Corona lässt kulturelles Leben in den Regionen erlahmen – das Beispiel Svitavy
Svitavy / Zwittau ist eine Kleinstadt in Ostböhmen. Ihre rund 17.000 Einwohner haben einen sehr guten Zugang zu Kinofilmen, Konzerten oder Theaterstücken – wenn der Alltag normal verläuft. Dafür sorgt das dortige Kulturzentrum. Jetzt aber, zu Ende des zweiten Corona-Jahres, ist die Ernüchterung groß: Das kulturelle Leben der Stadt ist in den zurückliegenden 23 Monaten nahezu erlahmt.
Der Direktor des sogenannten Zentrums für kulturelle Dienste der Stadt Svitavy ist Petr Mohr. Er ist unzufrieden mit der aktuellen Finanzlage seiner Institution:
„Weil auch in diesem Winter die Ballsaison ausfällt, fehlt uns eine wichtige Einnahmequelle. Das war bereits im vergangenen Jahr so. Damit müssen wir fertigwerden, und daher sparen wir bei allen möglichen Ausgaben.“
Das Herzstück des Kulturzentrums ist eine ehemalige Fabrikhalle, die grundlegend saniert wurde und seit Ende Mai 2008 zu Bildungszwecken und kulturellen Veranstaltungen genutzt wird. Seitdem fanden hier sonst immer täglich Konzerte, Ausstellungen, Tagungen, Vorträge, Tanzkurse und eben Bälle statt. Dieses Programm aber war wegen Corona zuletzt stark ausgedünnt. Zudem kommen deutlich weniger Zuschauer ins Kino Vesmír, das ebenso ein Teil des Kulturzentrums ist. Dabei achte man darauf, den Besuchern auch die neuesten Blockbuster zu zeigen, so Mohr:
„Zum Beispiel den letzten Teil von ‚Ghostbusters‘, der Mitte Januar Premiere hatte. Die Besucherzahlen waren jedoch miserabel, nur fünf Menschen wollten den Film schauen.“
Der Film ist die Fortsetzung der amerikamischen Science-Fiction-Komödie Ghostbusters aus den 1980er Jahren.
Über ähnlichen Besuchermangel klagen laut Mohr aber noch viele weitere Kinos in Tschechien. Seinen Aussagen nach sieht es bei Konzerten oder Theateraufführungen aber auch nicht sehr viel besser aus: Jetzt im Winter, in der neuen Corona-Welle, würden besonders in den Regionen viele Menschen aus Angst vor einer möglichen Ansteckung ihre Kontakte reduzieren. Petr Mohr:
„Ich denke, diese Angst ist allgemein verbreitet. Niemand will ein Risiko eingehen. Eine gewisse Rolle spielen aber auch TV-Plattformen wie Netflix oder HBO, die Alternativen bieten. Die Menschen sind leider bequemer geworden.“
Weil der Kartenvorverkauf derzeit nur schlecht läuft, hat das Kulturzentrum bereits mehrere Veranstaltungen auf das Frühjahr oder den Sommer verlegt. Die Veranstalter rechnen dann mit einer entspannten Corona-Lage. Und aus Erfahrung wisse er, dass jeder Krise auch wieder bessere Zeiten folgen, beteuert der Direktor:
„Ich erinnere mich an eine ähnliche Lage zu Beginn der 1990er Jahre. Nach der politischen Wende gingen die Menschen weder ins Kino, noch zu Konzerten oder Theateraufführungen. Es dauerte einige Jahre, bis sich dieser Zustand änderte. Von daher bin ich Optimist und glaube, dass wir die Pandemie überstehen werden und es danach nicht allzu lange dauern wird, bis die Menschen wieder ins Kino, ins Theater und zu Konzerten gehen.“
Doch es gibt schon jetzt einen Hoffnungsschimmer: Es sind die Kinder, die einfach etwas erleben wollen, egal wie die Erwachsenen die Ansteckungsgefahr wahrnehmen. Für die jüngsten Einwohner der Stadt hat das Kulturzentrum darum das Programm im Januar wieder hochgefahren, wenn auch vorrangig nur an Wochenenden:
„Für Kinder führen wir jeden zweiten Sonntag im Theater Trám ein Märchen auf. Dazu bieten wir Schulprogramme an. Jedes Wochenende werden zudem im Kino Vesmír Kinderfilme gezeigt. Diese Vorstellungen sind besser besucht.“
Zudem wird am Mittwoch im Kino Vesmír eine neue Ausstellung eröffnet. Anlass ist der zehnte Todestag von Václav Havel, und zwar wird an den Besuch des ehemaligen tschechischen Präsidenten in Svitavy vor 15 Jahren erinnert.