Mehrheit der Tschechen unzufrieden mit staatlicher Hilfe in Energiekrise
Auch in Tschechien hat die Regierung mit einer Gas- und Strompreisbremse auf die derzeitige Energiekrise reagiert. Diese Bremse soll sowohl Privathaushalten als auch Firmen helfen. Dennoch äußert sich in einer aktuellen Umfrage für den Tschechischen Rundfunk eine Mehrheit unzufrieden mit dem Hilfspaket des Kabinetts.
Anfang Oktober hat die tschechische Regierung eine Gas- und Strompreisbremse beschlossen. Diese soll für das gesamte kommende Jahr gelten. Das heißt, dass bereits ab November die Vorauszahlungen sinken. Die Preisbremse ersetzt einen speziellen Spartarif für Strom, der wiederum seit Oktober gilt.
Doch eine deutliche Mehrheit der Menschen in Tschechien ist unzufrieden mit dem Hilfspaket der liberal-konservativen Regierung von Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten). Eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Median für den Tschechischen Rundfunk ergab: 69 Prozent der Tschechen halten die Maßnahmen der Regierung nicht für ausreichend und nur 25 Prozent für ausreichend. Petr Dufek ist Wirtschaftsanalytiker bei der Banka Creditas. Er verweist darauf, dass in Tschechien die Maßnahmen relativ spät eingeleitet wurden:
„Die Bewohner beginnen gerade erst, die Wirkung der Hilfsmaßnahmen zu spüren. Da sie bisher nur gesehen haben, wie ihre Energierechnungen immer höher wurden und sich bis September daran nichts geändert hat, verstehe ich die Kritik der Menschen.“
Zugleich würden die Bürger vergleichen – dass etwa in der benachbarten Slowakei die Energiepreisbremse bereits greife und andere Staaten den Menschen sogar direkte Hilfszahlungen überwiesen.
Unzufrieden sind die Tschechen aber auch mit der Ausrichtung der Hilfsmaßnahmen. 68 Prozent der Befragten befanden, dass diese stärker auf gefährdete Gruppen zugeschnitten sein sollten. Nur 29 Prozent finden es richtig, alle Haushalte einzubeziehen. Přemysl Čech leitet das Meinungsforschungsinstitut Median und hält eine größere Zielgenauigkeit für schwierig:
„Wir arbeiten mit einer Reihe von Non-profit-Organisationen zusammen. Von ihnen weiß ich, welche Probleme sie dabei haben, die wirklich Bedürftigen zu identifizieren und zu gewährleisten, dass nur ihnen geholfen wird.“
Premier Petr Fiala sagt zudem, sein Kabinett habe ein Hilfspaket schnüren müssen, das auch finanzierbar sei. Deswegen verweist er darauf, dass Bedürftige auf das bestehende Angebot staatlicher Sozialleistungen zurückgreifen sollten…
„Wir haben eine deutliche Preisbremse für Gas und Strom beschlossen, die zweifellos allen Haushalten hilft – aber auch kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie öffentlichen Institutionen. Für jene, bei denen die Preisbremse nicht ausreicht, bestehen weitere Möglichkeiten. Da ist zum Beispiel die Mietbeihilfe. Sie gehört zu einer Reihe von Sozialleistungen, die man zusätzlich beantragen kann“, so der Premier.
Die Mietbeihilfe erwähnt der Regierungschef seit dem Frühjahr immer wieder. Fiala betont dabei, dass längst nicht alle, die einen Anspruch auf sie hätten, die Gelder auch beantragen würden. Unter Umständen haben die Worte des Premiers sogar verfangen – denn bis September ist die Zahl der Antragsteller um ein Drittel gestiegen. Die Arbeitsämter, die die Anträge auf Mietbeihilfe bearbeiten, sind jedoch überlastet. Das heißt, die Gelder kommen häufig verspätet. Der Hintergrund: Die Beihilfe ist ein kleines bürokratisches Monster, bei der viele Nachweise beigebracht werden müssen. Und das jedes Vierteljahr von neuem. Wirtschaftsanalytiker Dufek meint dazu:
„Ein Teil der Menschen hierzulande weiß gar nicht, dass er Anrecht hat auf Sozialleistungen. Ein anderer Teil fürchtet sich auch einfach vor dem Aufwand, denn der Antrag auf Mietbeihilfe ist nichts Einfaches. In diesem Punkt sehe ich noch Handlungsbedarf durch den Staat. Er sollte jenen, die ein Anrecht auf Unterstützung haben, bei der Frage der Bürokratie entgegenkommen.“
Der Analytiker weist zudem auf die hohe Inflationsrate hin. Mit fast 18 Prozent lag Tschechien im September auf dem fünften Rang in der EU. Deswegen sollten laut Petr Dufek die Sozialhilfesätze schon jetzt angehoben werden und nicht erst – wie geplant – in einigen Monaten.
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