Die Verwandlung: Ein musikalisches Gespräch mit Franz Kafka
In unserem MusikCzech stellen wir in dieser Woche Musik zum Kafka-Jubiläum vor, und zwar von Die Verwandlung. Das Hamburger Trio besteht aus einer Schauspielerin und zwei Theatermusikern. Gemeinsam haben sie die Texte des Schriftstellers vertont und weitergedacht. Ihre EP erscheint am Montag.
Die Sängerin von Die Verwandlung ist Olga Seehafer. Sie schildert die Entstehung des Bandprojekts:
„Die Idee kam von einem Projekt, das vorher lief. 2020 haben wir nämlich den ‚Hungerkünstler‘ bearbeitet. Es sollte ein Bühnenprojekt werden, das hat aber wegen Corona nicht geklappt. Also wurde ein Film daraus, und der brauchte natürlich Musik.“
Und weiter sagt die Schauspielerin:
„Wir haben Fragmente herausgesucht, ein Lied daraus gebaut und gemerkt, wie unglaublich gut das funktioniert. In der Corona-Zeit haben wir dann immer mehr Lieder in unserer Küche am Klavier komponiert.“
Jakob Fischer, der Ehemann von Olga Seehafer, spielt bei Die Verwandlung die E-Gitarre. Neben Synthesizern und einem Schlagzeug kommt auch eine Handpan zum Einsatz – ein besonderes Instrument das man aus der elektroakustischen Musik sonst eher nicht kennt:
„Mit all dem erzeugen wir Klangräume, die dem Gesang und der Erzählung Platz machen“, beschreibt Fischer.
Briefwechsel und Erzählungen werden zu Musik
Die Texte von Die Verwandlung beziehen sich nicht nur auf das gleichnamige Werk von Franz Kafka. Herangezogen wurden ebenso weitere Erzählungen und auch Briefwechsel. Ein Song auf der EP greift dann aber doch die „Verwandlung“ auf. Mit der Textvorlage sind die Künstler aber frei umgegangen. Wie Fischer erläutert, beschreiben die Künstler in dem Song den Tag vor der Verwandlung Gregor Samsas in den Käfer.
„Also einen sehr dichten, intensiven Arbeitstag eines Handelsreisenden, der von Stress und unfreundlichen menschlichen Kontakten geplagt ist. Wir stellen die Überlegung an: Wie kommt es überhaupt dazu, dass man sich in einen Käfer verwandelt?“, so der Theatermusiker.
Ähnlich entwickeln auch die anderen Lieder die Texte Kafkas weiter. Von einem Künstlerkollegen sei man einmal als ein „Gespräch mit Kafka“ beschrieben worden, sagt Seehafer.
Mit dem anderen Kafka-Musikprojekt, der Kafka-Band um Jaroslav Rudiš, hatte Die Verwandlung laut Seehafer bisher im Übrigen keinen Kontakt. Doch sie hoffe, dass sich das bald ändert, meint die Schauspielerin. Und Fischer ergänzt mit einem Schmunzeln, dass er und seine Mitstreiter sehr gern für ein Kooperationsprojekt zu haben wären.
Auftritte von Paris bis Riga
Die erste EP von Die Verwandlung erscheint am Montag, pünktlich zum Kafka-Jubiläum. Sie umfasst Aufnahmen von vier Songs, die das Trio bei einem Konzert im Prager Kampus Hybernska gespielt hat. Im Verlauf des Jubiläumsjahres hat die Band noch viele weitere Termine im Kalender. In Heilbronn, Bamberg, Planetal und Paris wird das Trio auftreten, aber ebenso beim Festival Frýdlantsko Franze Kafky im August.
„Darauf freuen wir uns besonders. Wir dürfen dort in dem Schloss spielen, das womöglich Inspiration für Franz Kafka war“, sagt Seehafer.
Fischer macht zudem auf die kleine Tour durchs Baltikum aufmerksam, die das Bandprojekt im Oktober nach Tartu, Riga und Liepaja führen wird:
„Im Zeichen Kafkas können wir also bis an die Grenzen der Europäischen Union reisen. Das macht deutlich, dass das Interesse in diesem Jubiläumsjahr wirklich groß ist – und das gibt uns als Projekt einen großartigen Rückenwind.“
Aber was soll werden, wenn 2024 vorbei ist? Fischer meint:
„Das Interesse gerade macht deutlich, wie zeitlos Kafka ist. Das erklärt für mich den Hype. In einem Podcast habe ich gehört, dass man Kafkas Texte auch heute noch erzählen könnte, nur dass es kein Internet gibt. Und ich finde, das trifft zu.“
Olga Seehafer und Jakob Fischer sind von daher zuversichtlich, dass das Interesse an dem Prager Schriftsteller bestehen bleibt und sie mit ihrem Bandprojekt noch viele Konzerte spielen können.
Den gesamten Beitrag mit Musik von Die Verwandlung hören Sie in der Audioversion des Beitrags.