Corona-Pandemie in Tschechien nähert sich wieder Risiko-Szenario an
Am Montag wurden in Tschechien mehr als 2500 neue Corona-Fälle registriert. So viele Neuinfektionen gab es zuletzt vor etwa einem halben Jahr. Auf den Intensivstationen der Krankenhäuser liegen vor allem nicht geimpfte Senioren.
Die Zahlen vom Montag seien keineswegs erbaulich, meint Ladislav Dušek. Der Leiter des Instituts für Gesundheitsinformationen und Statistik gab am Dienstagmorgen in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks eine Warnung aus:
„Wir verfolgen vor allem die Wochentrends. Den gestrigen Tag müssen wir aber erwähnen, denn es ist zu einem sprunghaften Anstieg auf 2521 neue Fälle gekommen. Damit entwickelt sich die Pandemie wieder auf ein Risiko-Szenario zu. Denn die Sieben-Tage-Inzidenz liegt nun in Relation zu den durchgeführten Tests bei mehr als 100 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner.“
Parallel dazu wächst die Zahl der Menschen, die wegen einer Corona-Infektion im Krankenhaus behandelt werden müssen. Sie überstieg am Montag den Wert von 500. Auf den Intensivstationen liegen momentan 113 dieser Patienten. Dušek erwartet allerdings nicht, dass die Belastung der Kliniken wieder ähnliche Ausmaße annehmen könnte wie während der letzten Pandemie-Welle:
„Alle Modelle bezeugen einen sehr starken Schutzeffekt durch die Impfungen. Vakzine beugen vor allem einem schweren Krankheitsverlauf vor. Die Daten vom vergangenen Wochenende zeigen, dass der Impfschutz bei Senioren bis zu 87 Prozent beträgt. Dies ist eine sehr positive Garantie dafür, dass auch in einer sich verschärfenden Pandemie-Lage der Ansturm auf die Krankenhäuser nicht mehr den Gipfel der letzten Wellen vom vergangenen Herbst oder Frühjahr erreicht.“
Auch Gesundheitsminister Adam Vojtěch (parteilos) äußerte am Freitag, dass die aktuelle Entwicklung zwar nicht gut sei, die Krankenhäuser jedoch noch keine besondere Belastung verzeichneten. Vergangenes Jahr um diese Zeit habe es in Tschechien täglich etwa 10.000 neue Corona-Fälle und 3000 Krankenhauspatienten gegeben, so Vojtěchs Hinweis.
Dennoch gibt es hierzulande auch wieder mehr Todesopfer. Allein in der vergangenen Woche starben 54 Menschen an oder mit einer Corona-Infektion. Das sind zehn mehr als im gesamten September. Ihr Durchschnittsalter liegt laut Dušek unverändert bei etwa 80 Jahren. Nur wenig jünger sei die Mehrheit der Patienten auf den Intensivstationen. Der Experte mahnt an, dass immer noch etwa 415.000 Menschen ab 60 Jahre nicht geimpft seien:
„Wir beobachten noch weitere Warnsignale. Es geht nicht unbedingt um die Zahl der täglichen Neuinfektionen, sondern vielmehr um die potentiellen Folgen für die allgemeine Gesundheitslage. Diesbezüglich sind die Voraussichten wirklich risikoreich. Es tut mir sehr leid, dass ich das sagen muss. Ich hatte schon geglaubt, dass ich dies nicht mehr so werde aussprechen müssen, und die Pandemie endet. Aber die Impfquote unserer Bevölkerung erreicht leider immer noch nicht das Niveau einer kollektiven Immunität.“
Nach Angaben von „Očkujeme v ČR“ (Wir impfen in Tschechien) liegt die Impfquote in Tschechien derzeit bei knapp über 56 Prozent. Mit dem aktuellen Tempo würde die Durchimpfung von 70 Prozent der Bevölkerung – was als Herdenimmunität gilt – erst in anderthalb Jahren erreicht. Zudem gibt Dušek zu bedenken, dass die Wirkung gerade bei Senioren und auch bei chronisch Kranken langsam nachlasse. Zur erneuten Verbreitung des Virus würden aber vor allem Nicht-Geimpfte beitragen. Deren Anteil mache 75 bis 80 Prozent der Neuinfizierten aus, sagt Dušek und gibt einen Ausblick für die kommenden Wochen:
„Die Zahl der täglichen Neuinfektionen wird zweifellos sehr schnell ansteigen, und die Epidemie nimmt damit an Intensität zu. Dem steht auch nichts im Wege, denn die Gegenmaßnahmen wurden zu fast 100 Prozent gelockert. Ebenso ist die Mobilität der Bevölkerung wieder auf ein Normalniveau zurückgekehrt.“
Die Frage ist, inwiefern Corona-Infektionen tatsächlich aufgedeckt werden. Am Montag wurden in Tschechien etwa 71.000 Corona-Tests durchgeführt, noch im August lag die Rate nicht selten bei 150.000 pro Tag. Das Gesundheitsministerium erwägt zudem, dass präventive Tests für Menschen ab 13 Jahre ab Dezember nicht mehr von den Krankenkassen bezahlt werden sollen.