Partnerschaft für alle ist unterschriftsreif
Keine Ehe für alle, aber eine Partnerschaft mit mehr Rechten: Der tschechische Senat hat den Gesetzesentwurf, der die Stellung gleichgeschlechtlicher Paare regelt, am Mittwoch im Schnellverfahren verabschiedet. Er kann damit direkt zur Unterschrift an den Staatspräsidenten gehen.
Zuerst der Traum von einer echten Hochzeit, dann die Forderung nach dem Adoptionsrecht: Die Lobbyarbeit, mit der tschechische LGBT+-Verbände die monatelange Debatte im hiesigen Abgeordnetenhaus begleitet haben, änderte zwischendurch ihren Fokus. Und das gezwungenermaßen, denn spätestens seit Ende Februar ist klar, dass es in Tschechien zunächst keine Ehe für alle geben wird. Die untere Parlamentskammer bewilligte damals eine Gesetzesnovelle, die aber die bisherigen eingetragenen Partnerschaften für alle Paare, die nicht aus Mann und Frau bestehen, aufwertet.
Dazu gehört nun auch das Recht, das leibliche Kind des Partners oder der Partnerin zu adoptieren. Immer noch nicht dürfen LGBT+-Paare jedoch gemeinsam ein fremdes Kind adoptieren. Die Novelle wurde am Mittwoch vom Senat genehmigt. Sie geht nun zur Unterschrift an Staatspräsident Petr Pavel. David, der gemeinsam mit seinem Partner Michal zwei Kinder großzieht, kommentierte in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„Damit sind jetzt viele Dinge für das tägliche Leben durchgesetzt und angepasst worden. Trotzdem ist es auch eine Botschaft an uns Schwule, dass wir immer noch vor der Türe stehen bleiben müssen. Ok, etwas wird für uns getan, aber eben noch nicht alles. Wir sollen wohl weiter warten, bis die Zeit dafür kommt.“
Weil die Debatte zur Ehe beziehungsweise Partnerschaft für alle in Tschechien seit Jahren sehr emotional geführt wird, entschied sich der Senat am Mittwoch für das Schnellverfahren. Zdeněk Nytra, Vorsitzender der gemeinsamen Fraktion von Bürgerdemokraten und Top 09, schlug vor, die Verhandlung zum Gesetzesentwurf aus dem Sitzungsprogramm zu streichen und direkt zur Abstimmung überzugehen. Für dieses eher außergewöhnliche Verfahren stimmten 47 der 77 anwesenden Senatoren. Kritik daran kam vor allem von den Christdemokraten, so etwa von der Senatorin Jitka Seitlová:
„Dabei geht es mir nicht um den Inhalt, sondern um ein Prinzip, das respektiert werden muss. In einer parlamentarischen Demokratie gilt doch, dass ein Gesetz, über dessen sachlichen Inhalt verschiedene Meinungen herrschen, verhandelt und diskutiert werden muss.“
Der Vizevorsitzende des verfassungsrechtlichen Ausschusses, Michael Canov (Bürgermeister für den Kreis Liberec, im Senat für Stan), bezeichnete das Vorgehen sogar als einen „außerordentlichen Skandal“. Legal ist es aber, und die Mehrheit der Senatoren gab ihr Einverständnis dafür, eine weitere ausgedehnte Debatte zu vermeiden. Miroslav Adámek, Vorsitzender der gemeinsamen Fraktion von Ano und Sozialdemokraten, erläuterte im öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen (ČR):
„Das Gesetz ist ja schon durch das Abgeordnetenhaus gegangen. Dort war die Diskussion in Richtung der Betroffenen nicht unbedingt angenehm. Also baten sie uns, keinen Druck mehr auf sie auszuüben, indem sie sich noch mehr Bemerkungen hätten anhören müssen.“
Regelmäßigen Umfragen zufolge spricht sich mehr als die Hälfte der Menschen in Tschechien für die Ehe gleichgeschlechtlicher Paare aus. Die Lage im Parlament sehe hingegen anders aus, weil die liberalen Volksvertreter in der Minderheit seien, sagt der Politologe David Jágr von der Prager Karlsuniversität:
„Eine zweite Sache ist die starke Vertretung gläubiger Abgeordneter im Vergleich zur Gesellschaft. Ihr Anteil übersteigt den in der Gesamtbevölkerung. Zudem haben sie oft auch wichtige politische Posten inne.“
Gerade gläubige Menschen würden oft argumentieren, dass die Ehe traditionell und ausschließlich eine Verbindung von Mann und Frau sei, so Jágr weiter.
Es wird erwartet, dass Präsident Petr Pavel die Novelle des Bürgerlichen Gesetzbuches bald unterschreibt. Damit sollten die neuen Regelungen in Tschechien Anfang kommenden Jahres in Kraft treten. Registrierte LGBT+-Paare können dann einen einheitlichen Nachnamen annehmen und Anspruch auf Witwenrente sowie Waisenrente erheben. Die Adoption des leiblichen Kindes des Partners oder der Partnerin muss allerdings von einem Gericht erlaubt werden.