etwas zu untersuchen, zu erforschen. Denn das Magnetfeld in Gebäuden ist üblicherweise gestört durch Stahl und Beton, außerdem sind seine Schlafpositionen beeinflusst durch Architektur, Gewohnheiten, Aberglauben und was auch immer.“