Liebe geht durch den Magen: Festival deutschsprachiger Kultur in Budweis
Die südböhmische Stadt České Budějovice / Budweis lebt derzeit mit der deutschsprachigen Kultur. Das dortige Goethe-Zentrum organisiert eine ganze Reihe von Programmen für verschiedene Gruppen von Interessenten.
„Eigentlich gibt es aus jedem Bereich der Kultur mindestens eine Veranstaltung. Wir haben Theater- und Filmaufführungen, Konzerte, Seminare, einen gastronomischen Abend. Das Ziel ist, die deutsche Sprache in einem weiten Spektrum zu präsentieren und die Leute zum Sprachenlernen zu motivieren. Dadurch haben wir ein breites Publikum: die Studenten der Südböhmischen Universität, die Schüler von Grund- und Mittelschulen und natürlich auch die Öffentlichkeit hier in Budweis.“
Budweis liegt ungefähr 50 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt, was viele Möglichkeiten für grenzüberschreitende Kontakte bietet. Die Lage der Region schlägt sich auch im Interesse an der deutschen Sprache nieder. Die Leute wollen Deutsch nicht nur lernen, sondern sich auch weiterbilden, wenn sie die Sprache schon beherrschen. Deshalb besuchen sie laut Jana Kadlecová die Veranstaltungen des Goethe-Zentrums und nutzen die Gelegenheit, deutsch zu hören und sprechen.
Als Delikatesse hatte das Goethe-Zentrum, wie schon erwähnt, einen gastronomischen Abend vorbereitet. In einer Budweiser Gaststätte kamen ungefähr 30 Leute zusammen, um verschiedene Spezialitäten aus deutschsprachigen Regionen zu verkosten.
„Da geht es eigentlich um die Diskussion und natürlich auch um das Essen. Wir stellen drei typische Gerichte vor; danach kommt dann immer der Koch und erklärt, wie das gekocht wird, wo das gegessen wird, wie oft die Leute das machen und wie es zubereitet wird. Die Gäste sind sowohl Tschechen als auch Deutsche und Österreicher. Zum Beispiel kam ein deutsches Ehepaar, das schon lange in Tschechien lebt. Ein anderes Ehepaar ist gemischt, bei ihm zu Hause wird entweder deutsch oder tschechisch gekocht. Gesprächsthema waren also die Unterschiede zwischen deutscher und tschechischer Küche.“
Einer der deutschsprachigen Gäste des kulinarischen Abends war Michael Hofmann. Er kommt aus Bremen und lebt seit vier Monaten lebt mit seiner Frau in Budweis.
„Ich mag die tschechische Küche und habe mich schon daran gewöhnt, Knödel zu essen. Die tschechische Küche ist ein bisschen schwerer als die deutsche, sie enthält mehr Fett und Mehlspeisen, aber das macht mir nichts. Beispielsweise ´Svíčková´, also Rindfleisch mit Knödeln, Sahnesauce und Preiselbeeren mag ich sehr gerne, meine Schwiegermutter macht dies wirklich sehr gut. Und zu welcher Speise würde ich die Tschechen nach Deutschland einladen? Es gibt keine einheitliche deutsche Küche, denn Deutschland ist relativ groß, aber zum Beispiel Spätzle mit Bratenfleisch kann ich empfehlen. Es gefällt mir, dass diese Spezialität hier den tschechischen Gästen vorgestellt wird.“
Die Bewohner von Budweis hatten auch die Möglichkeit, deutsche Filme kennen zu lernen. Für Schulklassen war etwa der Film „Die Weiße Massai“ geeignet - ein Streifen, der mit dem Thema Nation und Vergleich der Kulturen spielt. Für ein breites Publikum liefen im Budweiser Kino Kotva die Filme „Das Leben der Anderen“ und „Der letzte Zug“. Im Südböhmischen Theater war das Ensemble Galli aus Weimar mit dem Stück „Krasser Stoff“ zu Gast. Mit der Kindervorstellung „Ein Schaf fürs Leben“ gastierte wiederum das Theater Gingganz Scheden-Meesnsen. Aber auch diejenigen, die nicht so gut Deutsch sprechen, kommen auf ihre Kosten. Noch den ganzen November läuft im Kulturhaus Metropol die Fotoausstellung „Faszinazion Natur“ des bayerischen Vereins Natur Vision, erklärt Martin Stoudek aus einem Budweiser Gymnasium, das die Veranstaltung mitorganisiert.„Die Grundidee ist, die Naturschätze Europas vorzustellen, dass heißt, die Fotos müssen unbedingt in Europa aufgenommen worden sein. Man kann sagen, die Natur etwas Einfaches, aber in der Einfachheit liegt die Schönheit. Alles ist in Bewegung, das ist für die Aufnahme die schwierigste Sache. Der Fotograf kann die Tier nicht leiten und dem Storch zum Beispiel sagen: Fang den Frosch! Auf diese Aufnahme hat der Fotograf sechs Jahre lang gewartet. Die sechsjährige Arbeit bedeutet tausende Fotos. Er hat den vierten Preis gewonnen.“
Die Fotos stammen von einem internationalen Wettbewerb und wurden bereits in Deutschland ausgestellt. Tschechische Fotografen hatten an dieser Ausstellung aber diesmal noch nicht Teil genommen, was sich jedoch in Zukunft ändern soll.„Diese Ausstellung ist, finde ich, etwas Besonderes. Wir sind daran gewöhnt, dass die Deutschen Geld und die Tschechen Kreativität beisteuern. Hier ist es umgekehrt: Die Deutschen haben uns die Fotos gegeben, und die Schüler aus meinem Gymnasium haben die Ausstellung organisiert. Im Idealfall freue ich mich auf einen Gewinner aus Tschechien. Aber es gibt bei uns nicht so viele Fotografen, die sich dem Thema widmen; zudem hat der Veranstalter die Lage ein bisschen unterschätzt und die tschechischen Fotografen nicht angesprochen. Deshalb haben wir diese Ausstellung veranstaltet“, sagt Martin Stoudek.
Das Festival der deutschsprachigen Kultur wird Ende November mit einem Konzert mit Musik aus dem deutschen Barock abgeschlossen. Damit geht jedoch die Tätigkeit des Budweiser Goethe-Zentrums nicht zu Ende. Es bietet weiter Sprachkurse mit international anerkannten Prüfungen, Sprachberatung online, literarische Nachmittage oder Austauschprogramme für verschiedene Gruppen an. In der Bücherei stehen sowohl aktuelle deutsche Zeitungen und Zeitschriften, als auch deutschsprachige Literatur zur Verfügung. Künftig werden auch Lehrbücher, Fachpublikationen und multimediale Materialien angeboten. Und auf den Web-Seiten gibt es regelmäßig Wettbewerbe um DVDs und CDs.