Stadtrundgang durch Olmütz: barockes Kleinod im Herzen Mährens

Arion-Brunnen

Die Kreisstadt Olomouc / Olmütz liegt im Herzen Mährens und war in der Vergangenheit Landeshauptstadt. Zahlreiche Denkmäler erinnern bis heute an die bewegte Geschichte: Unter anderem dient das Rathaus seit über 600 Jahren seinem ursprünglichen Zweck. Die Kathedrale rühmt sich des zweithöchsten Kirchenturms in Tschechien, und in der Moritzkirche befindet sich die größte Barockorgel hierzulande. Die barocke Dreifaltigkeitssäule steht seit dem Jahr 2000 sogar auf der Unesco-Liste des Weltkulturerbes.

Jana Knápková | Foto: Markéta Kachlíková,  Radio Prague International

Wer nach Olmütz kommt, der kann seine Stadtbesichtigung beispielsweise am Rathaus beginnen. Es steht wie eine Insel in der Mitte des Oberrings, also des Hauptplatzes der mittelmährischen Stadt. Jana Knápková führt durch Olmütz:

„Das Rathausgebäude mit seinem 75 Meter hohen Turm ist monumental. Es entstand im 15. Jahrhundert und hatte von Anfang an zwei Funktionen: Einerseits diente es für Tagungen des Stadtrates und andererseits als Kaufhaus. Reiche Kaufleute haben dort unter dem Dach ihre Ware angeboten und verkauft.“

Als Hauptattraktion des Rathauses gilt heute die astronomische Uhr in einer Nische neben dem Turm:

Olmützer Rathaus | Foto: Aleš Spurný,  Tschechischer Rundfunk

„Sie ist ziemlich alt, die erste Erwähnung stammt aus dem Jahr 1519. Die Gestaltung der Uhr ist aber neu, sie wurde in den 1950er Jahren im Sinne des sozialistischen Realismus ausgeführt. Man sieht hier keine Apostelfiguren, keine Heiligen wie in Prag, sondern Arbeiter und Vertreter verschiedener Berufe, einen Metzger in einer weißen Schürze, einen Beamten in einem blauen Sakko und mit Hut, eine Krankenschwester oder auch einen Sportler.“

Arbeiter statt Apostel

Das Mosaikbild besteht aus als einer Million Steinen. Einmal am Tag, immer punkt Mittag, spiele das Glockenspiel am Turm drei Volkslieder aus der Region Haná, verrät Jana Knápková. Und sie setzt ihre Erzählung am Stadtmodell vor dem Rathaus fort. Dieses ist aus Bronze und hat einen Maßstab von 1:400.000:

Astronomische Uhr | Foto: Markéta Kachlíková,  Radio Prague International

„Das Modell zeigt nicht die ganze Stadt, denn Olmütz ist mit 100.000 Einwohnern die sechstgrößte Agglomeration Tschechiens, sondern nur die Altstadt, die früher von den Stadtmauern umgeben war. Hier ist der Oberring, so lautet der ursprüngliche deutsche Name des Platzes. Denn etwa zwei Drittel der Bevölkerung von Olmütz waren deutschsprachig und ein Drittel tschechischsprachig. Diese Situation änderte sich aber 1919, als die am Rande liegenden Dörfer, in denen vorwiegend tschechischsprachige Bevölkerung lebte, eingemeindet wurden. Seitdem war das Verhältnis umgekehrt.“

Das Modell zeigt auch die Reste der Stadtbefestigung. Kaiserin Maria Theresia ließ Olmütz nämlich um die Hälfte des 18. Jahrhunderts in eine Festungsstadt verwandeln…

Kathedrale St. Wenzel | Foto: Anna Kubišta,  Radio Prague International

„Das militärische Element hat hier immer eine wichtige Rolle gespielt. Ein weiteres wichtiges Element war die Kirche, denn Olmütz war ein kirchliches Verwaltungszentrum. Heute befindet sich hier ein Erzbistum, neben Prag eines der zwei Erzbistümer in Tschechien. Schon 1063 entstand hier ein Bistum, das 1777 zum Erzbistum erhoben wurde“, schildert Jana Knápková. Die Fremdenführerin zeigt auch die St.-Wenzels-Kathedrale, die etwas abseits liegt. Sie hat den zweithöchsten Kirchturm Tschechiens nach der St.-Bartholomäus-Kirche in Pilsen, er ist knapp über 100 Meter hoch.

Die Dreifaltigkeitssäule

Schräg gegenüber dem Rathaus steht die Dreifaltigkeitssäule, ein weiteres Wahrzeichen der Stadt. Sie ist die größte Gruppierung barocker Statuen in einer einzigen Skulptur in Mitteleuropa. Im Innern befindet sich eine Kapelle, und die Säule selbst ist mit 18 Heiligenstatuen, zwölf Figuren von Lichtträgern und sechs Reliefbilder mit Aposteln verziert. An der Weihe 1754 nahm das kaiserliche Paar Maria Theresia und Franz I. von Lothringen persönlich teil.

