Neue Chance fürs digitale Fernsehen in Tschechien
In Tschechien schien der geplante Übergang vom analogen zum digitalen Fernsehen lange Zeit nicht zuletzt wegen der unklaren Gesetzeslage von Pech und Pannen begleitet zu sein. Doch nun hat ein Beschluss der Regierung dem digitalen Fernsehen eine neue Chance gegeben.
Die politische Sommerpause hat gerade erst begonnen. Trotzdem hat die tschechische Regierung in den vergangenen Tagen noch eine vor allem von den Medien viel beachtete Entscheidung getroffen. Sie beschloss eine Novelle des Mediengesetzes. Vom gesetzlichen Standpunkt aus betrachtet, gibt sie dem Start des digitalen Fernsehens in Tschechien damit endgültig grünes Licht.
Der bisherige Weg der Digitalisierung in Tschechien war keinesfalls ein leichter, denn war gepflastert von Schwierigkeiten und Verzögerungen. Dabei waren die Rahmenbedingungen klar: Auf Grund einer Richtlinie der Europäischen Kommission soll der Übergang von der analogen zur digitalen Verbreitung des Fernsehsignals, bis zum Jahr 2012 abgeschlossen sein.
Im April vergangenen Jahres schien sich zunächst eine Lösung abzuzeichnen. Zu diesem Zeitpunkt vergab der Tschechische Rundfunk- und Fernsehrat als oberste Aufsichtsbehörde digitale Sendelizenzen an sechs Bewerber. Doch bereits wenige Monate später folgte die große Ernüchterung. Die größte private Fernsehstation des Landes, der kommerzielle Sender TV Nova, kam bei diesem Auswahlverfahren zu kurz und zog vor Gericht. Mit Erfolg. Die Richter hoben kurzerhand die sechs vergebenen Lizenzen wieder auf. Die Einführung des digitalen Fernsehens in Tschechien aber schien somit in weite Ferne gerückt.
Doch nun startete die Regierung einen massiven Wiederbelebungsversuch. Laut der Gesetzesnovelle sollen nun alle Interessenten, die digital auf Sendung gehen wollen, dieses auch tun dürfen. Eine klassische Lizenzvergabe, wie sie bis zu diesem Zeitpunkt angewandt wurde, soll es demnach künftig nicht mehr geben. Das einzige Limit sollen die technischen Kapazitäten der Sendeanlagen sein. Jetzt muss das Gesetz nur noch vom Parlament abgesegnet werden.
Wenig Sorgen um die Digitallizenzen brauchen sich seit Beginn des Prozesses die staatlichen Sendeanstalten zu machen. Es stand nämlich von vornherein fest, dass für die nichtkommerziellen Sender des Landes, also für das Tschechische Fernsehen, sowie den Tschechischen Rundfunk, ein eigener Multiplexkanal reserviert wird. Damit hat das öffentlich-rechtliche Tschechische Fernsehen (Ceska televize) in dieser Hinsicht von Beginn an einen wichtigen Startvorteil gegenüber den privaten Anbietern, bzw. den neuen digitalen Fernsehstationen.
Verantwortlich für die Digitalisierung beim öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen ist Pavel Hanus. Radio Prag-Mitarbeiter Robert Schuster hat mit ihm gesprochen: Seit wann bereitet man sich auf den Übergang von der analogen zur digitalen Verbreitung der Programme vor?
"Natürlich bereitet sich das Tschechische Fernsehen auf diesen Prozess langfristig vor. Die wirklich intensive Arbeit begann irgendwann Ende 2004. Seit dieser Zeit läuft beim Fernsehen ein Digitalisierungsprozess, welcher alle Aspekte dieser Umstellung umfasst. Es geht ja nicht nur um die terrestrische Verbreitung des Signals, was die meisten Bewohner Tschechiens betrifft, sondern es bestehen noch weitere Fragen, beispielsweise zum digitalen Satelliten-Empfang, oder wenn es um Vorbereitungen für den Start des Handy-TV, oder um den Ausbau des Internet-Fernsehens geht. Die Umstellung von der herkömmlichen analogen terrestrischen Verbreitung des Signals auf eine digitale ist deshalb so schwierig, weil analoges terrestrisches Fernsehen hierzulande große Tradition hat. Die Veränderungen werden also jeden Einzelnen in der Tschechischen Republik betreffen, womit auch gewisse Schwierigkeiten verbunden sind. Es stimmt aber auch, dass vor allem die gesetzliche Ausgangslage in Tschechien nicht einfach war, was aber sicherlich nichts Spezifisches für dieses Land ist, weil auch in Großbritannien digitales Fernsehen große Startschwierigkeiten hatte. Die Digitalisierung ist eben kein einfacher Prozess."
