Kreis- und Senatswahlen im Zeichen von Corona
Am Freitag um 14 Uhr haben in Tschechien die Wahllokale geöffnet. Die Wahlberechtigten des Landes sind aufgerufen, den Kandidaten für die 13 Kreisparlamente ihre Stimme zu geben. In 27 Bezirken werden außerdem die Senatoren neu gewählt. Dabei herrschen strenge Hygienebedingungen.
Seit Wochen gab es intensive Vorbereitungen. Der Ablauf der diesjährigen Kreis- und Senatswahlen in Tschechien steht ganz im Zeichen der Corona-Pandemie. Es müssen strenge Hygienemaßnahmen eingehalten werden. Klára Dubalová von der Presseabteilung des Innenministeriums.
„Der Wähler trägt beim Eintritt in den Wahlraum eine Maske. Diese nimmt er nach Aufforderung der Wahlhelfer nur für einen kurzen Moment ab, um sich identifizieren zu lassen. Außerdem muss er seine Hände desinfizieren. Die Wähler sind aufgefordert, Rücksicht zu nehmen und die Abstände zu anderen Anwesenden einzuhalten.“
Die Vorschriften gelten nicht nur für jene Menschen, die kommen, um ihre Stimme abzugeben. Auch die Mitglieder der Wahlkommission müssen den Mund-Nasen-Schutz sowie Handschuhe tragen, außerdem den Wahlraum und dessen Ausstattung regelmäßig desinfizieren.
Beide parallel stattfindenden Wahlen sind von hoher Bedeutung, rufen in der Bevölkerung traditionell aber nur ein geringes Interesse hervor. Die Wahlen der Volksvertreter in den 13 Kreisen Tschechiens finden alle vier Jahre statt. Je nach Einwohnerstärke haben die Parlamente 45, 55 oder 65 Mitglieder. Adéla Kousalová ist die Sprecherin der Kreisverwaltung in Zlín und erläuterte in Bezug auf die dortige Region:
„Es wird die neue Kreisvertretung gewählt, aus der ein neuer, neunköpfiger Kreisrat sowie der Hauptmann hervorgehen. Das Kreisparlament in Zlín hat 45 Mitglieder und ist das höchste Selbstverwaltungsorgan auf Kreisebene. In seiner vierjährigen Legislaturperiode übt es einen bedeutsamen Einfluss auf das Leben in der Region aus. Das betrifft 580.000 Einwohner.“
Die Hauptstadt Prag ist von den Kreiswahlen ausgenommen, das Stadtparlament wird im Zuge der Kommunalwahlen bestimmt. Die Kreise sind nach dem Staat die höchsten Verwaltungseinheiten. Zu den diesjährigen Kreiswahlen haben sich 85 Parteien und Bewegungen angemeldet. Es kandidieren insgesamt 9728 Personen, zu 72,5 Prozent sind sie männlich. Die Wahlbeteiligung der vergangenen Kreiswahlen 2016 lag bei nur 37,34 Prozent.
In Reaktion auf die Corona-Pandemie haben diesmal beide Wahlen ausnahmsweise schon am Mittwoch begonnen. Menschen, die wegen einer Infektion in Quarantäne sind, konnten entweder aus dem Auto heraus wählen oder sich eine tragbare Urne an ihren Wohnort bestellen. Letzteres wurde am Donnerstag vor allem von Seniorenheimen in Anspruch genommen. Die Drive-In-Variante nutzten am Mittwoch insgesamt 3672 Wahlberechtigte, wie das Innenministerium per Twitter mitteilte.
Wer während der Wahlzeit am Freitag oder Samstag ein positives Corona- Testergebnis bekommt, hat Pech und darf nicht an die Urne. Petr Mslna ist Staatssekretär im Innenministerium:
„Davon sind wir von Anfang an ausgegangen. Andernfalls droht eine doppelte Stimmabgabe. Denn rückblickend lässt sich nicht feststellen, ob eine Person nicht vielleicht am Freitag um 14 Uhr im Wahllokal ihre Stimme abgegeben hat und dann um 17 Uhr den Bescheid bekommt, dass sie in Quarantäne muss, und sich dann eine mobile Wahlurne nach Hause bestellt.“
Diese einschneidende Einschränkung beim Wahlrecht wird in Kauf genommen, um ein korrektes Ergebnis zu erzielen. Schließlich kann beim Senat bereits eine einzige Stimme entscheidend sein, weil per Mehrheitswahl entschieden wird. Der oberen Kammer des tschechischen Parlaments gehören insgesamt 81 Senatoren an, eine Amtszeit beträgt sechs Jahre. Zurzeit sind die beiden Regierungsparteien Ano und Sozialdemokraten mit 20 Senatoren vertreten. 59 Senatoren gehören den Oppositionsparteien an, und zwei sind unabhängig.
Alle zwei Jahre wird je ein Drittel der Senatoren neu gewählt. An diesem und dem kommenden Wochenende geht es also um 27 Sitze. Diese zeitliche Aufteilung der Wahl könnte dazu beitragen, das Thema im öffentlichen Bewusstsein und ein Interesse der Bürger aufrecht zu erhalten. Die Zahl der aktiven Wähler verweist aber auf das Gegenteil. Die Beteiligung an einer Senatswahl hat noch nie die 45-Prozent-Marke erreicht. In der zweiten Runde zur Stichwahl liegt sie sogar nur bei durchschnittlich 20 Prozent.
Die Wahllokale schließen am Freitag um 22 Uhr und sind am Samstag von 8 bis 14 Uhr erneut geöffnet. Sollte bei den Senatswahlen keiner der Kandidaten eines Wahlkreises die absolute Mehrheit erhalten, erfolgt eine Woche später eine Stichwahl zwischen den beiden Bewerbern mit den meisten Stimmen. Diese zweite Runde steht also am 9. und 10. Oktober an.