„Es ist eine 32 Meter hohe Pestsäule, die sich sogar auf dem Verzeichnis des Unesco-Weltkulturerbes befindet. An der Spitze ist die Heilige Dreifaltigkeit dargestellt: Das ist der Gott-Vater mit einem erhobenen Arm, Gottes Sohn Jesus Christus mit dem Kreuz und ganz oben der Heilige Geist als eine fliegende Taube. Ansonsten sind verschiedene Heilige verewigt. Interessant ist dabei, dass jede dargestellte Figur eine Beziehung zu einer Kirche oder Kapelle in Olmütz hat.“

Dreifaltigkeitssäule | Foto: Juan Pablo Bertazza,  Radio Prague International

Neben der Pestsäule befindet sich auf dem Oberring eine Kollektion von barocken Brunnen:

Cäsar-Brunnen | Foto: Markéta Kachlíková,  Radio Prague International

„Wir stehen nun vor dem wohl schönsten Olmützer Brunnen, dem Cäsar-Brunnen. Man sieht hier eine Reiterstatue mit dem Feldherrn Gaius Julius Cäsar. Sie trägt viele Anspielungen an die Habsburger Monarchie: Cäsar hat das Gesicht von Kaiser Karl VI. Und sein Blick ist nicht Richtung Rathaus gerichtet, was logisch wäre, sondern er schaut Richtung Wien.“

Wo die Brunnen rauschen

Die Brunnen stammen hauptsächlich aus der Barockzeit, ihnen schließt sich aber auch die moderne Arion-Fontane des Olmützer Bildhauers Ivan Theimer an.

Olmütz wurde in der Vergangenheit zum Aufenthaltsort von vielen bekannten Persönlichkeiten. Jana Knápková bleibt vor dem reich dekorierten Hauenschild-Palais auf dem Niederring stehen, früher Gasthaus „Zum Schwarzen Adler“. Eine Gedenktafel erinnert an den Aufenthalt der Familie Mozart in der Stadt, das war 1767:

Gedenktafel für Wolfgang Amadeus Mozart | Foto: Markéta Kachlíková,  Radio Prague International

„Damals brach in Wien eine Schwarzpockenepidemie aus, und die Familie floh hierher. Sie wohnten in diesem Haus, aber nach einigen Tagen zeigte sich, dass sich die Kinder doch angesteckt hatten. Sie mussten das Hotel verlassen und eine neue Zuflucht suchen. Zum Glück hatte der Vater aus seinen Salzburger Zeiten hier noch einen guten Bekannten Namens Podstatzky, und der stellte ihm sein Haus und seinen Arzt zur Verfügung. Beide Kinder wurden gut behandelt und erholten sich. Das 11-jährige Genie Amadeus hat hier seine Sinfonie in F-Dur komponiert, die bis heute als Olmützer Sinfonie bezeichnet wird.“

Die Habsburger, Mozart, Mahler…

Mozart war aber nicht der einzige berühmte österreichische Komponist, den das Schicksal nach Olmütz führte. Das Eckhaus „Zum Goldenen Hecht“ in der Michalská-Gasse ist ein weiterer Stopp auf der Stadtbesichtigung:

„In diesem Haus wohnte Gustav Mahler, der seinerzeit als Dirigent am Olmützer Theater tätig war. Wie aus seiner Korrespondenz hervorgeht, war er hier nicht besonders glücklich, und zwar aus zwei Gründen: Erstens war das musikalische Niveau hier nicht besonders hoch, und zweitens war er ein Vegetarier. Ja und hier, in der Region Haná sind alle Fleischesser. Das heißt, der Komponist war auch über das Angebot an Essen nicht besonders glücklich.“

Haus Zum Goldenen Hecht | Foto: Markéta Kachlíková,  Radio Prague International

Der Spaziergang führt weiter durch die Altstadt. Dabei passiert man gleich mehrere Gebäude der Palacký-Universität. Die zweitälteste Universität im Lande wurde 1573 von den Jesuiten gegründet und prägt heute mit ihren 23.000 Studenten wesentlich das Stadtbild. In der Folge gelangt man zu einem monumentalen Palais, dessen Fassade allerdings vom früheren Zeughaus, heute der Universitätsbibliothek teilweise verdeckt ist.

Erzbischöflicher Palast

„Wir stehen vor dem Erzbischöflichen Palast. Es ist ein riesiges Gebäude mit einer breiten Stirnwand. In diesem Gebäude wohnte 1848 die ganze Habsburger Familie. Die kaiserliche Familie musste in diesem Revolutionsjahr Wien auf die Schnelle verlassen. Sie kamen mit dem Zug nach Olmütz und wohnten einige Monate lang hier in diesem Palast als Gäste des Erzbischofs. Hier kam es auch zur Abdankung des alten Kaisers, Ferdinands I. des Gütigen. Sein 18-jähriger Neffe, Franz Joseph, kam Ende 1848 hier in Olmütz auf den Thron. Im Frühling 1849 verließ der ganze kaiserliche Hof wieder unsere Stadt.“

Die Olmützer Quargel sind ein Muss

Olmützer Quargel | Foto: Markéta Kachlíková,  Radio Prague International

Und auch wir verlassen für heute Olmütz. Denn etwas abseits liegt die Dom-Anhöhe. Es ist eigentlich der älteste Teil der Stadt, in dem die ursprüngliche Burg von Olmütz sowie die Kathedrale errichtet wurden. Diesen Ort werden wir aber in einem gesonderten Beitrag behandeln. Heute zum Abschied gibt unsere Begleiterin Jana Knápková einen kulinarischen Tipp für jeden Besucher der Stadt:

„Olomoucké tvarůžky, die Olmützer Quargel, sind hier ein Phänomen. Es ist ein Käse mit einem sehr spezifischen Aroma. Der Käse ist eigentlich sehr gesund, er wird aus Magerquark hergestellt und hat nicht einmal ein Prozent Fett. Die Olmützer Quargel wurden traditionell auf den Märkten der Stadt verkauft. Ich empfehle jedem Besucher hier, diesen ganz besonderen zu kosten. Das ist eigentlich ein Muss – eine Pflicht.“

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