Tschechische Mikrobrauereien nach der Coronakrise
Obwohl im Lockdown sicher auch Alkohol getrunken wurde, haben die tschechischen Brauereien unter der Coronakrise gelitten. Die Restaurants und Kneipen waren geschlossen, und die Touristen aus dem Ausland fehlten. Nun aber ist das Geschäft wieder angelaufen. Wie stellt sich die Lage im Speziellen nun für die tschechischen Mikrobrauereien dar?
Bis vor der Krise waren Kleinstbrauereien hierzulande eine Boom-Branche. Jedes Jahr kamen rund 50 neue hinzu. Gepunktet haben sie nicht selten mit ganz speziellen Geschmäckern für den Gerstensaft. Pavel Palouš hat sich als Braumeister bereits viele Biere ausgedacht. Seit sechs Jahren bestimmt er die Trends bei der Brauerei Cobolis im Prager Stadtteil Karlín. Im Sommer mischt er gerne Früchte zu Wasser, Hopfen, Malz und Hefe. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks sagte er:
„Manchmal probiert man zum ersten Mal etwas aus, nachdem man die Informationen gesammelt hat. Dann schmeckt man ab. Der ganze Prozess kann einen Monat dauern oder auch ein halbes Jahr. In einigen Fällen klappt es auch auf Anhieb, dass das Bier den gewünschten Geschmack hat. Mir ist es aber noch nie passiert, dass überhaupt nichts aus der Ursprungsidee geworden ist.“
Auch für die Kleinstbrauereien bedeutete die Coronakrise zunächst einen ziemlichen Schock. Nicht wenige betreiben etwa ein eigenes Restaurant, und dies warf nun keine Einnahmen mehr ab. Im Schnitt verkauften die Unternehmen daher 60 Prozent weniger Bier, wie der tschechische Verband der Mikrobrauereien Mitte Mai geschätzt hat. Der Ökonom Tomáš Maier von der Landwirtschaftlichen Hochschule in Prag glaubt jedoch an ein gutes Ende für dieses Marktsegment:
„Ich denke, dass die Mikrobrauereien durch die Krise nur geringfügig unter Druck geraten sind, auch wenn dieser sicher zu spüren ist. Stärker betroffen sind aber die Großbrauereien, weil sie sich nicht aus der Masse herausheben können. Eine Mikrobrauerei kann flexibler reagieren und ihre Besonderheiten betonen.“
Viele der kleinen Brauhäuser sind während der Krise recht schnell zum Straßenausschank übergegangen. Vor allem aber haben sie den Internetverkauf gestartet oder ausgebaut.
Mittlerweile gibt es über 500 Mikrobrauereien hierzulande. Im internationalen Vergleich liegt Tschechien damit weit vorne bei ihrer Anzahl je 100.000 Einwohner. Das könnte aber auch bedeuten, dass der Markt nun gesättigt sei, befürchtet Petr Janík. Er leitet die Klosterbrauerei in Prag-Břevnov.
„Natürlich können auch weiterhin neue Mikrobrauereien entstehen. Aber mit Sicherheit wird es keinen solchen Boom mehr geben wie in den vergangenen Jahren. Denn einige dieser Brauereien machen nun wieder zu, weil sie nicht für den dauerhaften Betrieb aufgestellt waren“, so Janík.
Die Staatsbrauerei Budějovický Budvar in České Budějovice / Budweis kooperiert auch mit einigen kleinen Konkurrenten. Der dortige Verkaufschef Aleš Dvořák denkt, dass die Krise den Markt bereinigt hat. Zugemacht haben seiner Ansicht nach vor allem jene Brauhäuser, die auch vor der Corona-Pandemie schon Probleme hatten. Und beim Angebot würden die Mikrobrauereien immer wagemutiger:
„Meiner Ansicht nach geht der Trend dahin, sich möglichst verrückte Biere auszudenken. Also eine Sensation herauszubringen. Da geht es um neue Stile des Geschmacks und ähnliche Spielereien“, sagt Dvořák.
Tschechien hat im Verhältnis zur Einwohnerzahl den größten Biermarkt weltweit. Nirgendwo anders wird so viel Gerstensaft getrunken: Es sind über 140 Liter Bier pro Kopf und Jahr. Und die Mikrobrauereien haben hierzulande einen Marktanteil von rund zweieinhalb Prozent.