Prager Jesulein bewacht Bauüberreste aus dem 10. Jahrhundert
Archäologen haben vor der Kirche Maria vom Siege auf der Prager Kleinseite Fundamente mittelalterlicher Gebäude aufgedeckt. Ihr wertvollster Fund sind die Reste von Holzmauern aus dem 10. Jahrhundert.
Die Barockkirche Maria vom Siege befindet sich auf der Prager Kleinseite, dem historischen Stadtteil unterhalb der Prager Burg. Wegen einer Wachsfigur aus der Renaissance, die dort zu sehen ist, dem sogenannten Prager Jesulein, ist die Kirche eine der populärsten Sehenswürdigkeiten Prags und ein Pilgerort für Gläubige aus der ganzen Welt. Das heutige barocke Erscheinungsbild des Gotteshauses stammt aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts und entstand durch einen Umbau der Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit der deutschsprachigen Lutheraner. Der Untergrund vor dem heutigen Kirchengebäude wird gerade im Rahmen einer archäologischen Untersuchung erforscht. Jan Havrda leitet die Ausgrabungen:
„Wir können hier Fundamente der älteren Kirche sehen, die 1611 an diesem Ort erbaut worden war. Beim Bau dieser Kirche wurden ältere Gebäude abgerissen. Wir sehen hier noch Überreste davon – das Mauerwerk aus dem Gestein Pläner, aber auch Spuren von älteren Bauten aus Holz.“
Der Archäologe berichtet über den wertvollsten Fund der laufenden Untersuchung:
„Es ist uns gelungen, einen Teil der wohl ältesten Befestigung zu finden, die im 10. Jahrhundert, zur Regierungszeit von Boleslav I. oder Boleslav II., errichtet wurde.“
Mit Hilfe von Handwerkerinstrumenten legen die Experten einzelne Schichten frei, beschreibt Havrda:
„Es ist, als ob wir eine Zwiebel schälen würden. Nach und nach gelangen wir zu den immer älteren Lagen, bis zur geologischen Sohle. Angesichts dessen, dass wir auf Überreste von Konstruktionen aus Holz stoßen könnten, müssen wir die Schichten besonders behutsam abtragen. Das Holz ist auf der Kleinseite nur in geringen Resten erhalten geblieben, die oft nur einige Millimeter dick sind.“
Die Forschung bringe Auskünfte über die Besiedlung und Bebauung des Ortes und sei damit ein wichtiger Stein im Mosaik von Prags Geschichte, betont der Wissenschaftler.
Die Ausgrabungen werden im Zusammenhang mit einem Projekt zur Wiederherstellung der Eingangsterrasse vor der Kirche durchgeführt. Diese wurde abgebaut, ihre historischen Bauelemente werden derzeit instandgesetzt, und die Terrasse den neuen Zwecken angepasst. Pavel Pola ist der Priester der Kirche Maria vom Siege:
„Es entsteht ein barrierefreier Zugang sowie Einrichtungen für Besucher, vor allem Toiletten. Diese fehlen hier bis jetzt, obwohl dies die zweitmeistbesuchte Kirche Prags nach dem Veitsdom ist.“
Die historische Terrasse vor der Kirche Maria vom Siege soll bis Ende des Jahres wieder zurückkehren.