Rettet die Langschnauzer - seltene Krokodil-Art findet Heimat im Prager Zoo
In der letzten Zeit konnte man sie auf vielen Plakaten in der Prager Innenstadt sehen: die olivgrünen Krokodile mit den langen schmalen Schnauzen, die am Schnauzen-Ende eine ungewöhnliche Verdickung hatten. Die Plakate propagieren keinen neuen Horrorfilm, sondern laden zum Besuch des Prager Zoos ein. Die einzigartigen Reptilien heißen Ganges-Gaviale.
„Es gibt hier 150 Anlagen mit fast 4.500 Tieren. Wir respektieren alle Tiere und kümmern uns um sie. Wie es schon so oft ist, ziehen einige der Tierarten die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit mehr auf sich als andere. Das mag mit den erschwerten Bedingungen zusammenhängen, in denen sie in der Natur leben oder mit den Umständen, unter denen sie in den Prager Zoo gelangten. Sie tragen dann besonders zum guten Ruf und zur Popularität des Tierparks bei - nicht nur in Tschechien, sondern auch im Ausland.“
Zu den Tieren, die den Prager Zoo in ganz Tschechien berühmt gemacht haben, gehören zweifelsohne die Gorillas. Gorillas werden in tschechischen Zoos schon seit 40 Jahren gezüchtet. Aber erst in der neuen Anlage, die nach der Flutkatastrophe erbaut wurde, gelang es dem Prager Tierpark, das erste Gorilla-Baby zur Welt zu bringen. Das erweckte auch weit über die Grenzen Tschechiens hinaus große Aufmerksamkeit. Zum guten Ruf des Zoos trägt aber genauso der größte der Pavillons bei – nämlich der Pavillon des indonesischen Dschungels, der 2004 eröffnet wurde. Und nicht zuletzt stellen die Bewohner des gerade neu eröffneten Pavillons Tschambal eine Rarität im internationalen Maßstab dar: Die Gaviale oder genauer gesagt Ganges-Gaviale gehören nämlich zu den am stärksten gefährdeten Tieren der Welt.In den Zoos der ganzen Welt leben insgesamt nur noch 19 Ganges-Gaviale. Neben Indien kann man sie noch in den Zoos in den USA, Japan, Singapur und auf Sri Lanka sehen. Der Prager Zoo ist der einzige Tierpark in Europa, in dem man die Gaviale besichtigen kann. In der Natur leben nicht mehr als 200 erwachsene Tiere, und zwar nur in Indien und in Nepal. Petr Fejk:
„Die Zucht dieser so stark gefährdeten Tiere in unserem Zoo kann man mit der Zucht der Przewalski-Pferde in den sechziger Jahren vergleichen. Damals war der Prager Tierpark einer von zwei Tierparks, in denen es diese Pferde noch gab. Es bestand die Gefahr, dass das Przewalski-Pferd ausstirbt. Dank des Rettungsprogramms des Zoos gelang es, das Pferd wieder in die mongolische Steppe zurückzubringen. In einer ähnlichen Situation befinden sich heutzutage die Gaviale. Es ist ein kleines Wunder, dass es überhaupt gelungen ist, die Tiere nach Prag zu bringen.“Der Prager Zoo arbeitete bei der Rettung der seltenen Krokodile mit dem indischen Madras Crocodile Bank Trust zusammen. Für die Krokodile wurde, gleich neben dem Gehege für die großen Säugetiere, eine neue Anlage erbaut. Der Pavillon wurde nach dem indischen Fluss Tschambal benannt, in dem zurzeit die meisten Gaviale leben. Die neue Asylstätte der sieben Krokodile wurde, mit indischer Musik untermalt, eröffnet.
