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8) Vom Holz-Doppeldecker zum Transporthubschrauber: Luftfahrtmuseum in Prag-Kbely

Unbemanntes Luftfahrzeug Tupolew M-143 / Tu-143 Rejs

Im Luftfahrtmuseum im Prager Stadtteil Kbely wird die Geschichte der tschechoslowakischen und tschechischen Luftstreitkräfte anschaulich gemacht. Es ist das größte seiner Art hierzulande, muss sich aber auch im weltweiten Vergleich nicht verstecken.

Miroslav Khol | Foto: Zdeňka Kuchyňová,  Radio Prague International

Eine Flugschau bekommt man zwar im Museum nur zur Saisoneröffnung geboten – aber auch einige Kunstflugzeuge gehören hier zu den Exponaten. So etwa die einmotorige Zlín Z-50, die eine gewisse Berühmtheit erlangt hat. Miroslav Khol vom Militärhistorischen Institut führt durch das Museum:

Zlin Z-50LS | Foto: Zdeňka Kuchyňová,  Radio Prague International

„Mit dieser Zlin Z-50 ist Petr Jirmus geflogen, der wohl größte tschechische Kunstflieger seit dem Zweiten Weltkrieg. Er war zweimal Weltmeister und zweimal Europameister.“

Fast jedes der rund 140 Museumsexponate hat eine Geschichte, die Miroslav Khol auch gerne erzählt. Die meisten von ihnen sind in den fünf Flugzeughallen untergebracht, rund 25 stehen auf den Freiflächen und etwa ein Dutzend noch flugfähige Geräte am Flugfeld.

Luftfahrtmuseum in Prag-Kbely | Foto: Zdeňka Kuchyňová,  Radio Prague International

„Bei den Flugzeugen reicht die Bandbreite von Maschinen aus der Zeit der tschechoslowakischen Staatsgründung im Jahr 1918 bis zu solchen aus der jüngsten Vergangenheit. Um einen Vergleich zu haben zur Technik, die in der Tschechoslowakei und in Tschechien genutzt wurde, zeigen wir auch einige ausländische Flugzeuge. Unser Museum nennt zudem 40 Exponate sein eigen, die nirgendwo anders auf der Welt zu sehen sind. Das neueste Stück, das wir erstmals zur Saisoneröffnung im kommenden Jahr präsentieren werden, ist ein Hubschrauber vom Typ Mil Mi-8. Wir haben ihn vom hiesigen Luftwaffenstützpunkt bekommen. Er wird in der Außenausstellung zu sehen sein, bei ihm müssen noch die Rotorblätter anmontiert werden“, so Khol.

Letov S-2 | Foto: Zdeňka Kuchyňová,  Radio Prague International

Im Moment, das muss man hinzufügen, befindet sich das Luftfahrtmuseum im Winterschlaf. Erst im Frühling kommenden Jahres wird es wieder aufgemacht. Gerade zur Saisoneröffnung lohnt es sich nach Prag-Kbely zu kommen. Denn dann gibt es nicht nur eine Flugschau, sondern man kann auch in die Cockpits oder die Passagierräume einiger Maschinen steigen.

Amphibien-Flugboot Saunders-Roe Cloud | Foto: Zdeňka Kuchyňová,  Radio Prague International

Exklusive Museumsstücke

Wenn man chronologisch beginnen will, sollte man die Flugzeughalle zum Ersten Weltkrieg ansteuern…

Jagdmaschine Spad S.VII | Foto: Zdeňka Kuchyňová,  Radio Prague International

„Das älteste Exponat ist die französische Jagdmaschine Spad S.VII. Nach dem Ersten Weltkrieg schenkte Frankreich der Tschechoslowakei einige dieser Doppeldecker sowie weitere Flugzeuge, andere wurden hinzugekauft. Sie bildeten dann das Rückgrat der tschechoslowakischen Luftstreitkräfte. Ab 1919 gab es aber auch hierzulande Flugzeughersteller, der erste hieß Letov, ein weiterer Aero. Die Maschinen eigener Herstellung wurden später auch von der Fluggesellschaft ČSA genutzt“, sagt Miroslav Khol.

Die allerersten Flugzeuge wie die Spad S.VII wurden noch aus anderem Material konstruiert als die heutigen Maschinen. Sie waren aus Holz und wurden mit Stoff bespannt.

