Waldgang: Einmal um Tschechien herum
Wie findet man sich selber? Diese Frage hat sich auch der junge Tscheche Petr Miksicek gestellt, als er vom Stadtleben in Prag sowie vom Studieren müde, oder eher vielleicht gelangweilt war. Und er hat bald eine Antwort auf die Frage gefunden: Mit Rucksack auf dem Rücken ist er um die ganze Tschechische Republik herum gewandert - durch die Sudetengebiete. Bára Procházková hat mit ihm gesprochen:
"Zum Beispiel im nördlichen Teil des Landkreises Pilsen, im nördlichen Bereich des Schlaggenwaldes/Cesky les, ist die Landschaft sehr traurig. Das zwingt einen aber, über die Geschichte nachzudenken und die Vergangenheit selber zu entdecken. Also wenn das Sudetenland etwas Spezifisches hat, dann ist es die Tatsache, dass es die Fantasie entfaltet."
Ganz anders ist es zum Beispiel in Südböhmen, wo eine nicht so starke Entwurzelung der Landschaft zu erkennen ist, erklärt Miksicek. Vor allem im Westen der Republik gibt es viele Spuren der Vergangenheit, dies ist eine Besonderheit des Sudetengebiets. Denn in anderen Gebieten sieht man keine so hohe Konzentration von Kirchenruinen oder Spuren von verschwundenen Dörfern. Dies und mehr schreibt Petr Miksicek in seinem Buch "Sudetendeutsche Pilgerfahrt oder Waldgang", das seine Wanderungen genau beschreibt. Mit dem Grenzgebiet hat er sich intensiv auseinandergesetzt. Schon die Form der tschechisch-deutschen Grenze ist nicht ideal, sagt Miksicek:
"Das ganze Opfern der Landschaft, der Kultur und der Sprache kann man dort genau sehen. Normalerweise läuft über die Grenze hinweg eine intensive Zusammenarbeit. Damit meine ich die tägliche Kleinarbeit der Menschen dafür, dass die Grenze nicht wie ein Schnitt mit einer Klinge ist, sondern dass es sozusagen die Form einer Naht hat. Das ist eine schwierige und langfristige Arbeit. Es ist umso schwieriger, wenn auf einer Seite der Grenze die Leute Tschechisch und auf der anderen Deutsch sprechen. Früher war es leichter, weil auf der tschechischen Seite auch Deutsche gelebt haben. Heute wird es sehr schwierig sein, so ein Ideal zu erreichen."
Wie kann nach Meinung von Petr Miksicek das tschechische Grenzgebiet, vor allem im Westen der Republik, belebt werden?
"Es fängt schon damit an, dass zu unserem Grenzgebiet eigentlich zwei Arten von Menschen einen direkten Bezug haben. Die einen leben dort, können dort Eigentum besitzen und können dort etwas machen. Die anderen sind wiederum Leute, die dort gelebt haben und die etwas über die Landschaft wissen. Sie haben die Möglichkeit, in ein Archiv zu schauen und irgendwelche Information auszusuchen. Das ist für das Gebiet eine große Hilfe, dass dorthin nach wie vor die Deutschen fahren. Sie werden auch helfen, das Gebiet wirtschaftlich auf die Beine zu stellen. Meiner Meinung nach ist es nicht nur für das Grenzgebiet sondern auch für das ganze Land ein wirtschaftliches Plus. Wenn dort immer nur Tschechen gelebt hätten, dann würde heute keiner hinfahren."