Fußball: Slavia und Sparta trotzen den Nachteilen, Liberec chancenlos
Fußball in Corona-Zeiten, das ist ein teilweise verzerrter Wettbewerb. So mussten die drei tschechischen Teams am dritten Spieltag der Europa League wegen positiver Corona-Fälle und etlichen Verletzungen stark ersatzgeschwächt antreten. Viele der neuen Kräfte sprangen aber gut in die Bresche und trugen zu den überraschenden Siegen von Slavia Prag und Sparta Prag maßgeblich bei. Liberec indes zahlte dem hohen Aderlass Tribut und verlor in Hoffenheim mit 0:5.
Die tschechische Liga ruht als Folge der Anti-Corona-Maßnahmen seit dem 3. Oktober, das Virus macht aber trotzdem nicht vor den Sportlern halt. So musste Meister Slavia Prag in der Europa League ausgerechnet vor dem wegweisenden Duell mit OGC Nizza auf fünf positiv getestete Stammspieler verzichten. Trainer Jindřich Trpišovský sprach daher von einem letzten Aufgebot:
„Ich habe derzeit nur 14 Spieler zur Verfügung und werde die Besten von ihnen aufstellen“, sagte der Coach vor der Begegnung.
Die von ihm Auserwählten boten eine beherzte Partie. Mit viel Lauffreude und Willen zwangen sie den Vertreter aus der Liga des Weltmeisters in die Knie. Slavia gewann mit 3:2, und der erstmals als Sturmspitze eingesetzte Jan Kuchta hatte mit zwei Toren großen Anteil daran. Nach dem Abpfiff konnte der 23-Jährige sein Glück kaum fassen:
„Ausgerechnet gegen ein Spitzenteam wie Nizza ist mir das gelungen. Ich kann es noch gar nicht glauben, denn ich bin ein einfacher Dorfjunge und deshalb jetzt auch sehr glücklich. Dieses Spiel wird mir sicher weiterhelfen. Von einem Stürmer werden schließlich Tore erwartet, und noch dazu bei Slavia.“
Kuchta war indes nicht der Einzige, der an dem gelungenen Fußballabend aus Sicht der Prager auf sich aufmerksam machte. Trainer Trpišovský hob zudem den zweiten Torschützen hervor, den Senegalesen Abdallah Sima:
„Seine Geschichte ist schon etwas unglaublich. Er spricht Französisch, aber Englisch fast gar nicht. Doch er lernt sehr schnell. Abdallah hat uns von Anfang an mit seinem enormen Fleiß und seiner Demut überzeugt. Deshalb glauben wir an eine große Zukunft für ihn, Slavia hat mit ihm einen Schatz in der Hinterhand.“
Einen solchen Schatz hat Lokalrivale Sparta Prag bereits wiederentdeckt. Denn in Lukáš Juliš hat der Traditionsverein nun wohl endlich den lange vermissten Torjäger gefunden. Der 25-jährige schoss bereits 2011 bei der U17-WM in Mexiko die einzigen zwei Tore für Tschechien, doch dann warf ihn eine langwierige Verletzung in der Entwicklung zurück. In dieser Saison aber trumpft er auf wie noch nie. In der Liga ist er mit sechs Toren der bislang beste Torschütze, und beim in der Höhe sensationellen 4:1-Sieg bei Celtic Glasgow markierte er einen Hattrick. Schon vor der Partie hatte er ein gutes Gefühl:
„Ich habe nicht mit einem Hattrick gerechnet, aber mein Gefühl hat mir gesagt, dass es ein toller Abend für mich werden könnte. Und so sei es dann auch gewesen.“
Der Angreifer hat sich vor dem Beginn der Gruppenphase zudem ein hohes Ziel gesetzt: mehr Tore zu erzielen als der berühmte Zlatan Ibrahimovic von Gruppengegner AC Mailand. Mittlerweile ist Juliš auf einem guten Weg dorthin. Dass Sparta nach den zwei schweren Auftaktniederlagen gegen Lille (1:4) und Mailand (0:3) diesmal so stark auftrumpfte, lag auch an der Taktik von Trainer Václav Kotal. Denn trotz des verletzungsbedingten Ausfalls mehrerer Stammkräfte bot er in der Startelf für Kapitän Bořek Dočkal und den ebenso erfahrenen Ladislav Krejčí zwei Nachwuchstalente auf. Nach dem Schlusspfiff begründete er seine Entscheidung so:
„Uns erwartet am Sonntag in der Liga das Spitzenspiel gegen Pilsen, deswegen wollte ich einige Spieler schonen. Ich bin froh, dass die Nachwuchskräfte, die stattdessen zum Einsatz kamen, gezeigt haben, dass auch sie in die Mannschaft gehören.“
Notgedrungen musste auch der Trainer von Slovan Liberec, Pavel Hoftych, im Auswärtsspiel bei der TSG Hoffenheim auf viele junge Akteure zurückgreifen. Doch diese gelten im Gegensatz zu den Sparta-Youngstern als weniger talentiert und sind international völlig unerfahren. Liberec musste wegen positiver Corona-Befunde gleich 15 Stammspieler ersetzen und kassierte beim Bundesligisten eine klare 0:5-Niederlage. Hoftych machte nach der Pleite aus seinem Herzen keine Mördergrube:
„Die Hoffnung auf Punkte haben wir bereits vor der Begegnung verloren, daran ist nichts zu deuteln. Mit dem Aufgebot, mit dem wir angereist sind, hatten wir gegen diesen starken Gegner keine echte Chance.“
Hoftych sprach zuvor indes auch davon, dass für die jungen Spieler die Partie in Hoffenheim durchaus ein Erlebnis sein sollte. Das bestätigte anschließend der erst 19-jährige Torwart Lukáš Hasalík – und das trotz fünf Gegentoren:
„Es war eine tolle internationale Premiere und ein unbeschreibliches Gefühl für mich. Auch wenn wir 0:5 verloren haben: An dieses Spiel werde ich mich bestimmt bis zum Ende meines Lebens erinnern.“
Die Europa League setzt ihre Gruppenphase in drei Wochen fort. Dann empfangen Sparta und Liberec ihre letzten Gegner im eigenen Stadion, während Slavia in Nizza antreten wird.