Literaturpreis Magnesia Litera: Roman über tschechische Jüdin in Russland ist Buch des Jahres
Am Donnerstagabend sind in Prag die tschechischen Literaturpreise Magnesia Litera verliehen worden.
Mit der Erkennungsmelodie wurde die feierliche Preisverleihung in der Neuen Bühne des Nationaltheaters in Prag eröffnet. Die Zeremonie wurde vom öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen live übertragen. Der erste Roman der Russistin Alena Machoninová mit dem Titel „Hella“ ist Buch des Jahres geworden. Die Autorin schildert darin das Schicksal der tschechischen Jüdin Helena Frischerová. Ursprünglich wurde angenommen, dass die Frau gemeinsam mit ihrem Ehemann während des stalinistischen Terrors hingerichtet wurde. Vor einigen Jahren zeigte sich jedoch, dass Frischerová zehn Jahre im Gulag verbringen musste und nach der Freilassung bis zu ihrem Tod im Jahre 1984 in Moskau lebte.
Machoninová geht in ihrem Roman auf die breiteren Zusammenhänge ein: die jüngere Geschichte und die Gegenwart Russlands sowie die Beziehung zwischen Literatur und Wirklichkeit. Die Schriftstellerin beschreibt zudem ihren eigenen Zugang zur Persönlichkeit Frischerovás. Wie würde Hella die Anerkennung wahrnehmen, die Machoninová für den Roman bekommen hat? Dazu die Schriftstellerin in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„Sie wäre sehr überrascht. Ich freue mich darauf, dass ich es den Hinterbliebenen und den Freunden von Hella berichten kann. Hoffentlich werden sie sich darüber freuen.“
Mit dem Magnesia-Litera-Preis für die beste Prosa wurde Marek Torčík für sein Buch „Rozložíš paměť“ (zu Deutsch etwa: Du zerlegst das Gedächtnis) ausgezeichnet. Er sei gegenüber Literaturpreisen skeptisch, deutete der Schriftsteller bei der Entgegennahme an:
„Ich denke, dass es nicht möglich ist, im Bereich Literatur zu wetteifern. Jeder Literaturpreis ist speziell.“
Dichter Torčík beschreibt in seinem ersten Prosawerk die trostlose Kindheit und das Erwachsenwerden eines queeren Jungen in einer mährischen Kleinstadt. Der Schriftsteller erzählt über Schikane, Alkoholismus und die Auseinandersetzung mit einer anderen sexuellen Orientierung. Den Juroren zufolge stellt das Buch einen Versuch dar, Themen der Weltliteratur in den tschechischen Kontext einzubringen.
Den Preis für Publizistik erhielt das Buch „Bůh je mrtev, nic není dovoleno“ (zu Deutsch etwa „Gott ist tot, nichts ist erlaubt“) von der Philosophin Tereza Matějčková. Das Buch umfasst Essays, die sie in den Jahren 2022 bis 2023 für das Wochenmagazin Echo geschrieben hat.
„Ich sehe ein großes Interesse der Leser und schätze das sehr,“ sagte die Philosophin.
Die Magnesia-Litera-Preise wurden insgesamt in 14 Kategorien verliehen. Ziel des Wettbewerbs ist laut dem Verein Litera, der die Preisverleihung veranstaltet, Literatur von einer guten Qualität zu propagieren.