Ivan Rehák ist Präsident der Tschechischen Herpetologischen Gesellschaft, ein Experte für Kriechtiere also. Er war bei den Vorbereitungen für den Transport der wertvollen Krokodile aus Indien nach Prag mit dabei. Rehák zufolge verbindet der Prager Zoo die Tierzucht mit der Unterstützung der gefährdeten Tiere in der Natur sehr gut. Gaviale seien heutzutage sehr schlecht dran, sagt der Experte:“Der Gavial ist das am stärksten gefährdete große Tier auf dem indischen Subkontinent. Er ist 20. Mal mehr gefährdet als der Tiger. Diese Tatsache wird oft übersehen. Wir haben uns deswegen entschieden, das Problem aus den Expertenkreisen auf die Ebene der Zoos zu übertragen. Dem Weltverband für Zoologische Gärten und Aquarien (WAZA) haben wir eine Resolution zur Rettung der Ganges-Gaviale vorgelegt, die im August des vergangenen Jahres verabschiedet wurde. Das war von großer Bedeutung, denn eine solche Resolution eröffnet die Möglichkeit, Kampagnen für die Rettung des gefährdeten Tiers durchzuführen.“
Die Bemühungen des Prager Zoos um die Rettung der Gaviale tragen Ivan Rehák zufolge zum Renommee des Zoo bei:„Wir sind eine herpetologische Großmacht. Als sich die indischen Behörden entschieden, einige Gaviale nach Prag zu schicken, wollten sie sicher sein, dass die Tiere hier gut gepflegt werden.“
Für die sieben Prager Ganges-Gaviale, die bis zu 7 Meter lang werden können, wurde im neuen Pavillon die Umgebung eines Flusses nachgebaut. Nicht einmal Sandbänke fehlen dort. Die technische Ausstattung ermöglicht den Tieren, sich auch an kühleren Tagen draußen zu bewegen. Nur bei Frost können sie den Pavillon nicht verlassen. Petr Velenský ist für die neue Anlage verantwortlich. Die Gaviale seien in einem hervorragenden Zustand nach Prag angekommen, sagt Petr Velenský.„Während der ersten Woche nach ihrer Ankunft habe ich mit Ivan Rehák den Pavillon fast nie verlassen. Die Gaviale sind zum Glück sehr kluge Tiere und sie haben sich an den Testbetrieb sowie an die Zoo-Besucher sehr schnell gewöhnt. Sie machen uns viel Freude und es geht ihnen fabelhaft. Wir hoffen natürlich, dass sich die Gaviale vermehren werden. Da müssen wir aber abwarten. Die Tiere, von denen vier Weibchen sind, sind 3,5 Jahre alt. In der Natur werden sie erst mit dem 16. Jahr erwachsen. Wir könnten die Entwicklung ein bisschen beschleunigen, aber früher als in zehn Jahren werden sie sich bestimmt nicht fortpflanzen können.“
Als „Schlager der Saison“ werden die langschnäuzigen Reptilien auf der Webseite des Zoos bezeichnet. Einer noch größeren Berühmtheit als die Gaviale heute, erfreute sich 2002 ein anderer Bewohner des Prager Zoos. Während der verheerenden Flutkatastrophe verließ er jedoch den Zoo, durchschwamm die Moldau und die Elbe in Richtung Dresden. Den tapferen Flüchtling aus dem Zoo ereilte dann aber leider ein trauriges Schicksal, das sogar in einem Theaterstück für Kinder bearbeitet wurde. Falls Sie wissen, um welches Tier es sich hierbei handelt, dann schreiben sie uns. Denn das ist unsere heutige Quizfrage, für deren richtige Beantwortung Sie ein Buch über Prag gewinnen können. Ihre Zuschriften richten Sie bitte an Radio Prag, Vinohradska 12, PLZ 120 99 Prag 2. Natürlich können Sie auch unsere Mailadresse nutzen: [email protected].Die richtige Antwort auf die Frage vom Juni lautet: Mozarts La clemenza die Tito wurde 1791 im Prager Nostitztheater (dem heutigen Ständetheater) uraufgeführt. Ein Buch geht diesmal an Herbert Jörger aus Bühl.
Fotos: Kristýna Maková