Tschechische Exportstrategie: Mehr Firmenvertretungen im Ausland und Umstellung auf Endprodukte
Nach den Einbrüchen beim Export im ersten Corona-Jahr konnte Tschechien 2021 Rekordausfuhren verzeichnen. Erstmals seit 2010 stand jedoch eine negative Handelsbilanz zu Buche. Dies sind die vorläufigen Ergebnisse, die die Exportagentur CzechTrade für das vergangene Jahr ermittelt hat. Was sind nun die Ziele der tschechischen Exportpolitik?
Insgesamt wurden aus Tschechien im vergangenen Jahr Waren und Dienstleistungen in Höhe von 3,95 Billionen Kronen (162 Milliarden Euro) ausgeführt. Das bedeutete ein Plus von 13 Prozent gegenüber 2020 und auch ein besseres Ergebnis als im Vor-Corona-Jahr 2019. Wie CzechTrade-Generaldirektor Radomil Doležal betont, wurde dieses Ergebnis trotz des hohen Inflationsdrucks erzielt:
„Weiterhin gilt, dass die Ausfuhr von Autos der größte Posten ist. In diesem Bereich gab es hierzulande keine solchen Einbrüche wie in anderen Volkswirtschaften. Wichtigstes Zulieferland ist Deutschland geblieben. Ein Drittel unseres Exports geht dorthin, das ist entscheidend für unsere Firmen.“
Deutliche Anstiege gab es bei den Ausfuhren in die Nachbarländer Österreich und Polen. Dahingegen gingen die Exporte nach Russland, Südkorea oder auch in die Türkei zurück.
Martina Tauberová ist Staatssekretärin im Wirtschafts- und Handelsministerium. Ihren Aussagen nach könnten tschechische Firmen auch gut und gerne noch mehr exportieren. Denn die entsprechende Nachfrage bestehe. Doch es fehle an den nötigen Arbeitskräften hierzulande und weltweit an Computerchips, um die Produktion auszuweiten, so Tauberová. Diese beiden Faktoren sind zugleich der Grund, warum die tschechische Außenhandelsbilanz im vergangenen Jahr negativ war. Der Wert der Einfuhren lag um 1,5 Milliarden Kronen (62 Millionen Euro) über dem der Ausfuhren. Vor allem stieg der Umfang der Importe um 19 Prozent an gegenüber 2020.
In diesem Jahr dürfte gemäß den Schätzungen von CzechTrade aber der positive Trend von Ende 2021 anhalten. Unsicherheitsfaktoren seien allerdings die hohen Preise für Rohstoffe, Halbfertigwaren und Energie, hieß es. Dennoch wächst das Interesse tschechischer Firmen am Exporthandel. So hat CzechTrade mittlerweile rund 20 Prozent mehr Kunden als noch 2019. Martina Tauberová sagt, das Wirtschafts- und Handelsministerium wolle die Dienste der Agentur modernisieren und bis Ende des Jahres eine neue Exportstrategie entwerfen…
„Wir wollen in weit größerem Maß als bisher nicht nur den Export unterstützen, sondern auch ein dauerhaftes Engagement tschechischer Firmen auf ausländischen Märkten. In dieser Hinsicht müssen wir unsere Exporteure darin stärken, dass sie sich von Zulieferfirmen zu Herstellern von Endprodukten weiterentwickeln“, so die Staatssekretärin.
Dauerhaftes Engagement setzt unter anderem voraus, dass die Unternehmen eigene Vertretungen in den Zielländern eröffnen. CzechTrade hilft dabei mit sogenannten Inkubatoren – also Innovationszentren vor Ort. Jan Kubata koordiniert diese Einrichtungen bei der Exportagentur:
„Solche Zentren bedeuten weniger Kosten für die Exportfirmen. Die Unternehmer können die komplette Struktur nutzen – also vollausgestattete Büros mit Computern und Internet-Anschluss. Vor allem aber haben sie die Möglichkeit, sich an unsere Experten zu wenden. Wenn man im Ausland eine Firma gründet, dann braucht man Juristen, Steuerberater oder auch die Dienste einer Zertifizierungsagentur.“
Im vergangenen Jahr hat CzechTrade ein Innovationszentrum zum Beispiel im indischen Bengaluru eröffnet. Ab April wird es auch eines im amerikanischen Chicago geben. Weitere sollen in Brasilien, Kasachstan und der Türkei entstehen.