Kompromissbereit und ungewohnt zahm - Paroubeks neuer Kurs
Den Vorsitzenden der tschechischen Sozialdemokraten hat wohl vorweihnachtliche Milde ergriffen. Anstatt verbal auf die Pauke zu hauen, wie mehrfach in der Zeit nach den Wahlen geschehen, predigt Jiri Paroubek überzeugender denn je den politischen Kompromiss. Die Regierungsverhandlungen möchte er endlich durch ein Übereinkommen mit dem bisher größten politischen Gegner, den Bürgerdemokraten, zum Ziel bringen. Und auch parteiintern schlägt Paroubek gemäßigte Töne an.
"Ich rufe beide Herren, Herrn Melcak sowie Herrn Pohanka, dazu auf, in die Fraktion zurückzukommen. Es ist ihre letzte Chance. Wenn wir erst Teil der Koalitionsregierung sein werden, dann werden wir an ihrer Rückkehr kein Interesse mehr haben."
Dass Paroubek seine Schäfchen zurückruft, hat augenscheinlich mit den Erosionserscheinungen in der Fraktion zu tun. So droht auch die Abgeordnete Anna Curdova mit dem Austritt. Dadurch würde die sozialdemokratische Fraktion noch weiter schrumpfen -von den ursprünglich 74 Mitgliedern auf 71.
Curdova wie Melcak gehören zu dem Teil der Sozialdemokraten, die lieber den Verbleib in der Opposition wollen, anstatt in den Regierungsverhandlungen auch nur einen Schritt vom eigenen Programm abzuweichen. Das allerdings ist nicht die Politik von Paroubek. Gestern schrieb der Chef der Sozialdemokraten in einem Kommentar für die Tageszeitung "Pravo", dass er ernsthaft einen Kompromiss mit den Bürgerdemokraten anstrebe. Nur noch als, so wörtlich, hinterste Hintertür bezeichnete Paroubek die Idee, dass die Sozialdemokraten selbst versuchen eine Regierung zu bilden.Zu einem Durchbruch in den Regierungsverhandlungen ist es aber noch nicht gekommen. Die Gespräche waren gestern einmal mehr an denselben Streitpunkten hängen geblieben. Die Bürgerdemokraten wollen vor allem eine Einheitssteuer und die finanzielle Beteiligung der Bürger im Gesundheitsbereich. Die Sozialdemokraten sind hingegen für progressive Steuersätze, und Zahlungen für Krankenhausaufenthalte oder Arztbesuche sollten sozial abgefedert sein.
Ob es also überhaupt zu einer Einigung kommt, ist weiter unklar. Derweil bastelt der Vorsitzende der Sozialdemokraten daran, seine eigene, brüchige Position innerhalb der Partei wieder zu festigen. Wie die Zeitschrift "Tyden" berichtete, will Paroubek mehr Demokratie in der Führung der Partei. So soll der derzeitige Parteirat durch ein ständiges Delegiertengremium ersetzt werden, das aus mehr Leuten als der Rat besteht. Dadurch würden mehr Sozialdemokraten an wichtigen Entscheidungen der Partei teilhaben. Doch so klar ist noch nicht, ob er die Genossen von dieser Idee auch wirklich überzeugen kann.