Modernisierte Gedenkstätte will Jugendlichen besseres Bild von Lidice vermitteln
Weltweit ist sie zum Inbegriff eines grausamen, kollektiven Racheaktes an unschuldiger Zivilbevölkerung geworden - die Vernichtung des kleinen mittelböhmischen Dorfes Lidice durch die Nationalsozialisten im Juni 1942, zwei Wochen nach dem gelungenen Attentat auf SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich. Obwohl Lidice weltweit zum Mahnmal geworden ist und hier alljährlich Gedenkfeiern stattfinden, ist die Geschichte heute besonders jüngeren Tschechen kaum bekannt. Das will eine neue, moderne Dauerausstellung ändern, die am Wochenende in der Gedenkstätte Lidice eröffnet wurde. Silja Schultheis berichtet.
Gedenken an die Tragödie von Lidice am vergangenen Samstag, 64 Jahre nach der Auslöschung der kleinen Gemeinde durch die Nationalsozialisten. Damals, am 10. Juni 1942 waren 173 Männer des Dorfes auf der Stelle erschossen worden, die 105 Kinder wurden brutal von ihren Müttern getrennt und mit wenigen Ausnahmen im Nazi-Vernichtungslager Chelmno vergast, nur 17 von ihnen überlebten den Krieg. Ihre Mütter wurden ins Konzentrationslager Ravensbrück deportiert. Traurige Fakten, die heute nur wenigen tschechischen Schülern bekannt sind, sagt der Leiter der Gedenkstätte Lidice, Milous Cervencl:
"Die Jugendlichen haben heute fast überhaupt keine Vorstellung davon, was in Lidice passiert ist. Im Geschichtsunterricht lernen sie kaum etwas über den Zweiten Weltkrieg und dadurch ist auch die Gedenkstätte in Lidice immer mehr verfallen. Die Kinder wissen heute mehr über den Holocaust, über das KZ Theresienstadt, über das Schicksal der Juden."
Zum Verfall der Gedenkstätte hat vor allem die fehlende politische und gesellschaftliche Unterstützung nach 1989 beigetragen. Von den Kommunisten für Propaganda-Zwecke missbraucht, hinterließ der Name Lidice bei vielen Tschechen einen schalen Beigeschmack und die Regierung strich nach der Wende einen Großteil der Gelder für den Betrieb der Gedenkstätte. Ein Wandel trat erst vor etwa fünf Jahren ein, als das Kabinett Mittel für die umfassende Modernisierung der Gedenkstätte zur Verfügung stellte. Ergebnis ist die neue Multimedia-Ausstellung, die am Wochenende eröffnet wurde. Gedenkstättenleiter Milous Cervencl:
"Das neue Museum unterscheidet sich maßgeblich von dem vorherigen. Es ist überwiegend multimedial gestaltet, wir haben uns dabei unter anderem an ausländischen Vorbildern orientiert. Durch die moderne Gestaltung wollen wir vor allem die jüngere Generation motivieren, sich mehr für die Geschichte von Lidice zu interessieren und das Ausmaß der Tragödie im gesamteuropäischen Kontext zu begreifen."
Das Interesse an der neuen Ausstellung sei bereits vor deren offizieller Eröffnung groß gewesen, so Cervencl:
"Wir veranstalten hier schon seit dem Frühjahr Seminare für Pädagogen und in den letzten zwei Monaten haben wir eine enorme Nachfrage seitens der Schulen gehabt. Allein im Mai wurde die neue Ausstellung von über 1200 tschechischen und fast genauso vielen ausländischen Kindern besucht."