Tschechische Regierung beschäftigt sich erstmals systematisch mit Familienpolitik
Die Position der Familie zu stärken und insgesamt ein besseres gesellschaftliches Klima für Familien zu erzeugen - das ist das Ziel eines neuen Familienkonzepts, das die tschechische Regierung in der vergangenen Woche verabschiedet hat.
"Man muss vor allem sagen, dass es bis heute gar keine Familienpolitik in Tschechien gab. Also, dieses Dokument ist ganz wichtig, weil es sich eigentlich um das erste Dokument seit 1989 handelt, das sich systematisch mit Familienpolitik beschäftigt."
Michaela Marksova-Tominova, Leiterin des Ressorts Familienpolitik im tschechischen Arbeitsministerium, ist eine der Autorinnen des neuen Familienkonzepts. Dieses sei vor allem deshalb dringend nötig geworden, meint sie, weil alle Parteien, die seit der Samtenen Revolution an der Regierung waren, die Familien immer nur punktuell in ihrer Politik berücksichtigt hätten. Grundlagen für eine systematische Familienpolitik fehlen bis heute. Vor allem fehlen zunächst aber entsprechende Analysen, auf die sich eine solche Politik stützen könnte. So wisse man beispielsweise nicht, wie viele Kindergartenplätze gegenwärtig in den einzelnen Regionen fehlen, sagt Marksova-Tominova. Und wenn es Zahlen gibt, so sind sie zum Teil irreführend. So stehe Tschechien in punkto Frauenbeschäftigungsquote im Vergleich mit anderen EU-Ländern statistisch gesehen zwar nicht schlecht da. Allerdings:
"Nur wenn es sich dabei um Frauen ohne Kinder oder mit Kindern über zwölf Jahren handelt. Diejenigen tschechischen Frauen, die kleine Kinder haben, die sind in der Berufstätigkeit irgendwo am Ende der Europäischen Union. Und ich denke, das zeigt wirklich, dass wir etwas machen müssen, damit die Mütter und natürlich auch Väter Arbeit und Kinder kombinieren können."
Konkret sieht das neue Konzept etwa eine Erhöhung des Erziehungsgeldes sowie bessere Betreuungsmöglichkeiten für Kinder unter drei Jahren vor - ein Vorschlag, der übrigens bei den an der Regierung beteiligten Christdemokraten auf Kritik stößt. Sie sind nämlich der Meinung, dass Kinder ihre ersten drei Lebensjahre vornehmlich zuhause verbringen sollten. Weiter erinnert das neue Familienkonzept an bereits bestehende Gesetze, die jedoch vielfach in Vergessenheit geraten. Beispiel: Teilzeitarbeit. Michaela Marksova-Tominova: "Eigentlich haben die Arbeitgeber ganz gute Möglichkeiten, Teilzeitplätze zu organisieren. Aber sie machen es nicht, weil sie eigentlich nicht wollen. Ich denke, der Staat kann Arbeitgeber unterstützen, die solche Plätze für Eltern von kleinen Kindern organisieren. Erstens. Und zweitens kann der Staat eine Kampagne organisieren, damit die Öffentlichkeit weiß, dass diese Sache ganz wichtig ist."
Das neue Konzept, an dessen Umsetzung sich mehrere Ministerien beteiligen sollen, versteht sich zunächst als eine Art grober Wegweiser, der Jahr für Jahr aktualisiert werden soll. Mit der Umsetzung der Vorschläge müsse man realistischer Weise ohnehin bis nach den Wahlen im kommenden Jahr warten, so die Autoren. Kritiker werfen dem Dokument vor, dass es zu allgemein ist und die Frage der finanziellen Unterstützung für Familien nicht ausreichend behandelt.