Prager Nationalbibliothek: Debatte reißt nicht ab

Pavel Bem und Jan Kaplicky (rechts) bei der Fernsediskussion (Foto: CTK)

Noch steht sie nicht, allgemein bekannt sind nur ein paar Fotos ihres Modells, und doch ist sie in aller Munde. Die neue Nationalbibliothek aus der Feder des britisch-tschechischen Architekten Jan Kaplicky. Es vergeht kaum ein Tag, an dem man in den Zeitungen keinen Artikel zu diesem Thema findet. Die Angelegenheit zieht immer weitere Kreise. Und die Nation ist gespalten.

Prager Oberbürgermeister Pavel Bem  (Foto: CTK)
Das Verdikt der Internationalen Jury, die im März dem Entwurf von Jan Kaplicky den ersten Platz im ebenfalls internationalen Wettbewerb zugesprochen hat, war von Anfang an kontrovers. Als Initialzündung für die in jüngster Zeit entflammte Diskussion wirkte sich allerdings die Stellungnahme der bürgerdemokratischen Vertreter (ODS) im von ihnen beherrschten Prager Stadtrat aus: Sie unterstützen Kaplickys Projekt bei der anstehenden Abstimmung nicht. Um das entstandene "Feuer" zu löschen, hat der Prager Oberbürgermeister Pavel Bem (ODS) in der vergangenen Woche seine Visite in Moskau vorzeitig abgebrochen.

Beide Kontrahenten - Pavel Bem und Jan Kaplicky - trafen sich zu einem Meinungsaustausch vor laufenden Fernsehkameras. Danach beteuerte Bem, man sei an Kaplickys Bibliothek in Prag interessiert. Vereinbart wurde auch die Einrichtung einer Kommission mit dem Auftrag:

Pavel Bem und Jan Kaplicky  (rechts) bei der Fernsediskussion  (Foto: CTK)
"Schnellstmöglich eine Lösung der Situation zu suchen. Der Schusswechsel, der sich in den Medien abspielt, hilft nicht, vor allem, und das ist das Schlimmste, wird dabei kein Beitrag für das Vorhaben geleistet, eine neue Nationalbibliothek in Prag zu bauen," sagte Bem.

Während die Lösung gesucht wird, reißt die öffentliche Debatte über die Nationalbibliothek nicht ab. Ende vergangener Woche hat ihr Direktor Vlastimil Jezek ein neues Tröpfchen Öl ins Feuer gegossen, als er im Fernsehen sagte, die neue Bibliothek werde nicht, wie 2001 vorgesehen, zwei, sondern drei Milliarden Kronen, über 100 Millionen Euro, kosten. Jezek führt es auf den entstandenen Teufelskreis zurück. Mit Kaplicky habe man bis jetzt keinen Vertrag schließen können und ohne den Vertrag habe wiederum nicht die entsprechende Studie entstehen können, auf deren Grundlage kompetente Ökonomen ihre finanziellen Berechnungen präzisiert hätten:

"Wenn alles gut geht und der Bau der Bibliothek 2009 oder 2010 beginnen kann, muss man zumindest höhere Kostensätze für die Bauarbeiten sowie die vorgesehenen Änderungen der Mehrwertsteuersätze und ähnliches mehr einkalkulieren."

Nun, ein ganzer Haufen von Problemen türmt sich vor denjenigen auf, die den Bau der neuen Nationalbibliothek entweder verhindern oder aber durchsetzen wollen. Die Zeit drängt aber. Die Kapazitäten der bestehenden Lagerräume der Prager Nationalbibliothek werden bald ausgeschöpft sein. Bohdana Stoklasova, Abteilungsdirektorin für neuzeitliche Fonds und Dienstleistungen:

"2011 oder 2012 ist schon mit einem Kollaps zu rechnen, den wir schon einmal in den 90er Jahren erlebten. Damals waren wir nicht in der Lage, alle Dokumente zu beschriften und zu expedieren. Viele lagen in Kartons und das war ein trauriges Bild, das sich nicht mehr wiederholen sollte."