Cyrano de Bergerac – Weltpremiere einer opulenten Tanzvorstellung von Jiří Bubeníček in Brünn

Anna Yeh und Shomo Ogasawara

In Brno / Brünn fand am vergangenen Freitag die Weltpremiere des Balletts „Cyrano der Bergerac“ vom renommierten tschechischen Choreografen Jiří Bubeníček statt.

Jiří Bubeníček | Foto: aus dem Archiv von Martina Schneibergová

Das Versdrama „Cyrano de Bergerac“ von Edmond Rostand wurde bisher mehrmals verfilmt. Die romantische Geschichte hat in der Vergangenheit zudem einige Komponisten zur Vertonung inspiriert. Nun hat der international anerkannte tschechische Tänzer und Choreograf Jiří Bubeníček ebenfalls Rostands Theaterstück als Grundlage genommen und ein neues Ballett kreiert. Die Tanzvorstellung „Cyrano de Bergerac“ wurde am 27. September im Brünner Janáček-Theater uraufgeführt.

Bubeníček schuf eine einzigartige Tanzvorstellung, bei der auf der Bühne ständig alles in Bewegung war. Dazu spielte das Orchester des Brünner Nationaltheaters unter der Leitung von Jakub Klecker. Einige Musiker und eine Opernsängerin traten direkt auf der Bühne auf, und ein Schauspieler trug Ausschnitte aus Rostands Drama vor. Das Bühnenbild, die Kostüme und Musik von Bach, Händel, Lully, Scarlatti und Caldara entführten die Zuschauer in Cyranos Zeit. Und das Publikum war begeistert.

Jiří Bubeníček | Foto: aus dem Archiv von Martina Schneibergová

Mit Standing Ovations belohnten die Zuschauer alle Mitwirkenden und vor allem Jiří Bubeníček, den Choreografen, Regisseur und Dramaturgen des Stücks.

Martin Glaser ist Direktor des Brünner Nationaltheaters und Theaterregisseur. Nach der Premiere würdigte er Bubeníčeks Kreativität:

„Es ist eine große und sehr schwierige Aufgabe, Cyranos Geschichte im Tanz zu erzählen. Es freut mich sehr, dass unsere Gäste diese Aufgabe so hervorragend gemeistert haben. Als Theaterdirektor danke ich dem ganzen Team, den Musikern sowie allen denjenigen, die sich an der Einstudierung des Stücks beteiligten. Ich bin froh, dass es in unserem Repertoire eine Inszenierung gibt, die dem Publikum noch eine Zeit lang Freude machen wird. Und danke auch für diesen hervorragenden Saisonbeginn.“

Der Tänzer Jiří Bubeníček kam gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Otto 1993 zu John Neumeiers Hamburg Ballett. In der Hansestadt tanzte er viele Hauptrollen. Neumeier kreierte für ihn das Ballett „Nijinsky“, in dem Bubeníček den legendären Tänzer darstellte. Für die Partie von Armand in der „Kameliendame“ wurde Bubeníček mit dem Preis „Benois de la Danse“ ausgezeichnet. In den Jahren 2006 bis 2015 folgte ein Engagement in der Semperoper in Dresden. 2013 erhielt Jiří Bubeníček den „Mary-Wigman-Preis der Semperoper“.

Shomo Ogasawara | Foto: aus dem Archiv von Martina Schneibergová

In den letzten Jahren feiert er internationale Erfolge als Choreograf. Sein jüngstes Werk „Cyrano de Bergerac“ hat er im Brünner Nationaltheater geschaffen. Nach der Premiere entstand folgendes Interview mit Jiří Bubeníček:

Herr Bubeníček, wie sind Sie auf die Idee gekommen, Cyrano de Bergerac als Ballettvorstellung zu inszenieren?

„Ich habe einmal in Prag eine Schauspieltruppe gesehen, und sie hat Cyrano de Bergerac gespielt. Mir hat das sehr gut gefallen. Ich habe gleich gedacht, dass das ein sehr gutes Thema für ein Ballett wäre. Ein paar Jahre später entstand die Idee, eine Vorstellung mit Tänzern, einem Orchester, aber auch mit einem Schauspieler auf die Bühne zu bringen. Ich bin sehr glücklich, dass die Premiere in Brno sehr gut war. Die ganze Kompanie hat wirklich super getanzt.“

Wie ist es, mit der eigenen Familie zusammenzuarbeiten? Denn Ihr Bruder hat das Bühnenbild gestaltet, und Ihre Frau die Kostüme…

Anna Yeh und Shomo Ogasawara | Foto: aus dem Archiv von Martina Schneibergová

„Genau, meine Frau Nadina Cojocaru hat die Kostüme entworfen, aber wir beide waren auch Dramaturgen und haben das Libretto zusammengestellt. Wir arbeiten sehr viel und sehr oft im Ballettsaal zusammen.“

War es schwierig, die Vorstellung mit Musikern auf der Bühne, dem Gesang, und mit Rostands Versen einzustudieren?

