Wie (in)transparent wirtschaften die tschechischen Unikliniken?

Foto: Jan Ptáček, Archiv des Tschechischen Rundfunks

Medizinische Geräte, Bürostühle oder Einsatzfahrzeuge – eigentlich sollen die neun Universitätskrankenhäuser Tschechiens alle ihre Ausgaben im öffentlichen Datenkatalog dokumentieren. Dies geschieht aber nicht. Gesundheitsminister Adam Vojtěch mag sich davon überrascht geben. Rechtsexperten sind es nicht.

Adam Vojtěch  (Foto: Archiv des tschechischen Gesundheitsministeriums,  Wikimedia Commons,  CC0)

Mehr Transparenz in den Ausgaben der staatlichen Krankenhäuser herzustellen, das war eines der Hauptziele von Adam Vojtěch, als er im Dezember 2017 sein Amt als Gesundheitsminister antrat. Die Veröffentlichung aller Wirtschaftsdaten des Finanzministeriums sowie der ihm unterstellten Einrichtungen ist ebenfalls im Programm der Regierungspartei Ano festgehalten. Vojtěch – selbst parteilos – hat sich zu seinen Zielen im Sommer vergangenen Jahres wie folgt geäußert:

„Wir wollen, dass alle Rechnungen in einer Datenbank veröffentlicht werden. Wir können bereits eingerichtete Informationssysteme nutzen, und zum Ende des Sommers sind auch schon Kontrolltermine angesetzt. Ich bin zuversichtlich, dass wir gut vorankommen. Die Kollegen haben Anweisung, dass die Daten spätestens in einigen wenigen Monaten zugänglich sein sollen.“

Das bestehende System, das Vojtěch nutzen will, ist der elektronische Datenkatalog der öffentlichen Verwaltung. Er wurde 2015 vom Innenministerium angelegt und ist eine Entsprechung zu dem, was in deutschsprachigen Ländern als Metadatenkatalog bezeichnet wird. Dort werden nicht nur wirtschaftliche Daten veröffentlicht, sondern Informationen und Dokumentationen aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens. Das betrifft etwa die Bevölkerungsstruktur, Flächennutzung, Meteorologie, Transport oder die Patentvergabe. Dieser öffentliche Datenkatalog gehört wie in vielen anderen Ländern der Welt zur Struktur des Open Government. Damit soll für mehr Transparenz in der Verwaltung gesorgt werden.

Foto: Filip Jandourek,  Tschechischer Rundfunk

In der tschechischen Datenbank finden sich ein Jahr nach Vojtěchs Ankündigung noch immer keine Dokumente der Unikliniken. Als ihn Mitarbeiter des Tschechischen Rundfunks mit dieser Information unlängst konfrontierten, reagierte Adam Vojtěch überrascht:

„Wenn es denn so ist, müssen wir daran weiter arbeiten. Ich gebe zu, dass die Veröffentlichung der Daten in letzter Zeit nicht zu unseren Prioritäten gezählt hat. Aber sicher ist es an der Zeit, die Umsetzung unserer Ziele zu überprüfen. Wir haben das Verfahren für die Veröffentlichung vorbereitet, was einige kleinere Organisationen auch schon nutzen. Wenn es von den Krankenhäusern noch nicht genutzt wird, müssen wir uns darum kümmern.“

Den öffentlichen Datenkatalog aktualisiert aber auch das Gesundheitsministerium selbst nicht kontinuierlich. Die letzten Rechnungen wurden im Juni vergangenen Jahres online gestellt. Seitdem fehlen aktuelle Dokumente. Die Krankenhäuser verteidigen ihre fehlenden Einträge mit dem Hinweis, dass sie ihre Einkäufe dem Gesetz entsprechend im Vertragsregister veröffentlichen – und in dieses habe jeder Bürger per Internet Einsicht, heißt es.

Václav Šimánek  (Foto: Rostislav Duršpek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)

„Wir legen unsere Einkäufe im Vertragsregister ab, und der Rechnungssteller wird darüber natürlich informiert. Die Preise veröffentlichen wir immer, wenn es der Gesetzesrahmen zulässt und sie nicht vom Geschäftsgeheimnis betroffen sind“,

sagt der Leiter des Unikrankenhauses in Plzeň / Pilsen, Václav Šimánek. Die Organisation Transparency International weist aber darauf hin, dass im gesetzlich vorgeschriebenen Register Verträge erst ab einem Wert von 50.000 Kronen (etwa 1900 Euro) aufgeführt werden. Den Unterschied zwischen dem Vertragsregister und veröffentlichten Rechnungen erläutert Milan Eibl, leitender Analytiker von Transparency International:

