Schnelle Hilfsgelder und eine App: Tschechische Regierung erleichtert Eingliederung von Flüchtlingen

Für Menschen, die aus der Ukraine geflüchtet sind, gelten seit Montag in Tschechien vereinfachte Regeln. Damit soll die Eingliederung in den hiesigen Arbeitsmarkt und die Gesellschaft erleichtert werden. Denn die Flüchtlinge aus dem osteuropäischen Land können nun ohne gesonderte Arbeitserlaubnis einen Job aufnehmen. Und sie haben Anrecht auf humanitäre Hilfe.

Marian Jurečka | Foto: Regierungsamt der Tschechischen Republik

Die sogenannte „Lex Ukrajina“ ist am Montag in Kraft getreten. Sie war im Eilverfahren vom tschechischen Parlament beschlossen worden. Unter anderem ermöglicht die Gesetzesnovelle den Kriegsflüchtlingen, ein Hilfsgeld in Höhe von 5000 Kronen (knapp 200 Euro) zu beantragen. Arbeits- und Sozialminister Marian Jurečka (Christdemokraten) erläuterte in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„Alle, die ein Duldungsvisum aufgrund des Krieges erhalten, haben ein Anrecht auf die humanitäre Hilfe – Erwachsene wie Kinder. Mit dem Geld sollen sie sich die nötigsten Dinge kaufen können, also Essen und Hygieneartikel.“

Illustrationsfoto: René Volfík,  Tschechischer Rundfunk

Dieses Hilfsgeld wird zunächst nur für den ersten Monat ausgezahlt. Sollte jemand aber weiterhin darauf angewiesen sein, muss bei der erneuten Beantragung die Bedürftigkeit nachgewiesen werden.

Um die Auszahlung der Hilfsgelder zu beschleunigen und die Anmeldung beim Arbeitsamt zu erleichtern, hat das Arbeits- und Sozialministerium eine spezielle App entwickelt. Diese lässt sich auf Tschechisch und Ukrainisch, aber auch auf Englisch und Russisch aufrufen. Am Montag wurde sie im Probebetrieb freigeschaltet. Ministeriumssprecherin Eva Davidová:

„Wir haben die App in sehr kurzer Zeit entwickelt. Sie soll in absehbarer Zeit die Finanzhilfe ermöglichen, ohne das Arbeitsamt besuchen zu müssen. Die App ist mittlerweile auf der Website des Ministeriums zugänglich. In den ersten Tagen kann nur das Anmeldeformular ausgefüllt werden, auf das dann die Ämter über einen QR-Code zugreifen können. Allein dieser Code beschleunigt die behördlichen Prozesse auf den Arbeitsämtern.“

App fürs Hilfsgeld | Quelle:  Tschechisches Arbeits- und Sozialministerium

Wenn die App in den Vollmodus geschaltet wird, soll der Gang aufs Arbeitsamt für die Flüchtlinge komplett entfallen. Allerdings müssen die Ukrainer für den Erhalt des Hilfsgelds ein Bankkonto anlegen.

„Wir arbeiten dafür mit acht Banken zusammen, die den Kriegsflüchtlingen kostenlose Konten anbieten. Diese Konten können in einem Spezialzelt vor dem Flüchtlings-Kontaktzentrum auf dem Prager Vyšehrad eröffnet werden. Aber auch in den restlichen Regionen Tschechiens soll diese Möglichkeit entstehen“, so Ministeriumssprecherin Davidová.

Ein weiteres Problem für die Flüchtlinge ist die Integration in das tschechische Gesundheitssystem. Ohne Hausarzt ist dies schwierig, aber viele Praxen nehmen keine neuen Patienten mehr an. Deswegen hat die Uniklinik im südmährischen Brno / Brünn ein spezielles Zentrum eingerichtet, in dem ein Allgemeinmediziner und ein Übersetzer ordinieren. Jiří Erlebach ist Sprecher des Krankenhauses:

Illustrationsfoto: Pawel Daniljuk,  Pexels,  CC0 1.0 DEED

„Diese sogenannten UA-Punkte wird es landesweit geben. Ihr Sinn ist, auch jenen Flüchtlingen, die keinen Hausarzt finden, gesundheitliche Dienste anzubieten.“

UA ist übrigens das Landeskürzel für die Ukraine.

Obwohl sich Politik und Gesellschaft mühen, den Flüchtlingen möglichst schnell zur Selbständigkeit zu verhelfen, gerät Tschechien mittlerweile an seine Grenzen. Dies sagte Innenminister Vít Rakušan (Stan) am Sonntag in einer Talksendung des privaten Fernsehsenders CNN Prima News. Seinen Angaben nach sind seit dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine schon 270.000 Flüchtlinge hierhergekommen. Und weiter:

Vít Rakušan | Foto: René Volfík,  Tschechischer Rundfunk

„Im Jahr 2015 wurde für die Nato ein EU-weiter Plan erstellt, wie jedes Land auf eine mögliche Flüchtlingskrise vorbereitet ist. Im Falle Tschechiens wurde von einer Aufnahmekapazität von 250.000 Menschen gesprochen.“

Rakušan nutzte dies als Argument, um anzukündigen, dass die Regierung um eine Verlängerung des Notstands bitten werde. Dieser läuft hierzulande eigentlich am 3. April aus. Eine Verlängerung des Notstands ist nur mit Zustimmung des tschechischen Abgeordnetenhauses möglich. Mit der Regierungsmehrheit dürfte dies jedoch kein Problem werden.

Autoren: Till Janzer , Kateřina Bečková
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