„Der erste Schritt war, die Geschichte und das Theaterstück besser kennenzulernen, und dann habe ich mit Nadina die entsprechende Musik ausgesucht. Wir wollten den Barockstil einhalten. Das war Arbeit für ein Jahr, aber das ist immer so.“

Mir ist aufgefallen, dass das Stück eigentlich keine reine Ballettvorstellung ist, sondern so etwas wie ein Gesamtkunstwerk…

„Genau. Ich mag es, mit verschiedenen Mitteln zu arbeiten. Ich liebe das Ballett, aber benutze auch Musik und Text, um eine Geschichte zu erzählen.“

Denken Sie daran, das Ballett auch im Ausland aufzuführen?

Anna Yeh und Shomo Ogasawara | Foto: aus dem Archiv von Martina Schneibergová

„Das ist mein Wunsch, aber heute war erst die Premiere, die erste Vorstellung, wir müssen ein bisschen abwarten.“

Haben die Tänzer auch den Text von Rostand gelesen oder das Stück gesehen?

„Ich hoffe ja. Aber sie stammen aus verschiedenen Ländern, darunter Japan, Deutschland und Spanien. Die Hauptrollen haben Shoma Ogasawara und Anna Yeh getanzt. Sie stammen aus Japan. Ich fand sie sehr inspirierend und habe die Arbeit mit den Tänzern wirklich genossen.“

Sie haben vor einiger Zeit Ihr Ballett „La Strada“ in Prag aufgeführt. Was erwartet Sie in den nächsten Monaten?

„Ich arbeite an einem weiteren Ballett. In Gera studiere ich ein Ballett über Sergej Rachmaninow ein. Das ist ein großes Werk mit dem Titel ,Zwischen den Welten‘. In Rom wird mein Ballett ,Carmen‘ gespielt, danach reise ich mit dieser Vorstellung nach Paris. Ich liebe Paris.“

Mário Radačovský ist künstlerischer Leiter des Ballettensembles am Nationaltheater Brünn. Nach der Premiere war er begeistert. Das brachte er auch gegenüber Radio Prag International zum Ausdruck:

Mário Radačovský und Martin Glaser | Foto: aus dem Archiv von Martina Schneibergová

„Ich denke, dass die Vorstellung glänzend war. Am wichtigsten ist es, wenn die Zuschauer nicht pflichtgemäß, sondern spontan, von Herzen aus applaudieren. Ich bin glücklich und stolz, dass uns in Brünn wieder etwas gelungen ist. Das Ballett ist nicht einfach. Und seine Inszenierung ist noch einmal schwieriger, weil das Publikum das Theaterstück kennt. Ich finde es wichtig, dass auch einige Verse von Rostand während der Vorstellung erklangen. Und der Schauspieler Vojtěch Blahuta war hervorragend. Das ist der Vorteil eines großen Theaters, dass es sowohl glänzende Schauspieler, als auch Musiker und Sänger hat. Ich hoffe, dass die Vorstellung viel besucht wird, und dass nicht nur Bewohner von Brünn sie sich ansehen werden.“

Die Idee, mit Jiří Bubeníček zusammenzuarbeiten, sei schon vor längerer Zeit entstanden, sagte Mário Radačovský und merkte an:

Foto: aus dem Archiv von Martina Schneibergová

„Ich denke, dass wir nach Jahren das erste Theaterensemble in Tschechien sind, das die Brüder Bubeníček eingeladen hat. Ich wusste, dass sie das Ballett ,Doktor Schiwago‘ inszeniert haben und dass sie historische Themen mögen. Jiří schlug vor, ein Ballett über Cyrano zu kreieren. Ich habe ihm dabei freie Hand gelassen. Gut, dass wir im Theater damals dem Vorschlag zugestimmt haben.“

Das Ballett „Cyrano de Bergerac“ wird im Janáček-Theater in Brünn in dieser Spielzeit noch dreimal aufgeführt – und zwar am 23. und 27. Oktober und am 7. Juni kommenden Jahres. Es gibt noch Restkarten.