Gab oder gibt es in dieser Angelegenheit irgendeine Zusammenarbeit zwischen dem Tschechischen Fernsehen und seinen beiden privaten Mitbewerbern, TV Nova und Prima? Pavel Hanus meint:
"Natürlich haben wir uns anfangs bei anderen inspiriert und nachgeschaut, wie wir diese Umstellung bestmöglich bewältigen können. Schon das Beispiel anderer Länder, wie etwa Finnlands, oder Großbritanniens, zeigte, dass es sinnvoll ist, diese Aktivitäten zu koordinieren. Wir haben versucht, mit unseren Mitbewerbern eine Einigung über die technischen Rahmenbedingungen zu erzielen. Es ist jedoch lediglich gelungen, die drei großen Fernsehsender für eine Übergangszeit, die aber mittlerweile zu Ende geht, gemeinsam in einem Multiplexkanal zu senden. Auch bei der technischen Gestaltung der beiden Pilotprojekte in Domazlice/Taus und Usti/Aussig gab es unsererseits eine Zusammenarbeit vor allem mit TV Nova. Nun geht aber jeder Sender seinen eigenen Weg und jedes Netzwerk wird sich selbständig entwickeln."Als erste Regionen in Tschechien, wo ab Herbst dieses Jahres nur noch digitaler Empfang möglich sein wird, wurden die Sendegebiete um Domazlice/Taus in Westböhmen und Usti nad Labem/Aussig in Nordböhmen gewählt. In Taus wird das bisherige analoge Signal genau am 31. August abgeschaltet. Warum hat man eigentlich gerade in diesen beiden Gebieten begonnen und nicht etwa in den großen Ballungsgebieten? Darauf antwortet Pavel Hanus vom Tschechischen Fernsehen:
"Diese beiden Gebiete wurde nicht wegen des eigentlichen Digitalisierungsprozesses als erste ausgewählt, weil der Übergang zum digitalen Rundfunk- und Fernsehen hierzulande ja noch nicht offiziell eingeleitet wurde. Es sind aber Gebiete, wo der digitale Empfang im Rahmen eines Pilotprojektes versucht werden soll. Der Grund ist die Grenznähe zu Deutschland, wo in diesem und im kommenden Jahr massiv auf digitalen Funk umgesattelt werden wird, und es im Zuge dessen zu gegenseitigen Störungen von digitalem und analogem Signal im Grenzgebiet kommen könnte. In diesen beiden Sendegebieten sollen Lösungen gefunden werden, wie man dieses Problem am besten beheben kann. Zudem gibt es eine internationale Abmachung, wonach die Fernsehanstalten ihre Sendetätigkeit auf dem zwölften Kanal einstellen sollen, weil dieser für den digitalen Rundfunk bereitgestellt werden soll. Im Gebiet von Taus ist davon das zweite Programm des Tschechischen Fernsehens betroffen und in Aussig der Sender TV Nova. Diese beiden Aspekte standen also bei der Auswahl dieser Gebiete im Vordergrund, wobei der Sendeschluss auf dem zwölften Kanal im Vordergrund stand."
Wird es künftig von Seiten der Fernsehanstalten eine Kampagne geben, welche die Zuschauer dazu bewegen soll, sich das digitale Empfangsgerät zu besorgen? Könnte das so weit gehen, dass die einzelnen Stationen deren Preis subventionieren könnten? Pavel Hanus:"Die Frage einer möglichen Subventionierung der Endgeräte wurde schon mehrmals angeschnitten und ebenfalls auch von der Europäischen Kommission behandelt. Die Sache ist aber nicht so einfach, wie es scheint. Die Preise zu subventionieren, so dass jede Familie ein solches Gerät zu einem günstigeren Preis bekommt, ist aus wirtschaftlicher Sicht nicht real. Das wäre nicht nur für das Fernsehen untragbar, sondern auch für den Staatshaushalt und nirgendwo in Europa hat man bislang so einen Schritt getan. Auf der anderen Seite stimmt es aber, dass es in einigen Ländern schon gewisse Förderprogramme gibt, die aber auf kompliziertere Typen der Empfangsgeräte gerichtet sind, um auch die Verbreitung von Zusatzdiensten und Anwendungen zu ermöglichen. Diese Subvention gleicht die Differenz zwischen dem Preis eines herkömmlichen und eines Geräts mit diesen Zusatzfunktionen aus. Das war zum Beispiel in Italien oder im benachbarten Österreich der Fall. So etwas kann sich das Tschechische Fernsehen aber nicht leisten. Zudem passt die Europäische Kommission in diesem Bereich schon sehr auf, damit es zu keiner Markt- oder Wettbewerbsverzerrung kommt. In Tschechien gibt es bislang kein konkretes Förderprogramm für die Endpreise von digitalen Empfangsgeräten."
Der Weg der Digitalisierung in Tschechien war sehr steinig. Am Anfang gab es gesetzliche Hürden zu überwinden, heute stehen eher technische Fragen, bzw. Schwierigkeiten im Vordergrund. Lässt sich aber sagen, dass die digitale Verbreitung des Rundfunk- und Fernsehsignals aber nichts mehr im Wege steht? Hören Sie dazu abschließend noch einmal Pavel Hanus, der beim Tschechischen Fernsehen für die Digitalisierung verantwortlich ist.
"Ich denke, dass man das nicht so eindeutig sagen kann. Zu Zeit versuchen wir die Systemfehler zu beseitigen. Das ist auch der Gegenstand aller gegenwärtigen Bemühungen von Seiten des Gesetzgebers. Natürlich kann es im Verlauf des Übergangs zu Krisensituationen kommen, die vielleicht damit zusammenhängen werden, dass das ganze Gebiet nicht mit dem digitalen Signal abgedeckt ist, es kann zu vorübergehenden Störungen beim Empfang kommen. Das sind alles Schwierigkeiten, die nicht ausgeschlossen werden können und die auch logisch sind, wenn man bedenkt, dass die gegenwärtigen analogen Sender jahrzehntelang gebaut und entwickelt wurden. Nun stehen wir vor dem Problem, die gleiche, oder eine noch bessere Qualität in einem wesentlich kürzeren zeitlichen Rahmen herstellen zu müssen. Ich denke aber nicht, dass sich dadurch die Einführung des digitalen Fernsehens dramatisch verzögern sollte, bestimmt wird es nicht um Jahre gehen. Dass vielleicht Schwierigkeiten auftauchen, die über Wochen oder Monate dauern können, lässt sich nicht ausschließen.", so Pavel Hanus, verantwortlich für die Digitalisierung beim Tschechischen Fernsehen, im Gespräch mit Robert Schuster.