„Das wird deutlich am Beispiel eines Rahmenvertrages, der eine Maximalsumme festlegt. Dessen einzelne Bestellungen werden immer unter diesen 50.000 Kronen liegen, aber es wird mehrere dieser Rechnungen geben. In diesem Falle wird im Register zwar dieser eine Rahmenvertrag auftauchen. Aber er wird nicht mit dem Wert aufgeführt, den auf der anderen Seite die zusammengefassten Rechnungen aufweisen. Die Veröffentlichung aller Rechnungen könnte zu mehr Transparenz beitragen. Es ist aber nötig, die Kriterien genau festzulegen, nach denen sie zugänglich gemacht werden sollen, damit die Veröffentlichung nicht zum Selbstzweck wird.“

Uniklinik im Prager Stadtteil Motol  (Foto: Archiv FN Motol)

Diese fehlenden Kriterien bemängelt auch Miloslav Ludvík, Chef der Uniklinik im Prager Stadtteil Motol. Bei Außenstehenden könnten die Angaben in den Verträgen zu falschen Interpretationen führen. Es fehlen, so sagt er, zum Beispiel genaue Vorschriften für die Beschreibung der erworbenen Posten:

„Die Posten haben oft nur eine Bezeichnung, aber dahinter verbergen sich dann, sagen wir, zweihundert Produkte. Das sagt im Prinzip nichts aus. Wenn jemand zum Beispiel liest, dass das Krankenhaus einen Stuhl für 80.000 Kronen gekauft hat, gerät er leicht in Aufregung. Dann stellt er aber fest, dass es sich um einen speziellen Untersuchungsstuhl für die HNO-Abteilung handelt. Ein zweites Problem, dem wir oft begegnen, ist das ausdrückliche Verbot von Seiten des Lieferanten, seine Preise zu veröffentlichen.“

Vladimír Dbalý  (Foto: Michaela Danelová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Und das hat seine Gründe. Denn die Einkaufspreise werden durch Rabatte höchst unterschiedlich gestaltet. Lieferanten belohnen ihre Kunden zudem gern mit Provisionszahlungen, dank derer sich so mancher Arzt womöglich für ein teureres Produkt entscheidet. Der Fall Vladimír Dbalý (ehemaliger Leiter der Prager Klinik Na Homolce) zeigt, dass dieser Bonus zur Korruption verleiten kann. Aber auch ohne kriminelle Absichten sorgen die Provisionen für Verwirrung im öffentlichen Haushalt. Der Rechtsexperte Ondřej Dostal hat das gegenüber dem Tschechischen Rundfunk erläutert:

„Die Krankenhäuser bekommen für den Kauf von Medikamenten und medizinischem Gerät eine Provision vom Lieferanten. Die geht zwar an das Krankenhaus, aber die gleiche Summe fehlt dann den Krankenversicherungen. Darum kann dieses Geld später nicht woanders verwendet werden. Diese sich überschneidende Finanzierung steht im Widerspruch zu den Regeln guten Haushaltens. Aber es gibt sie schon so lange, dass eine große Reform nötig wäre.“

Foto: Filip Jandourek,  Tschechischer Rundfunk

Krankenhäuser und Krankenversicherungen behindern sich mit unzureichenden und intransparenten Abrechnungen selbst. Der Steuerzahler kann demnach nur schwer herausfinden, wofür sein Geld verwendet wird. Und im ungünstigen Fall hat der Patient das Nachsehen, so Dostal weiter:

„Die beiden Einrichtungen stehen sich gegenseitig feindselig gegenüber. Einerseits erstatten die Versicherungen den Kliniken nicht alles zurück. Andererseits schreiben Krankenhäuser überhöhte Summen ab und halten Teile der Provisionen zurück. Das ganze System ist deswegen verlustreich und undurchsichtig. Patienten könnten beispielsweise nicht die Medikamente bekommen, die sie wirklich benötigen, sondern eben nur solche, auf die es die höchste Provision gibt. In vielen anderen Staaten wird das als ungerecht und rechtswidrig betrachtet.“

Die Bereitstellung aller Dokumente im öffentlichen Datenkatalog könnte solche Praktiken aufdecken und das Finanzsystem der staatlichen Krankenhäuser grundsätzlich in Frage stellen. Bei so tiefgreifenden Problemen hat Finanzminister Adam Vojtěch noch ein gutes Stück Arbeit vor sich, bis er sein Versprechen einlösen kann.