Passagier- und Transportflugzeug vom sowjetischen Typ Lisunow Li-2 | Foto: Zdeňka Kuchyňová,  Radio Prague International

Deutlich weiterentwickelt sind dann die Exponate, die aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs stammen. Unter anderem steht dort ein zweimotoriges Passagier- und Transportflugzeug vom sowjetischen Typ Lisunow Li-2. Dieses wurde als Lizenzversion der US-amerikanischen Douglas DC-3 hergestellt. Es ist das größte Ausstellungsstück in diesem Teil des Museums. Ansonsten seien zahlreiche Jagdflugzeuge zu sehen, ergänzt unser Begleiter:

Iljuschin Il-2 | Foto: AlfvanBeem,  Wikimedia Commons,  CC0 1.0 DEED

„In der Flugzeughalle stehen jene Maschinen, mit denen tschechoslowakische Piloten im Zweiten Weltkrieg an der West- und an der Ostfront geflogen sind. Dazu gehört auch diese Iljuschin Il-2, sie diente der gemischten tschechoslowakischen Division in der Sowjetunion als Schlachtflugzeug. Diese Maschine hatte ein bewegtes Schicksal. Noch im Zweiten Weltkrieg wurde sie im Luftkampf über Ostrau getroffen, und der Pilot machte eine Notlandung zwischen den Fronten. Später wurde das Flugzeug repariert und nach dem Krieg von den tschechoslowakischen Luftstreitkräften genutzt.“

Hubschrauber vom Typ Mil Mi-8 | Foto: Zdeňka Kuchyňová,  Radio Prague International

Im Außenbereich befinden sich vor allem Maschinen, die unmittelbar vom Luftwaffenstützpunkt Prag-Kbely stammen. So etwa der bereits erwähnte Hubschrauber vom Typ Mil Mi-8:

„Dieser Hubschrauber diente bis Ende vergangenen Jahres zum Transport von Soldaten, aber auch von Staats- und Regierungsvertretern. Denn das gehörte ebenso zu den Aufgabe des hiesigen Stützpunktes.“

Unbemanntes Luftfahrzeug Primoco | Foto: Zdeňka Kuchyňová,  Radio Prague International

Im Innern des Cockpits

Miroslav Khol und Iljuschin-14 | Foto: Zdeňka Kuchyňová,  Radio Prague International

Auch sehr auffällig ist eine wunderbar restaurierte Iljuschin-14, die als Avia AV-14 in der früheren Tschechoslowakei gebaut wurde. Dieses Flugzeug für bis zu 40 Passagiere darf man sogar betreten. Es diente der ČSA in den 1950er Jahren zunächst auf Auslandsflügen, später wurde es nur noch im Inland eingesetzt, weil es dann eigentlich schon veraltet war. Miroslav Khol:

Cockpit der Iljuschin-14 | Foto: Zdeňka Kuchyňová,  Radio Prague International

„Mit diesem Flugzeug in unserem Museum könnte man nicht mehr abheben, das ist auch nicht das Ziel der Restaurierungsarbeiten. Unsere Herangehensweise ist, dass mit Einzelstücken in unserer Sammlung nicht geflogen werden soll. Nur die Exponate, die wir mehrfach haben, sind flugtüchtig. Auf Vertragsbasis verleihen wir diese an Oldtimerflugvereine oder andere solche Interessensgruppen. Sie machen die jeweilige Maschine dann wieder flugtauglich und nutzen sie selbst.“

Rückkehrkapsel von Sojus-28,  mit der Vladmír Remek zusammen mit seinem Kollegen Alexei Gubarew auf die Erde zurückkehrte | Foto: Zdeňka Kuchyňová,  Radio Prague International

Ein Ausstellungsstück hat allerdings nichts mit der Luft-, sondern mit der Raumfahrt zu tun…

„Das ist Rückkehrkapsel von Sojus-28, mit der der einzige tschechoslowakische Raumfahrer Vladmír Remek zusammen mit seinem sowjetischen Kollegen Alexei Gubarew auf die Erde zurückkehrte. Die Kapsel wurde zunächst der Akademie der Wissenschaften geschenkt, und diese hat sie später uns überlassen“, erzählt der Museumsverwalter.

Pilotenanzug | Foto: Zdeňka Kuchyňová,  Radio Prague International

Dass das Museum großen Spaß macht, kann auch ein älterer Herr bestätigen, der sich gerade die Ausstellungsstücke anschaut. Er ist wahrlich nicht zum ersten Mal hier:

„Diesmal bin ich aber alleine gekommen. Meinem Gefühl nach habe ich bereits alle meine Neffen hier hergeschleppt sowie die Söhne meiner Freunde. Denn es ist wirklich ein schönes Museum – ein Beispiel all dessen, was im Himmel über unseren Köpfen geflogen ist.“

Abgerundet wird das Ganze durch eine Ausstellung kleinerer Gegenstände wie Pilotenanzüge und zahlreiche Medaillen, die die tschechoslowakischen Flieger einheimsen konnten. Betrieben wird das Museum im Übrigen vom Militärhistorischen Institut in Prag.

Jagdflugzeuge | Foto: Zdeňka Kuchyňová,  Radio Prague International

Das Luftfahrtmuseum in Prag-Kbely (Letecké muzeum Kbely) ist von Anfang Mai bis Ende Oktober geöffnet. Die Zeiten sind dann täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei. Gruppenführungen sind möglich. Mehr Informationen bieten die Webseiten des Militärhistorischen Instituts, auf Englisch gibt es dort jedoch nur ein paar Zeilen unter der Adresse http://www.vhu.cz/english-summary.

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