Kabinett verabschiedet Gesetz über Deregulierung der Mieten
Etwa 750.000 tschechische Familien leben in Wohnungen mit regulierten Mietpreisen. Ab Oktober nächsten Jahres müssen sie mit Mietpreiserhöhungen rechnen, denn das Kabinett billigte am Mittwoch ein entsprechendes Gesetz über die Deregulierung der Mieten. Martina Schneibergova fasst zusammen.
"Nach sechs Jahren bietet sich praktisch die Möglichkeit, die Miete um ca. 25 Prozent im Vergleich zum niedrigsten Mietpreis der letzten drei Jahre zu erhöhen. Sonst wird der Mietpreis durch einen zwischen dem Vermieter und dem Mieter geschlossenen Vertrag frei festgelegt. Wenn sich beide Seiten nicht über den Mietpreis einig werden, muss das Gericht darüber entscheiden."
Das Tempo, mit dem die Mietpreise steigen werden, wird je nach Region unterschiedlich sein. Während sich beispielsweise im Landkreis Vysocina, in dem die Nachfrage nach Wohnungen nicht so hoch ist, die Mietpreise nur gering erhöhen werden, dürften sie im sehr attraktiven Prager Stadtzentrum jedes Jahr sogar um 18 Prozent steigen.
Von regulierten Mietpreisen ist fast ein Fünftel der ständig bewohnten Quartiere betroffen. Von den 750.000 Wohnungen mit bislang regulierten Mietpreisen gehören etwa 300.000 Wohnungen privaten Hausbesitzern. Die übrigen Wohnungen befinden sich in Gemeindebesitz. Nach Meinung des Vorsitzenden der "Bürgervereinigung der Hausbesitzer", Tomislav Simecek, ist der jüngste Gesetzentwurf über die Deregulierung der Mietpreise jedoch verfassungswidrig. Seine Vereinigung reichte vor kurzem an die 2000 Beschwerden gegen regulierte Mietpreise beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg ein. Die Mietpreise sollten nach Meinung der Hausbesitzer sofort steigen. Die "Vereinigung der Mieter" hingegen begrüßte die neue Gesetzesnorm.
Der Gesetzentwurf wurde jedoch nicht problemlos verabschiedet. Einwände hatten die Minister der beiden kleineren Koalitionsparteien - der Christdemokraten und der Liberalen. Der christdemokratische Verkehrsminister Milan Simonovský sagte:
"Unser Einwand betrifft das langsame Tempo der Deregulierung. Wir möchten die Zeitetappe von sechs auf vier Jahre kürzen. Gleichzeitig sollten aber Maßnahmen getroffen werden, die sozial schwachen Mietern den Lebenskostenanstieg kompensieren würden." Raum für weitere Verhandlungen werde es aber noch im Abgeordnetenhaus geben, meinen die Christdemokraten.Da die Marktmieten vor allem in den Großstädten mehrfach höher als die regulierten Mietpreise sind, könnte es künftig allmählich zur Senkung der bisher nicht regulierten Mietpreise kommen. Der Analytiker der Gesellschaft Patria Finance, David Marek, meint:
"Es wird zu einer gewissen Preiskorrektur kommen. Ob die Preise bedeutend niedriger sein werden, kann man heute nicht abschätzen. Verschiedene Berechnungen deuten darauf hin, dass die Mietpreise auf dem freien Markt sogar um 20 bis 30 Prozent sinken könnten, unter der Bedingung, dass keine weiteren Parameter geändert werden und dass die Deregulierung der Mietpreise vollständig durchgeführt wird."